Fremde Federn
wir gesucht haben. Eine Rolle.«
»Rolle, was denn für eine Rolle? Ich sehe keine Rolle, ich sehe nur, daß mein gutes Geld hier zum Fenster rausgeworfen wird.«
»Eine Rolle für Fritzi. Der liebenswerte Fratz, der immer ins Fettnäpfchen tritt - mit der Tür ins Haus fällt, das Haus ramponiert, elegante Feste zuschanden macht, unfreiwillig, in aller Unschuld -, und jedesmal wird am Ende alles wieder gut. Ich zeige B. B. und Hayman, was wir eben gedreht haben.«
»Das ist ja eine richtige Verschwörung! Das lass’ ich nicht mit mir machen.«
»Aber klar doch, Al«, sagte Eddie mit einem fröhlichen Lächeln. »Sie wollen doch Geld verdienen. B. B. und Ham wollen Geld verdienen. Wir alle wollen Geld verdienen.«
Er stieg auf die verwüstete Bühne hinauf und legte einen Arm um Fritzi. Ihr Gesicht war weiß vom Gipsstaub. Ihre Busenpolster hingen knapp über der Taille, eine Gestalt mit vier Brüsten, alle etwas mickrig.
Und jetzt weiß Loy, daß ich Einlagen trage. O Gott!
Eddie drückte ihre Schulter wie ein Akkordeon. »Geld, Al, Geld. Sie sind es doch, der uns immer wieder davon predigt. Denken Sie nach! Sie wollen reich werden, und ich stehe direkt neben der Goldgrube.«
Jeder verfügbare Schreiner auf dem Gelände wurde herangezogen, um die Bühne wieder aufzubauen. Freitag mittag war sie neu gestrichen und neu möbliert. Fritzi fuhr das Modell T noch einmal durch die Wand und beendete die Szene wie geplant. Um halb fünf drehte Eddie die letzten Einstellungen. Er bedankte sich gerade bei allen, als seine Frau mit den Kindern und drei Picknickkörben fürs Abendessen eintraf.
Fritzi half Rita, das Mitgebrachte auf dem langen Tisch neben der Bühne herzurichten. Rita erzählte, Eddie sei die halbe Nacht aufgewesen und habe ein Drehbuch für eine neue Komödie geschrieben, inspiriert von dem gestrigen Mißgeschick. Er habe es Die wilde Nell genannt und wolle es B. B. und Hayman am Samstag zusammen mit dem unbrauchbaren Material von gestern zeigen.
Eddie schlich sich heran. »Fritzi, darf ich fragen, was du da - ich meine, was da rutscht ...«
Rita stieß ihn an. »Nein, das darfst du nicht! Sei ein Gentleman, und iß dein Sandwich. Mit Leberwurst, deiner Lieblingssorte.«
B. B. kam mit großen Schritten aus dem Hauptgebäude. Er ging auf Loy zu, der sich mit Windy und anderen Statisten unterhielt.
»Hardin, meine Frau hat Sie diese Woche bei den Dreharbeiten gesehen. Sie gefallen ihr. Sehr männlich, meint sie.«
Loy lächelte und senkte höflich dankend den Kopf. B. B. ergriff seine Hand und drückte sie. »Sophie hat einen Blick für Talent. Warum drehen wir nicht eine kleine Probeszene, was meinen Sie?«
»Wirklich sehr freundlich von Ihnen, Mr. Pelzer. Aber ich muß leider dankend ablehnen.«
»Sie meinen, Sie wollen keine richtige Rolle? Und kein festes Gehalt?«
»Sie dürfen nicht denken, ich wäre undankbar. Mir gefällt meine Arbeit, wie sie ist.«
B. B. blieb der Mund offen. Er machte ein paar Schritte auf Fritzi zu. »Ich habe ihm eine Rolle angeboten, und er hat abgelehnt. Können Sie sich das vorstellen? Ich habe noch nie gehört, daß jemand eine größere Rolle ausschlägt.«
Fritzi murmelte, es sei sicher seltsam, aber bevor sie mehr sagen konnte, setzte Loy seinen Hut auf und verabschiedete sich. »Entschuldigen Sie!« rief sie und rannte los und warf B. B. fast über den Haufen. »Loy, ich schulde Ihnen immer noch Dank dafür, daß Sie mich vor der Schlange gerettet haben. Darf ich Sie zum Essen einladen? Sagen wir morgen?«
Er schien überrascht und belustigt über ihre Unverfrorenheit. »Aber klar doch, wäre nett. Wissen Sie was? Wenn Sie sich freimachen können, kommen Sie am Nachmittag raus zur Ranch der Universal und sehen sich die große Schlacht an, die Griffith morgen dreht. Hinterher suchen wir uns eine Kneipe.«
Fritzi hätte beinahe einen Luftsprung gemacht. »Ich komme.«
»Aber machen Sie sich nicht zu fein.«
»Oh, nein! Nein!«
»Also bis dann. Ich freue mich.«
Es hätte nicht anders geklungen, wenn er von seiner Nachtruhe gesprochen hätte. Fritzi war wieder einmal enttäuscht von seiner beiläufigen Art. Sie faßte einen Entschluß: Sie würde ihn dazu bringen, sich in sie zu verlieben, und wenn sie sonst was dafür anstellen mußte.
65. BRUCHLANDUNG
Die Konsequenzen von Harvards Fahnenflucht waren eher unangenehm als ernst, wenigstens schien es anfänglich so. Der befehlshabende Offizier hielt René eine Strafpredigt, konnte ihn jedoch nicht
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