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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Tages fing sie an zu singen. Lily wußte, daß ihre Gedanken mit Loy beschäftigt waren. »Ihr könntet doch Zusammenleben. Nehmt euch ein Hotelzimmer in der Stadt. Meinst du nicht, du könntest dir eine Wohnung leisten, ja sogar ein kleines Haus?«
    »Er würde es nie tun.«
    »Warum denn nicht?«
    »Einfach so. Er ist ein Vagabund. Jeden Morgen, wenn ich aufwache, frage ich mich, ob er vielleicht mitten in der Nacht auf und davon ist.«
    Lily schnalzte mit der Zunge. »Du Arme!« Sie umarmte Fritzi lange und innig.
    Das große Thema der Filmwelt war Griffith’ Bürgerkriegsdrama The Clansman, das zu Beginn des nächsten Jahres in die Filmtheater kommen sollte. Aber noch offensichtlicher war der Neid, wenn über Fritzis Freund Charlie gesprochen wurde. Im ganzen Land grassierte das »Chaplin-Fieber«. Tanzorchester spielten That Charlie Chaplin Walk, in den Kaufhäusern gab es zu Weihnachten massenhaft Chaplin-Puppen, die Zeitungen brachten Chaplin-Cartoons und ChaplinInterviews.
    Mit dem Kassenschlager des Herbstes, Tillies gestörte Romanze, breitete sich die Epidemie noch mehr aus. Vorlage für den Sechsspuler, dessen Dreharbeiten fast sechs Wochen dauerten, war ein bekanntes Bühnenstück. Charlie hatte den Film als einen der letzten für Mack Sennett gedreht. Inzwischen verdiente er, wie alle Welt wußte, bei Essanay zwölfhundertfünfzig Dollar pro Woche. Fritzis einhundertfünfzig in der Woche, die sie seit Anfang des Jahres verdiente, waren geradezu jämmerlich dagegen. Das Gefühl, daß das ungerecht sei, begann an ihr zu nagen.
    Charlie kehrte überraschend aus seinem Exil in Nordkalifornien zurück. Er hatte sich in der Abgeschiedenheit von Essanays Studios in Niles nicht wohl gefühlt. Um ihn zufriedenzustellen und nicht zu verlieren, mietete Essanay ein Studio in der Fairview Avenue, das der inzwischen bankrotten Firma Majestic gehört hatte. Von nun an sollte Charlie seine Filme dort drehen.
    Schon in der ersten Woche, die er in der Stadt war, lud Charlie Fritzi und Loy zum Abendessen in Ship’s Café ein. Er machte sie mit
    Edna Purviance bekannt, einer hübschen jungen Frau, die die weibliche Hauptrolle in seinen Filmen spielte und seine Freundin war. Als die Kaffeehauskapelle Heart of My Heart anstimmte, bat Charlie Fritzi um einen Tanz.
    Er war so höflich, daß sie nicht umhinkonnte, eine Bemerkung darüber zu machen. »Du hast dich verändert«, sagte sie, als sie zu den Klängen der Musik tanzten. »Du redest wie ein Professor aus Oxford.«
    »Sprechunterricht. Für die meisten Menschen ist der CockneyAkzent ein Zeichen von Unterschicht. Ach übrigens, dein Texaner gefällt mir. Ruhiger Typ.«
    »Nur in Gegenwart von Fremden. Edna gefällt mir auch sehr gut.«
    Charlie heuchelte Enttäuschung. »Weil ich dich nicht kriegen konnte, mußte ich eine andere nehmen. Nein, nein, ich scherze nur. Ich habe mich sofort in Edna verliebt.«
    »Bist du glücklich, wieder in Los Angeles zu sein?«
    »Ja, aber du hättest hören sollen, wie sich die Typen von Essanay gewunden haben. Das sind Pfennigfuchser! Aber damit kommen sie nicht durch«, sagte er mit einem listigen Lächeln. »Ich weiß, was ich wert bin.«
    Nach dem Essen schüttelte Loy Charlie die Hand, Fritzi küßte ihn zum Abschied und wünschte ihm alles Gute. Charlie hatte großes Selbstbewußtsein, aber warum auch nicht? Er galt bereits als der beste Filmkomödiant, und das wahrscheinlich weltweit. Und genauso wichtig war, daß er aus dem Wert, den seine Begabung für andere hatte, Kapital zu schlagen wußte. Auch sie mußte sich mit dieser Situation auseinandersetzen, vor allem, da Tapeten-Nell ein großer Erfolg zu werden versprach. Noch während der Film geschnitten wurde, erhielt B. B. einhundertzwanzig Bestellungen, und Eddie stürzte sich bereits in die Vorbereitungen zu Spritzenhaus-Nell.
    Am ersten Drehtag für den neuen Film machte B. B. wie immer die Runde, um den Mitwirkenden viel Glück zu wünschen. Fritzi ergriff die Gelegenheit beim Schopf, um mit ihm zu sprechen. »Ich möchte etwas mit Ihnen und Al besprechen«, sagte sie. »Könnten wir heute zusammen Mittag essen?«
    »Ich habe Zeit, und ich werde einen Blick auf Als Terminkalender werfen.«
    »Bitte sagen Sie ihm, daß es wichtig ist.«
    Das ließ ihn aufhorchen. »Wichtig, soso! Na ja, wir müssen dafür sorgen, daß unser Star zufrieden ist«, sagte er und tätschelte ihren Arm. »Um ehrlich zu sein, wollten wir Sie ohnehin zum Lunch einladen, kommt also genau richtig.

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