Fremde Gäste
besorgt. »Das wundert mich nicht nach all der Aufregung mit Tonys Verlobung. Das Mädchen ist ein Schatz, aber sie kann einem schon auf die Nerven gehen. Dazu kommt die bevorstehende Hochzeit — und nun auch noch diese abscheuliche Diebesgeschichte! Natürlich stehe ich dir bei, so gut ich kann. Ich eigne mich zum Scheuern und Unkrautjäten, wenn auch nicht für die feinen Arbeiten. Doch die schwerste Last kann ich dir nicht abnehmen: die Verantwortung. Die macht dir Sorgen, denn die mußt du allein tragen. So eine Depression paßt gar nicht zu dir. Was, um Himmels willen, sagt denn Paul dazu?«
»Ach, du weißt ja, wie Männer bei häuslichen Schwierigkeiten sind: freundlich, aber ablehnend. >Warum kann die Party nicht in der Stadthalle abgehalten werden? Weshalb können wir nicht nur einige wenige Leute einladen?< Nur auf einer Sache besteht er eisern: Er will Alistair keinen Pfennig bezahlen lassen, und ich finde gerade, daß der dazu verpflichtet ist.«
»Das finde ich auch, aber wie ich Paul kenne, kann man mit ihm darüber nicht streiten. Doch daß du soviel Arbeit hast, ist ihm sicher auch nicht recht.«
»Ich glaube, er ist sich gar nicht klar darüber. So weit denkt kein Mann. Er stellt sich vor, daß die Leute am Abend kommen, sich ins Haus drängen und dann in die Zelte hinausströmen. Er wird dafür sorgen, daß es genug zu essen und trinken gibt, und damit basta.«
»Das kenne ich. >Warum macht ihr soviel Wirbel um die Gäste?< Das sagt Sam immer, wenn ich wie verrückt putze, ehe seine Mutter oder ein anderer kritischer Besuch kommt. Arme Susan, da hast du dir was aufgeladen!«
»Das scheint mir auch so, denn zum erstenmal in meinem Leben kann ich nicht schlafen. Immer geht mir diese verteufelte Gästeliste durch den Kopf und was alles bis zum September erledigt werden muß. Und wenn ich das abschalte, kommt die Diebstahlsaffäre hoch und macht mich vollends fertig.«
»Genauso geht es mir, wenigstens was diese Diebereien angeht. Ich kann es nicht ertragen, daß die Leute denken, Tom müsse es gewesen sein.«
Es waren zwei weitere Diebstähle vorgekommen: einmal bei Peter, als er und David unterwegs waren, das andere mal bei Anne, als sich die ganze Familie beim Colonel befand. In beiden Fällen konnte niemand Tom ein Alibi geben.
»Es gibt zwei Möglichkeiten«, sagte ich. »Entweder war es Tom (bitte, bring mich nicht gleich um, Larry!), oder es ist jemand, der den Verdacht auf Tom lenken will. Eines ist so entsetzlich wie das andere.«
»Ja, entsetzlich! Und — ist es dir eigentlich klar, daß wir dauernd von Alibis reden, und zwar von denen unserer nächsten Freunde? Damit muß jetzt endlich Schluß sein, sonst verständigt der Colonel doch noch die Polizei. Er hätte es schon längst getan, wenn es nicht um Toms Stellung ginge. Susan, wir haben genug geredet, jetzt tun wir etwas. Wir stellen eine Falle!«
»Meinst du, wir sollten ein paar Banknoten markieren, die wir dann irgendwo hinlegen?«
»Nein, das ist nichts. Der verflixte Dieb ist viel zu schlau, als daß er die Noten in Tiri ausgäbe, darauf kannst du Gift nehmen. Wir könnten sie also nicht wiederfinden. Nein, nein, wir müssen ihn auf frischer Tat ertappen. Das ist die einzige Möglichkeit, und ich habe viele schlaflose Stunden damit verbracht, wie wir das wohl anfangen könnten.«
»Auf frischer Tat ertappen? Wie sollen wir das denn anstellen? Wir können doch nicht überall herumschnüffeln, wenn alle versammelt sind?«
»Das nicht, aber denke an die Diebstähle in den Häusern, in denen zur Zeit des Diebstahls niemand war. Könnten wir nicht so tun, als ob wieder einmal alle fort wären, und uns im Haus verstecken und den Dieb so erwischen?« Das schien fast unmöglich, aber plötzlich fiel uns ein Ausweg ein.
In der folgenden Woche feierten Annes Zwillinge ihren Geburtstag mit einer Party, die wie üblich in dem großen Haus des Colonels stattfand. Mrs. Evans und Anne trafen die Vorbereitungen; Larrys und meine Kinder waren auch eingeladen, sie sollten anschließend über Nacht dort bleiben. Für sie war es das große Ereignis des Jahres — für uns heuer vielleicht auch. Zufällig wollten unsere Männer an dem gleichen Tag zu einer Versteigerung auf einer ziemlich weit entfernten Schaffarm. Tags darauf fand eine Milchvieh-Auktion in Te Rimu statt; sie hatten vor, dort zu übernachten, um den weiten Weg nicht zweimal machen zu müssen. Das bedeutete, daß Larry und ich in dieser Nacht allein zu Hause waren. Warum
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