Fremde Federn
Sie in New York, und arbeiten Sie als Kellnerin, oder verkaufen Sie Krawatten. Uns kann es egal sein.«
»Aber, aber«, warf B. B. ein und trat hastig auf Fritzi zu, um ihre Hände zu ergreifen. »Regt euch jetzt bitte nicht auf. Haben Sie verstanden, was Al über einen Vertrag gesagt hat?«
»Ja, ich ...«
»Was verdienen Sie jetzt?«
»Sechsfünfzig pro Tag, wenn ich arbeite.«
»Das sind neununddreißig Dollar, wenn Sie ganz normal sechs Tage die Woche arbeiten. Was meinen Sie zu siebzig die Woche? Ich will sagen, garantiertes Gehalt. Sie bekommen Ihr Geld, ob Sie nun arbeiten oder auf Ihrem Allerwertesten sitzen.«
Als geborener Verkäufer strahlte B. B. vor lauter Begeisterung, während er ihre Hände rieb und regelrecht um ihren Stuhl herumtanzte. »Sie verpflichten sich ja nicht, den Rest Ihres Lebens in Kalifornien zu verbringen. Wir versuchen es ja nur für den Winter. Wir warten auch noch mit ein paar Zusatzleistungen auf. Wir übernehmen die Kosten für Ihre Bahnreise und den Umzug und bezahlen ein, zwei Monate lang Ihre Miete, bis Sie Fuß gefaßt haben. Und dann, was meinen Sie dazu? Können Sie ein Automobil fahren?«
Völlig verblüfft sagte sie: »Was?«
Kelly riß sich die Zigarre aus dem Mund. »Ein Auto? Um Himmels willen, Benny, was soll das? Von einem Auto war nicht die Rede.«
»Al, du bist überarbeitet«, sagte B. B. besänftigend. »Al nimmt es sich sehr zu Herzen, wenn uns etwas von unserer Ausrüstung verlorengeht. Was ich meine, Al, ist ein Auto, das unseren wichtigen Schauspielern zur Verfügung steht, und dazu gehört auch dieses kleine Mädchen. Ich spreche von einem Firmenauto.«
»Ah ja? Und mit wessen Geld?«
»Unserem, Al. Und das ist mein letztes Wort, also tu mir den Gefallen und sei still. Wenn Fritzi nach Kalifornien mitgeht, und ich bete auf Knien zu Gott, daß sie es tut, dann soll sie das in allen Ehren tun.«
Kelly stapfte zum Fenster und starrte mit finsterem Blick auf die fallenden Schneeflocken. B. B. zog Fritzi aus dem Stuhl hoch, schlang
einen Arm um ihre Taille und führte sie zum Fenster.
»Schauen Sie raus! Schauen Sie sich dieses Chaos an. Ah, dort, haben Sie das gesehen? Der Mann dort, er ist in den Matsch gefallen, und sein guter Fünfzig-Dollar-Mantel ist im Eimer. So etwas gibt es nicht im südlichen Kalifornien. Dort gibt es nur Sonnenschein. In Ihrem persönlichen Pal-Auto. Mit heruntergeklapptem Verdeck!«
Er sah, daß sie zögerte. »Ist das etwa nicht genug? Was können wir Ihnen sonst noch anbieten, um Sie zu überzeugen?«
»Nichts, Sir. Das Gehalt ist verlockend und das Auto ebenfalls. Aber es ist ein so großer Schritt.«
»Das können Sie nicht ausschlagen«, sagte Kelly. Es klang beinahe wie eine Drohung.
Fritzi starrte in den Schnee hinaus. Sie hatte die dunklen Winter in New York ertragen, immer auf der Suche nach Bühnenrollen, aber wie viele hatte sie bekommen? Und wie viele von den wenigen hatten ihr zum Erfolg verholfen? Um genau zu sein, keine einzige.
Die Heizungsrohre gaben pfeifende und glucksende Geräusche von sich. Einen Stock tiefer klopfte jemand, der lautstark nach Wärme verlangte, auf den Heizkörper. Kelly lutschte an seinen Zähnen und sah sie abschätzig an.
»Denken Sie an Purvis! Sie wissen, daß er hinter Nix steckt. Er hat ihn dazu gebracht, auf die Kamera und auf Sie zu schießen. Ich sah, daß Nix auf Ihre Beine zielte.«
Fritzi wurde blaß. Sie konnte nur noch nicken und versuchen, diese Erinnerung zu verscheuchen. Beschützend legte B. B. den Arm um ihre Schulter. »Laß gut sein, Al. Sie hat schon genug durchgemacht.«
»Dann sollte sie den Tatsachen ins Auge sehen. Wir können zwar nicht garantieren, daß wir Purvis in Kalifornien nicht treffen werden, aber es ist ein verdammt langer Weg dorthin. Wenn Sie in dieser Stadt bleiben, Schwester, haben Sie ihn immer auf den Fersen. Ihn treibt ein verrückter Haß auf Sie um, waren das nicht Ihre eigenen Worte? Wollen Sie wirklich damit leben?«
Fritzi fing an zu zittern. Sie kämpfte dagegen an, bemühte sich, ihre Stimme gleichmütig klingen zu lassen. »Ich hasse die Vorstellung davonzulaufen, Mr. Kelly. Ich habe immer versucht, stark zu sein, mich den Dingen zu stellen.«
»Klar doch, das verstehen wir ja«, sagte B. B. tröstend. »Niemand will ein Feigling sein, aber darum geht es gar nicht. Es ist doch keine Schande, auf sich achtzugeben. Wir sind hier nicht im Roman, sondern mitten in der Realität, so sieht es nämlich aus. Das sind Tatsachen.
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