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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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rote Seidenschal wurde in den Schmutz gedrückt. Er stemmte sein rechtes Knie in die Erde, preßte, stemmte erneut, preßte. Von seinem linken Bein strahlte der Schmerz in den ganzen Körper aus.
    »Ich will das Gewehr«, schrie er. Der Major starrte ihn mit leerem Blick an. »Hören Sie mich? Sie sollen mir helfen. Helfen Sie mir, mich gegen das Flugzeug zu stemmen, und dann geben Sie mir das verdammte Gewehr.«
    Als der Major nach dem Flügel hinter sich griff, stieß er die Faust durch die Stoffbespannung, bekam jedoch eine Strebe zu fassen und zog sich auf die Füße hoch. Er starrte auf den herannahenden Bomber, dann auf Carl.
    »Verdammt noch mal, gelber Bastard« - Carl war vor Schmerz und Zorn wie von Sinnen -, »helfen Sie mir!« Mit groß aufgerissenen Augen warf Ruiz ihm das Gewehr zu und fing an zu laufen.
    Auf der Seite liegend, streckte Carl die Hand aus, bekam den Lauf des Mauser-Gewehrs zu fassen, zerrte es an seine Brust. Das Donnern der Martin wurde immer lauter. Carl rammte den Gewehrkolben in die Erde, um sich am Lauf wie an einer Kletterstange Hand um Hand in eine sitzende Position hochzuziehen. Benommen vom Schmerz, gelang es ihm, das Gewehr zu schultern. Die Martin näherte sich von hinten. Wenn ihn die Bombe erwischte, bevor er schoß, na ja, dann war’s das.
    Die Flügel warfen unregelmäßige Schatten auf den nackten Boden. Die Martin flog jetzt direkt über Carl. Er zielte und feuerte auf die Martin, Sekunden bevor die Bombe hinter der Curtiss detonierte. Ein Erdregen ging auf ihn nieder und nahm ihm die Sicht.
    Er spuckte Erde aus, rieb sie sich aus den Augen. Die Martin verlor rapide an Höhe, drehte in steiler rechtsseitiger Schräglage ab. Harvard fiel wie eine Stoffpuppe nach vorne, die Hände um den Sitz geklammert. Carls Kugel hatte ihn getroffen, ein gelungener Schuß. Harvard mußte das Bewußtsein verloren haben, denn offensichtlich hatte er keine Kontrolle mehr über die Maschine. Sie neigte sich mit der Spitze voraus nach unten. Carl beobachtete entsetzt und fasziniert zugleich, wie der Aufprall den Motor wegriß. Er schoß wie eine eiserne Guillotine nach vorne. Harvards Kopf wurde von den Schultern abgetrennt und wie ein blutiger Ball in die Luft geschleudert.
    Der Motorblock bohrte sich in die Erde. Die Martin wurde mit einem Knacken und Brechen der Streben zerquetscht. Eine oder mehrere Bomben detonierten in einem Rausch aus Feuer und Lärm. Sekunden später war nur mehr ein Wrack übrig, aus dem Rauch in die sturmgepeitschten Wolken aufstieg. Carl schleuderte das heiße Metall des Gewehrs beiseite, rollte sich mit schmerzverzerrtem Gesicht zusammen und übergab sich.
    Ein Mestize fand ihn. Der Mann war schweigsam, aber er besaß die listigen Augen eines Menschen, der seinen Vorteil kennt. Ja, er besaß ein Maultier. Er würde es gegen das Gewehr und Carls Revolver eintauschen. Carl lag auf dem gestampften Lehmboden der Hütte, seine Schmerzen wurden von einem feurigen Schluck pulque aus der Flasche ein klein wenig gemildert, und schüttelte den Kopf. Das Gewehr hielt er in die Luft, während er den Revolver an die Brust drückte.
    »Das bekommst du. Ich behalte das.«
    Nach einigem Hin und Her wurde der Tausch besiegelt. Der Mann holte ein Seil und band Carl auf dem Rücken des Maultiers fest. Carl schätzte, daß es fünfundzwanzig bis dreißig Kilometer bis zum Stützpunkt der Federalistas waren. Den Schmerz betäubte er durch noch mehr milchige pulque. Die Hand auf dem Revolver an seiner Hüfte, trieb Carl das Maultier an. Der Mestize deutete in Richtung der Eisenbahnschienen.
    Die Sonne brannte auf Carls Schädel, und seine Zunge fühlte sich an wie ein Stück trockenes Holz, als er kurz nach Mittag durch den Hitzeschleier über den glitzernden Eisenbahnschienen etwas erspähte, was näher kam. Er brachte das Maultier zum Stehen und wartete.
    Ein irres Grinsen der Erleichterung ging über sein Gesicht, seine Knie, die sich um das Maultier geklammert hatten, gaben nach, und er fiel ohnmächtig auf die Erde.
    Der Armeearzt, der Carls Bein untersuchte, erklärte, nichts sei gebrochen, obwohl es sich sicherlich um eine schwere Zerrung handele und er das Bein schonen müsse, bis er wieder ohne allzu große Schmerzen laufen könne. Carl hielt sich an den Rat, indem er in seinem Bett in dem Privatwaggon blieb, wohin René die neuesten Nachrichten brachte.
    »Man hat den Major gefunden, als er nackt durch ein Bohnenfeld wankte. Warum er sich ausgezogen hat, weiß niemand. Da

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