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Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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begrüßten ihn ohne große Begeisterung. Jeden Abend verließen mehrere Zuhörer vorzeitig den Saal. Andere murrten laut oder buhten. Deutschamerikanische Gesellschaften sandten Demonstranten, die störten und seinen Vortrag mit provozierenden Fragen unterbrachen. In San Antonio warf jemand einen Sack mit verfaultem Gemüse von der Galerie. Er verfehlte sein Ziel und traf zwei Zuhörer im Parkett, die mit einer Strafanzeige drohten. In Houston stahl jemand alle Projektorlampen, so daß die Vorführung um eineinhalb Stunden verschoben werden mußte; da saßen dann noch ganze zweiundzwanzig Zuhörer im Saal.
    Städte entlang seiner nördlichen Rückroute - einschließlich Minneapolis und Des Moines - schickten Telegramme mit Absagen, die Marguerite kommentarlos an ihn weiterleitete. Paul wurde reizbar und trank mehr Bier, als ihm guttat. Er kam zu dem Schluß, daß das Problem nicht darin lag, daß seine Zuhörerschaft die Deutschen für ein Volk von Heiligen hielt, sondern eher in seiner sturen Befolgung dessen, was Wexford Rooney ihm vor Jahren in Chicago beigebracht hatte: Wex hatte immer gepredigt, Bilder müßten schonungslos die Wahrheit zeigen. Michael hatte recht, in zwiespältigen Zeiten wie diesen gab es so etwas wie zu viel Wahrheit. Er hörte Straßenmusikanten den neuesten Hit spielen - I didn’t Raise My Boy To Be A Soldier, Ich habe meinen Jungen nicht aufgezogen, damit er Soldat wird.
    Als Pauls Zug in Los Angeles einrollte, holte ihn ein stämmiger, Obeiniger Engländer ab, der eine verwegene, kastanienbraune Perücke trug, obschon er ziemlich bejahrt war. Paul hatte schon von Fritzis Freund Hobart Manchester gehört; er hatte mit seiner Cousine von Arizona aus ein völlig verrauschtes Ferngespräch geführt.
    »Fritzi bedauert zutiefst, daß sie nicht persönlich kommen konnte, mein lieber Junge«, erklärte Hobart, während sie mit den Filmbüchsen zum Gepäckwagen gingen. »Die Dreharbeiten zu ihrem Zirkusfilm lassen ihr kaum Zeit zum Verschnaufen - die Kehrseite des Erfolgs.«
    Paul bat einen Gepäckträger, die Filmbüchsen direkt an Clune’s
    Auditorium schicken zu lassen. Hobart räusperte sich unbehaglich. »Wenn ich einen Vorschlag machen darf: Warum lassen Sie die Filme nicht in Ihr Hotel schicken?« Ehe Paul protestieren konnte, fuhr er fort: »Ich bedauere, Ihnen die schlechte Nachricht überbringen zu müssen. Ihr Vortrag wurde abgesagt.«
    Es war Paul, als habe ihm jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt. »Ich möchte mit dem verdammten Direktor des Ladens sprechen.«
    »Wir können natürlich vorbeischauen, wenn Sie es wünschen«, bot Hobart an. »Ich habe mein Automobil ganz in der Nähe geparkt.«
    Zerknittert und müde wie er war, spürte Paul plötzlich grenzenlose Wut in sich aufsteigen. Unter der Markise vor Clune’s nahm er seine Mütze ab und kratzte sich am Kopf. Sein Haar war inzwischen fast völlig ergraut. Ein Plakatkleber rührte gerade in seinem Eimer.
    NUR EINEN ABEND!
    KRIEGSGREUEL
    Bebilderter Vortrag von
    PAUL CROWN
    Kameramann für aktuelle Nachrichten & Autor von Zeuge der Geschichte
    Wie die lange Bürste des Mannes die Buchstaben mit Kleister überstrich, war fast schon beleidigend. Im Direktionsbüro des Filmtheaters traf Paul auf eine nervöse Sekretärin und eine sorgfältig verschlossene Tür.
    »Mr. Semmel ist nicht da, er ist außer Haus.«
    Paul hätte am liebsten einen Stuhl genommen und damit die Tür eingeschlagen. Statt dessen schnippte er sich Asche vom Spenzer und knurrte die junge Frau an: »Verstehe. Bestellen Sie ihm einen Gruß.«
    Sie reichte ihm ein gelbes, zusammengefaltetes Blatt. »Das ist für Sie gekommen.«
    Wieder ein Telegramm von Marguerite. Darin stand, daß Chicago und Milwaukee aufgrund schlechter Kartenvorverkäufe und Beschwerden von Filmtheatern, in denen er aufgetreten war, die Vorträge abgesagt hätten. Sie teilte ihm außerdem mit, daß sie eine Klausel des ursprünglichen Vertrages, den er mit APA geschlossen hatte, in Anspruch nehmen wolle; und die besage, jede Seite könne den Vertrag jederzeit kündigen. Ihr Büro vertrete seine Interessen ab sofort nicht mehr. Sie erwarte zwar ihre Kommission für Auftritte, die er noch absolvieren werde, doch er müsse ab jetzt ohne ihre Hilfe auskommen.
    Er stürmte die Treppe hinunter. Kommt davon, wenn man das eindeutige Angebot einer willigen Frau ausschlägt. Dieser billige Witz konnte seine Stimmung jedoch keinen Deut heben.
    Fritzi eilte sofort von Liberty nach Hause,

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