Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremde Federn

Fremde Federn

Titel: Fremde Federn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
Vom Netzwerk:
besuchen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Gib Mama einen Kuß, und drück sie fest von mir. Und sag dem General, daß es mir gutgeht.«
    »Das sieht man dir an. Glaubst du, du wirst in Detroit bleiben?«
    Überrascht von der Frage, legte Carl den Kopf zur Seite und überlegte. »Ich hab’ noch nie irgendwo an Bleiben gedacht. Das liegt mir einfach nicht im Blut. Aber dieses Mädchen, das ich kennengelernt habe - Tess -, könnte mich dazu bringen, meine Meinung zu ändern.«
21. VOM PECH VERFOLGT?
    Am Montag der dritten Probenwoche unterbrach Manchester in der siebten Szene des ersten Akts, die auf Macbeth’ Schloß spielt, um mit Eustacia Van Sant zu sprechen.
    »Madam, Ihre Sprechweise ist zu langsam. Die Frau des Than von Cawdor ist die treibende Kraft in diesem Akt. Sie treibt ihren Mann unbarmherzig weiter. Nur er zögert.«
    Eustacia war nicht gewillt, eine Rüge vor versammelter Mannschaft hinzunehmen. »Ich interpretiere die Rolle auf meine Art.«
    »Das kann schon sein, Madam. Aber ich möchte Sie daran erinnern, daß ich den Federhalter besitze, mit dem die Gagenschecks unterzeichnet werden.«
    »Damit können Sie mir nicht drohen, Sie mieser, kleiner Diktator.« Sie stürmte von der Bühne.
    Fritzi eilte in die Garderobe ihrer Freundin und redete ganze zehn Minuten lang auf sie ein. »Er ist reizbar. Das ganze Gewicht dieser Produktion liegt auf seinen Schultern, nicht nur die Hauptrolle.« Eine halbe Stunde später kehrte Eustacia ohne ein Wort der Entschuldigung auf die Bühne zurück. Manchester warf Fritzi einen dankbaren Blick zu, und die Probe wurde fortgesetzt, auch wenn der Waffenstillstand gefährdet war. Wenig Trost für Fritzi. Mit jedem Tag, den die Premiere näher rückte, wurden die Nerven gespannter, der Geduldsfaden kürzer, die Stimmung gereizter.
    Am Nachmittag bestand Manchester jeweils auf einer kurzen Pause, und an diesem Montag trug Fritzi ihren Kaffee in den Aufenthaltsraum. Sie unterhielt sich mit einigen ihrer Kollegen, als ein Schrei ihre Gespräche unterbrach. »Verschwinden Sie aus diesem Zimmer, Sie alter Idiot!«
    Als sie sich durch die Tür auf den Korridor gezwängt hatten, sahen sie Scarboro, der seinen Zorn an Mr. Allardyce ausließ. Scarboro hatte sich schon des öfteren darüber beschwert, daß er sich mit dem alten Schauspieler eine Garderobe teilen mußte, obwohl dessen Rolle des Pförtners seiner Meinung nach weit unter der des Banquo stand.
    Allardyce blinzelte und wankte. Fritzi roch Gin. »Hören Sie, Scar-boro, es tut mir wirklich leid ...«
    Ida Whittemeyer fuhr dazwischen. »Einen Moment bitte! Mr. Scarboro, Ihre Ausfälle sind beleidigend.«
    »Das ist mir scheißegal. Dieser alte Säufer hat meine Garderobe betreten und seinen Text vor sich hin gemurmelt. Den Text dieses Stückes sagt man nirgendwo laut, außer auf der Bühne.«
    Mr. O’Moore schnaubte. »Und was soll er Ihrer Meinung nach tun, soll er sich vielleicht die Pulsadern aufschneiden?«
    »Er weiß, was er zu tun hat. Eine der Beschwörungsformeln aufsagen. Zitieren Sie die Zeile aus dem Kaufmann von Venedig, Allardyce.«
    Betrunken und verwirrt antwortete der alte Schauspieler: »Ich hab’ sie vergessen.«
    »Dann stellen Sie sich vor die Garderobentür, drehen sich dreimal im Kreis, spucken, klopfen dreimal an die Tür und bitten noch mal um Einlaß.«
    »Was für ein Blödsinn«, rief O’Moore. »Mr. Denham hat recht. Ich sag’ Ihnen was, Scarboro. Ich sage jeden Text so laut und wo und wann ich will. Ist das ein Dolch, was ich da vor mir seh’, den Griff zu meiner Hand?«
    »Nein!« schrie Scarboro.
    »Komm, laß dich packen: Ich hab’ dich nicht, und doch, ich seh’ dich doch.«
    Scarboro stürzte sich auf O’Moore und stieß dabei Sally Murphy an die Wand. Mit einem kräftigen Schwinger schlug er Mr. O’Moore zu Boden. Fritzi vernahm ein schreckliches Krachen. Sich vor Schmerzen krümmend, fuhr O’Moore mit der Hand an den Kiefer. »Ich kann nicht aufstehen. O mein Gott, ich glaube, ich habe mir was gebrochen.«
    Um fünf Uhr war Mr. O’Moore mit geschientem Kiefer im Krankenhaus, Manchester hatte Scarboro gefeuert, und der demoralisierten Truppe fehlten ein Rosse und ein Banquo. Als Fritzi und Mrs. Van Sant das Theater verließen, meinte die ältere Schauspielerin: »Ich glaube, ich sollte mir ein Paar neue Schuhe kaufen.«
    »Schuhe? Aber Sie haben mir im Hotel doch mindestens zwanzig Paar vorgeführt.«
    »Billige Schuhe, meine Liebe. Schuhe, die quietschen. Quietschende Schuhe

Weitere Kostenlose Bücher