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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Francisco.«
    »Aha«, sagte Fritzi höflich.
    »Wissen Sie was? Ich will zwar nicht aufdringlich sein, aber ich suche dringend eine Mitbewohnerin.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß Ihr Vermieter zwei Filmleute unter seinem Dach dulden würde?«
    Lily lachte. »Aber ja, Mr. Hong schon. Mr. Hong hat einen kleinen Chop-Suey-Stand in der Nähe des Piers von Venice. Sein Großvater kam während des Goldrausches aus Kanton nach Kalifornien, aber für Mr. Hong gilt auch heute noch häufig >Betreten verboten«. Er weiß, wie es ist, wenn einem die Tür vor der Nase zugeschlagen wird. Er ist zwar in der dritten Generation hier, aber er muß mit einem Gewehr neben dem Bett schlafen, er hat es mir gezeigt.«
    Fritzi überlegte. »Ist Venice nicht ziemlich weit von hier?«
    »Mit der Tram überhaupt nicht. Man nimmt die Venice-Linie in die Stadt, das dauert ungefähr eine halbe Stunde. Die Tram verkehrt in der Woche alle zwanzig Minuten. Die Wagen sind sauber, und an sonnigen Tagen kann man außerdem noch die schöne Aussicht genießen. Ich wette, Mr. Hongs Haus würde Ihnen gefallen. Vorne gibt es einen kleinen Raum, der als Wohnzimmer eingerichtet ist, und nach hinten zwei große Schlafzimmer.« Fritzi gefiel, was sie hörte; Lily Madisons Begeisterung war ansteckend.
    Lily sprang auf. »Kommen Sie mit, und sehen Sie sich’s an! Sie verpflichten sich zu nichts. Ich sage Ihnen was: Ich gebe dem Chauffeur fünfzig Cent, damit er Sie zurückbringt.«
    »Also gut, warum nicht?« erwiderte Fritzi hocherfreut.
    Lily nahm sie an der Hand, und wie zwei alte Schulfreundinnen traten sie nebeneinander hinaus auf die Straße. Vielleicht hatte die leidige Wohnungssuche damit ein Ende.
    Das in der Bucht von Santa Monica gelegene kalifornische Venice hatte nichts gemein mit dem italienischen Venezia, obwohl der Stadtplaner, ein gewisser Abbot Kinney, als er das Gelände 1904 erschloß, diese großartige Stadt im kleinen hatte kopieren wollen. Er hatte hübsche Kanäle gebaut, die leider inzwischen Kloaken voll verfaulender Krautköpfe und Orangenschalen waren. Fritzi sah mit Entsetzen, daß sogar ein toter Hund darin trieb.
    Die Häuser entlang des Kanals waren einfach, aber gepflegt.
    Im Westen, wo die Sonne auf dem Meer glitzerte, waren die Umrisse eines Riesenrads zu sehen, und aus einer Dampforgel ertönte Ah, Sweet Mystery of Life.
    »Was ist das dort unten, ein Vergnügungspark?« fragte Fritzi.
    »Ja, Karussells und Buden entlang der Strandpromenade«, sagte Lily und nickte. »Dem Stadtteil geht es besser als diesem hier.« Der Beweis für die Richtigkeit ihrer Worte waren zwei Schilder mit der Aufschrift »Zu verkaufen« und mehrere Mietangebote.
    Das kleine schmucke Haus von Mr. und Mrs. Hong grenzte an einen der weniger stinkenden Kanäle. Lily sperrte mit ihrem Schlüssel die Tür auf; die Besitzer waren bereits in ihrem »Chop-Suey-Palast«, wie sie die Bude nannten. Beschwingt führte Lily den Gast die Treppe nach oben. Dort befand sich zur Linken das kostbare eigene Bad, von dem sie erzählt hatte. Das Zimmer, dessen Boden mit kleinen, achteckigen weißen Fließen gekachelt war, wurde beherrscht von einem thronähnlichen Wasserklosett mit einem Wassertank aus Holz und einer Kette zum Ziehen. Die Badewanne mit den Klauenfüßen wirkte so stabil wie ein Kriegsschiff.
    Lily ergriff Fritzis Hand und zog sie in das vordere Wohnzimmer. Die Sonne, die durch große Fenster hereinfiel, überzog das alte, aber durchaus noch brauchbare Mobiliar mit goldener Patina. Zur Verschönerung hatte Mrs. Hong mehrere Topfpalmen ins Zimmer gestellt. Sonnengelbe Spitzenvorhänge flatterten raschelnd in der nachmittäglichen Brise, die den Duft von Wasser und Salz hereinwehte.
    »So viel Licht, das ist ja wunderbar!« rief Fritzi.
    Lily lächelte ironisch. »Das ist Kalifornien. Man gewöhnt sich dran.«
    Lilys geräumiges Schlafzimmer lag zur Linken, wenn man sich der Vorderseite des Hauses zuwandte. Das andere, zur Rechten, neben der Treppe, war nur halb so groß, aber mit einer hübschen Kommode eingerichtet, einem Schrank mit einem langen Spiegel an der Tür, einem kleinen Tisch und Stuhl, einem Einzelbett und drei elektrischen Lampen. Die Hongs waren wirklich keine knauserigen Leute, die ihren Mietern nur das Geld aus der Tasche ziehen wollten.
    Mit angehaltenem Atem fragte Lily: »Gefällt es Ihnen?«
    »Sehr. Ach, noch eine Frage. Können wir hier kochen?«
    »Hier oben gibt es kein Gas, aber Mrs. Hong läßt mich ihre Küche benutzen. Sie

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