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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Fahrer und sein Mechaniker hockten in niedrigen Einzelsitzen, schutzlos Staub und Wind ausgeliefert. Beide trugen Schutzbrillen und handgenähte Handschuhe. Carl träumte davon, selbst am Steuer dieses Autos zu sitzen.
    Auf der Geraden legte der Fiat an Geschwindigkeit zu. Carl fiel die Kinnlade herunter. »Du lieber Gott, die müssen ja vierzig oder fünfzig Sachen draufhaben!«
    Er ließ den Fiat, der in einer großen Staubwolke um die Kurven raste, nicht eine Sekunde aus den Augen. Beinahe eine Stunde lang stand er so da. Hinterher sagte er zu Reeves: »Ich muß unbedingt fahren lernen. Ich weiß zwar noch nicht wo und wie, aber ich lerne es, darauf können Sie wetten.«
6. PAULS FILME
    Der Chauffeur erwartete Fritzi und ihre Mutter mit aufgespanntem Schirm vor der Eingangstür des Restaurants Heidelberg. Fritzi sprach auf der Fahrt nach Hause nur wenig. Ihre Mutter war spürbar aufgebracht über ihre Entscheidung.
    Das Wohnhaus der Crowns an der South Michigan war ein weitläufiges viktorianisches Schloß mit sechsundzwanzig Zimmern, zweimal im Laufe der Jahre umgebaut, immerwährendes Symbol für den Erfolg seines Besitzers im Brauereiwesen. Joe Crown gehörte das ganze Gelände zwischen der Zwanzigsten und Neunzehnten Straße; die der Neunzehnten Straße zu gelegene Hälfte schmückte ein gepflegter Garten mit funkelndem Schwimmbecken, das zur Zeit leer war, mit Rosenbeeten und der Marmorstatue eines Friedensengels, verborgen hinter hohen Büschen und Sträuchern, die jeden Einblick von der Straße her verwehrten. Zehn Minuten nachdem Fritzi in ihr Zimmer gegangen war, eilte Ilsa mit einem Brief herbei.
    »Liebchen, deine Gebete sind erhört worden! Schau doch nur, was mit der Nachmittagspost gekommen ist. Pauli hat den Brief vor sechs Wochen in Gibraltar aufgegeben. Er hat sogar einen Schnappschuß von sich mitgeschickt.«
    Ilsa gab ihr das Kodakphoto. Ein Lächeln breitete sich auf Fritzis Gesicht aus, als sie ihren kräftigen Vetter betrachtete, der mit Filmkamera und Stativ auf einer Hotelveranda posierte. Wie immer fehlte auch nicht die obligatorische Zigarre in seinem Mund. Mit einem Arm hielt er das Stativ, mit der anderen Hand hob er den Panamahut zum Gruß.
    Pauls Spenzer war nicht zugeknöpft. Seine Krawatte hing schief. Die Knie seines weißen Anzugs waren schmutzig. Er war der alte, nachlässig, was seine Kleidung betraf, aber niemals nachlässig bei seiner Arbeit. Er hatte die Angewohnheit, Erinnerungsstücke und Andenken zu sammeln und zu verteilen, und deshalb schickte er hin und wieder Photos an seine Freunde.
    Geschwind überflog Fritzi den Brief. Paul war in Nordafrika gewesen, hatte in Marokko und in der Sahara Nomaden und die seßhafte Bevölkerung aufgenommen und war dann nach Gibraltar gereist, um dort die Jungfernfahrt des neuen britischen Kriegsschiffes, der HMS Dreadnought, zu filmen.
    »>Es ist das erste seiner Art - 17000 Registertonnen, schneller als jedes andere schwimmende Gefährt. Die großen Kanonen haben eine bisher nie dagewesene Reichweite. Mein Freund Michael behauptet, wegen dieses Schiffes habe bereits ein Wettrüsten zur See begonnen. Aber leider haben mir die blöden Briten nicht gestattet, das Ding zu filmen. Die Aufnahmen von Nordafrika werden im Dezember geschnitten in die Filmtheater kommen. Plane für nächstes Jahr eine Reise in die Staaten, dann sehen wir uns bestimmt. Bis dann, seid gegrüßt, Ihr Lieben.<«
    »Wir müssen herausfinden, wer die Aufnahmen der American Lu-xograph Company zeigt«, sagte Ilsa aufgeregt. »Du wirst sie sicher auch sehen wollen. Wir gehen zusammen hin, wir machen uns noch einen schönen Tag.«
    In einem dieser gräßlichen, billigen Filmtheater? Du lieber Himmel! Aber Fritzi konnte der korpulenten grauhaarigen Frau, die sie über alles liebte, den Wunsch nicht abschlagen. Sie seufzte leise in sich hinein und sagte laut: »Das fände ich ganz wunderbar.«
    Auf Ilsas Wunsch zog der General Erkundigungen ein. Ein Vorarbeiter der Brauerei kannte zufällig einen geschäftstüchtigen deutschen Juden, der erst seit kurzem im Filmgeschäft war. Der Mann hieß Carl Laemmle. Er vertrieb Filme und war Besitzer eines Filmtheaters in der North Milwaukee Avenue. Nach Laemmle sah man sich »Aktuelles« der American Luxograph Company am besten im Bijou Dream in der State Street in der Nähe der Van Buren Street an, also dem Filmtheater, an dem Fritzi mit dem Fahrrad vorbeigekommen war.
    Fritzi und ihre Mutter kauften ihre Karten um zehn nach zwei an

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