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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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gezogen hatte. Noch mehr Beute.
    »Ja«, erwiderte Jury. »Ich kenne es. Sie sagen, Jenny ging mit auf die Jagd. Wollen Sie damit auch sagen, daß sie eine Schrotflinte bedienen kann? Oder ein Kleinkalibergewehr?«
    »O ja, sie ist sogar recht geschickt.« Plötzlich schaute Max auf und verzog das Gesicht. »Tut mir leid. Mr. Bannen hat mir dieselbe Frage gestellt, und da habe ich nicht >geschickt< gesagt.« Er stöhnte. »Aber Sie sehen ja, was es gebracht hat.« Er stand auf und trank seinen Whisky aus. »Ich muß nach oben und den Londoner Dreck abschrubben.« Er steckte die elfenbeinerne neue Errungenschaft wieder in die Tasche und schaute sich um, als fehle ihm auf einmal seine Frau. »Ist Grace in der Küche? Hören Sie, bleiben Sie zum Essen, bitte.«
    »Das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich muß zurück nach London. Ich habe morgen früh einen Termin. Wir müssen zurück. Mein Sergeant und ich. Wissen Sie zufällig, wo er ist?«
    »Ich glaube schon, in der Küche.«
    Jury lächelte. »Und warum überrascht mich das nicht?«
    Er sah sie erst, als er fast den ganzen Raum durchquert hatte. Der Wechsel von der Dunkelheit zum Licht am Fenster erregte seine Aufmerksamkeit, und er schaute in die Schatten, um zu sehen, ob sich eine der kalten Damen bewegt hatte.
    »Grace?« Der Vorname entschlüpfte ihm, bevor er Mrs. Owen sagen konnte, und jetzt fiel ihm auf, daß das auch viel natürlicher war. Er trat einen Schritt zurück. »Grace?«
    Sie stand vor dem Fenster, dessen Vorhänge sie gerade zurückgezogen hatte, und rieb sich die Arme, als friere sie. Das Zimmer war kalt. Es war sicher immer kalt, es besaß eine Kälte, die mit der Dunkelheit einherzugehen schien. Wie traurig, daß Grace diesen Raum und dieses Fenster lieber mochte als alle anderen.
    Sie drehte sich um, und er hatte ganz kurz den Eindruck, als erwarte sie, daß er ihr Fragen stellte. Sie sagte aber nur: »O hallo.«
    Jury ging zum Fenster und trat neben sie. Die tiefe blaue Dämmerung sammelte sich im Wäldchen, und dann, so leicht, als schlage man eine Seite um, wurde es Nacht, und er sah den Mond hoch oben am Himmel schwimmen. Sein Licht streifte die Wassernymphe im Brunnen in der Einfahrt. Nach einigen Augenblicken Schweigen sagte Jury: »War es dort? Hat Toby dort den Unfall gehabt?«
    »Ja.« Sie drehte sich nicht um. »Es war dort draußen.«
    »Ich frage mich die ganze Zeit, ob Verna hier war, als es passiert ist.«
    Über die Antwort mußte sie offenbar erst einmal nachdenken. »Ja, sie war hier.« Und nach einer langen Pause fragte sie: »Warum?«
    In der Frage lag ein solches Gewicht, daß Jury nicht wußte, was er antworten sollte. »Anscheinend bringt - brachte - sie immer Unglück.«
    »Aha«, sagte Grace, als sei ihr endlich etwas erklärt worden. »Doch ich glaube, mit Glück oder Unglück hatte das nichts zu tun.«
    »Wie gut kannten Sie sie denn?«
    Sie schwieg und rieb sich wieder die Oberarme. »So gut wie ich sie kennen wollte.«
    Soviel zu Max Owens Bemerkung, seine Frau habe Verna Dunn »gemocht«, dachte Jury, als er sich zur Küche begab.
    Wiggins saß mit den beiden Suggins, die sich offenbar in seiner Gesellschaft pudelwohl fühlten, an dem großen Tisch, dem der Angestellten. Als Jury zur Tür kam, hatten sie gerade ihr Essen unterbrochen und schütteten sich aus vor Lachen über etwas, das Wiggins zum besten gegeben haben mußte. »... da sag ich zu ihr: >Schwester, wenn Sie das noch einmal machen, muß ich Sie leider des Einbruchs be-zichtigen.<« Er fuchtelte mit der Gabel herum, während seine Essensgenossen lauthals losprusteten. Suggins schlug ein paarmal mit der flachen Hand auf den Tisch, daß die Teller hochsprangen.
    Jury stand in der Küchentür, lächelte und schüttelte den Kopf. Sergeant Alfred Wiggins, der große Märchenerzähler. So müßte das ewige Leben für ihn sein: plaudernd um einen solchen Tisch zu sitzen. Jury trat über die Schwelle und begrüßte Suggins und dessen Frau.
    Prompt erhob sich Wiggins und riß sich die schneeweiße Serviette vom Hals. »Sir!« Es fehlte nur noch, daß er salutierte.
    »Rühren, Sergeant! Nein, schon gut, ich wollte Ihnen nur sagen, daß wir losfahren können, wenn -«, er deutete auf die dampfenden Töpfe auf dem Herd, »wenn Sie fertig sind.«
    Annie Suggins, die Serviette an den Busen gepreßt, sagte: »Wir essen normalerweise immer erst nach den anderen zu Abend, aber da Sergeant Wiggins einen solchen Hunger hatte - er hat ja den ganzen Tag keinen Bissen

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