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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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öffnete die Tür. Sonnenstrahlen fielen durch farbige Glasscheiben und warfen ein gespenstisches Licht auf einen Stapel Reklamebroschüren, der auf einem Tisch lag: CHRISTLICHER KREUZZUG FÜR SITTLICHE UNTERHALTUNG. In der Unterzeile stand zu lesen, daß Pasadena der Ausgangspunkt des Aufrufs war.
    »Es ist nicht meine Art, am Tag des Herrn Geschäfte zu tätigen, junge Frau.«
    »Das stand aber nicht in Ihrer Anzeige. Ich denke, daß ich Ihnen gleich sagen sollte, daß ich Schauspielerin bin und Filme mache.«
    Die dürre Frau griff nach einer Reklamebroschüre und schleuderte sie ihr entgegen. »Lesen Sie das! Ihr gottloses Volk solltet auf die Knie fallen und den Herrn um Vergebung bitten! Ihr vergiftet die Seelen der Menschen mit eurem Schmutz und euren Obszönitäten.«
    »Verzeihen Sie, aber ich vergifte nichts und niemanden, ich bin bloß wegen Ihrer Anzeige ...«
    Schreiend und wild gestikulierend, fiel die Frau ihr ins Wort. Frit-zi hörte noch »christliche Werte«, »Teufelswerk« und »babylonische Hure«, bevor sie fliehen konnte. Sie warf die Anzeige in den Rinnstein, bekam aber gleich ein schlechtes Gewissen und hob sie wieder auf. Sie fächerte sich Kühlung zu und dachte: Wenn die gemeinen Ritter dieses Kreuzzugs alle so sind wie die, möchte ich dem Anführer nicht begegnen.
    Alle sieben Versuche im Verlauf der nächsten drei Tage brachten ihr nichts als Enttäuschung. An einem Haus hing ein Zettel an der Tür, der das Klopfen unnötig machte: KEINE JUDEN, KEINE HAUSTIERE, KEINE SCHAUSPIELER.
    Fritzis Gefühl, daß sie als alte Jungfer im Hotel Hollywood sterben würde, verstärkte sich langsam. Sie hatte einen regelrechten Widerwillen gegen die engstirnigen Einwohner der Stadt entwickelt. Hier hatten bewegte Bilder keine Zukunft. Nicht die geringste.
    Während sie im Speisesaal des Hotels zu Mittag aß, bemerkte Fritzi, daß eine junge Frau von einem Nebentisch zu ihr herübersah. Die Frau war etwas pummelig und hatte ein rundes, einfaches Gesicht mit strahlendblauen Augen, das von einer Unmenge roter Löckchen eingerahmt wurde, die wie ein Heiligenschein leuchteten. Sie hatte diese junge Frau schon am Abend zuvor in der Halle bemerkt. Sie hatte müde gewirkt, genau wie jetzt, als ginge sie immer zu spät zu Bett. Die junge Frau trat an Fritzis Tisch.
    »Ich sehe, daß Sie seit Tagen Anzeigen studieren. Suchen Sie eine Wohnung?«
    »Ja, aber leider hatte ich bisher kein Glück. Es sieht so aus, als hätten sich alle Vermieter der Stadt gegen die Filmleute verschworen.«
    Die junge Frau nickte. »Ich mußte bis hinaus nach Venice gehen, um etwas zu finden. Aber es hat sich gelohnt, ich habe das ganze obere Stockwerk eines Hauses in Strandnähe. Mit eigenem Badezimmer«, erklärte sie mit einem Lächeln, das Fritzi einnehmend fand. Die junge Frau streckte ihr die Hand entgegen. »Ich heiße Lily Madison.«
    »Fritzi Crown. Eigentlich heiße ich Frederica, aber der Name gefällt mir überhaupt nicht. Wollen Sie sich nicht setzen?«
    »Nur eine Minute. Ich ziehe heute um.«
    Lily zog einen Stuhl heran. Ihre Kleidung war nicht teuer, aber geschmackvoll und auf ihren Typ abgestimmt: modische Bluse aus schwarzem Batist, bestickt mit kleinen grünen Blumen, blaßgrüner Leinenrock, kecke dunkelgraue Mütze, Halbschuhe mit glänzenden Lacklederspitzen. Alles sehr nobel, wie Hobart sagen würde.
    »Kann ich aus Ihren Erfahrungen schließen, daß Sie für eine Filmfirma arbeiten?« fragte die junge Frau.
    »Pal Pictures. Ich glaube, das Gelände der Firma befindet sich in Edendale. Ich habe es noch nicht gesehen. Sind Sie auch Schauspielerin?«
    »Oh, nein. Ich schreibe Geschichten. Das heißt, ich versuche es. Eine habe ich gerade an Nestor verkauft, ein albernes kleines Melodram über einen Banküberfall. Ich habe fünfzehn Dollar dafür bekommen.«
    »Gratuliere. Sie wollen also Drehbücher schreiben?«
    »Ja. Mir gefällt das Leben hier. Und das Filmgeschäft und seine Leute. Außerdem erfinde ich gern Geschichten. Ich glaube, ich bin ganz gut, ich habe ziemlich viel Übung. Als ich klein war, habe ich mich bei schlechtem Wetter - oder wenn etwas Schlimmes passiert ist in der Schule - regelmäßig in meinem Zimmer versteckt und eine Geschichte auf meine Schiefertafel geschrieben. Eine kurze, eine Tafel ist ja nicht sehr groß. Aber dann ging es mir immer besser.«
    »Ich kann das gut nachfühlen. Wo kommen Sie her, Lily?«
    Sie antwortete nicht sofort. »Santa Rosa, aus einem Nest nördlich von San

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