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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Schritt und Tritt und stellte Fragen. »Ich will abendfüllende Geschichten erzählen«, sagte er beispielsweise. »Und es will mir nicht einleuchten, warum wir immer soviel zeigen müssen. Nehmen wir zum Beispiel eine Szene in Zimmer A. Wir schließen sie ab, und die Schauspieler begeben sich nach Zimmer B. Warum müssen wir zeigen, wie die Menschen von A nach B gehen? Das beste wäre doch, einfach nach Zimmer B umzuschwenken.«
    Mack Sennett,
    Der König der Komödie
34. ILSAS HILFSAKTION
    Seit 1902 waren die Eisenbahngesellschaften Pennsylvania und New York Central erbitterte Konkurrenten im Kampf um Fahrgäste zwischen Chicago und New York; beide warben mit Luxuswagen zum Sonderpreis, die Pennsylvania mit ihrem Broadway Limited, die Central mit dem Twentieth Century Limited. Die Strecke des Broadway Limited war fünfzehn Meilen kürzer, aber die Central warb mit einem Vorzug, der auf einer Plakatwand im Zentralbahnhof zu lesen stand:
    ROUTE AUF HÖHE DES WASSERSPIEGELS
    SIE KÖNNEN RUHIG SCHLAFEN
    Nachdem der Limited in das riesige Kuppelgebäude der Grand Central Station in New York eingefahren war, klappte der Schaffner die Treppe vor dem Abteil herunter, und Ilsa stieg aus, eine elegante Frau in adrettem Kostüm, mit einem flachen, breitkrempigen schwarzen Strohhut.
    »Sie können Ihre Koffer am Schalter in Empfang nehmen, Ma’am«, ließ der Schaffner sie wissen.
    »Vielen Dank.« Ilsa belohnte ihn mit einem Trinkgeld in Höhe von fünfundsiebzig Cent, eine verschwenderisch hohe Summe.
    Dem General hatte Ilsa erklärt, sie habe die Absicht, in den großen Geschäften auf New Yorks berühmter Damenmeile einzukaufen - bei Wanamaker’s in der Achten Straße, Siegel-Cooper’s in der Achtzehnten, James McCreery’s in der Dreiundzwanzigsten und R. H. Macy’s in seinem neuen Haus am Herald Square. Ihre Erklärung hatte ihm eine scharfe Erwiderung entlockt:
    »Du machst dir doch gar nichts aus Einkäufen. Fährst du vielleicht wegen Fritzi hin?«
    »Wäre denn das so schlimm, Joe? Soll ich vielleicht ein schlechtes Gewissen haben, weil ich meine einzige Tochter sehen möchte? Soweit ich weiß, verstößt das gegen kein Gesetz. Du bist es, der sich mit Fritzi überworfen hat. Und ich finde, daß es Zeit ist, daß ihr euch wieder vertragt.«
    Seine Antwort war die gleiche gewesen, die er in solchen Fällen immer parat hielt - ein eisiger Blick und eisiges Schweigen.
    Aber wenigstens hatte er ihr keine Steine in den Weg gelegt, indem er ihr die Reise verbot oder dafür sorgte, daß ihr keine finanziellen Mittel zur Verfügung standen. Nach geltendem Recht waren nämlich selbst die wohlhabendsten Frauen nahezu vollkommen von ihren Ehemännern abhängig. Joe gewährte Ilsa eine monatliche Zuwendung, die sie auf ein eigenes Konto einzahlte. Er fragte nie, was sie damit machte.
    Winkend kam Fritzi aus einer Dampfwolke auf sie zu. Wie sehr sie sich freute, wieder die wunderschönen braunen Augen ihrer Tochter zu sehen! Ihr blondes Haar sah immer noch wie ein Dornbusch aus. Sie bemerkte auch gleich sehr besorgt, daß Fritzi blaß und erschreckend mager geworden war.
    »Fritzi, Liebchen!« Sie fielen einander in die Arme.
    »Du hast mir so gefehlt, Mama. Wo sollen wir zuerst hingehen?«
    »In mein Hotel, bitte. Sowie wir mein Gepäck haben. Ich möchte alles über dein Stück wissen, über Macbeth. Ein Freund hat mir deinen Namen in einer New Yorker Zeitung gezeigt. Das war wirklich nicht nett von dir, daß du mir nichts davon geschrieben hast.«
    »Ich habe mir so gewünscht, daß es gut geht, dann hätte ich’s dir auch geschrieben, aber es war nicht gut, es war schrecklich. Wir haben das Stück nach einer Woche abgesetzt.«
    »Ich habe es versäumt, meine einzige Tochter am Broadway zu sehen! Was machst du jetzt?«
    »Na ja, ich bin, wie man so schön sagt, auf der Suche nach einem Engagement.« Entsetzt lauschte Ilsa den Berichten ihrer Tochter, die von ihren Arbeitsstellen im Frühling und Sommer berichtete: Kellnerin in einem heruntergekommenen Restaurant, das durch einen Brand ungeklärter Ursache in Schutt und Asche gelegt worden war, was den Besitzer offenbar kaum berührte; vier Wochen als Vorführ-dame eines neuen Kartoffelschälers bei Woolworth’s; eine eben beendete zweiwöchige Tätigkeit als Typistin bei einer Versicherungsgesellschaft.
    »Ich wurde gefeuert, weil ich zu langsam war«, seufzte Fritzi achselzuckend.
    Ein Gepäckträger schaffte Ilsas Koffer auf einem Handwagen in die Zweiundvierzigste

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