Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fremden Kind

Fremden Kind

Titel: Fremden Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Hollinghurst
Vom Netzwerk:
blaue Augen, stets in Sportkleidung, auch zu den unmöglichsten Tageszeiten; von vielen Jungen bewundert, von anderen instinktiv gemieden. Er verströmte den Ruch von Konkurrenz. Man rechnete ihm hoch an, dass er in den zwei Jahren seit seiner Anstellung das Team von Corley Court von seinem langjährigen Ruheplatz in den unteren Rängen der Kennet-Liga weiter nach vorn gebracht hatte.
    »Und Sie sorgen natürlich für blütenweiße Trikots, ja, Hausmutter?«
    »Ich werde mein Bestes tun«, sagte die Hausmutter, »obwohl sie in der zehnten Woche des Schuljahrs schon …«
    »Geben Sie sich bitte Mühe, ja.«
    »Ich verlege den Badetag der älteren Schüler auf Donnerstag«, sagte die Hausmutter, als hätte sie eine grandiose strategische Leistung vollbracht.
    »Hm? Ach so, ja, sehr gut«, sagte der Direktor und blickte mürrisch, weil er merkte, dass er rot wurde. Er konsultierte seine Liste. »Sonst noch irgendwelche Aktivitäten geplant …? Dann kommen wir jetzt, wie ich sehe, zu dem Museum.«
    »Ah, ja«, sagte Peter, erstaunt, wie nervös ihn der Direktor machte, eigentlich das ganze teils aufmerksame, teils gleichgültige Kollegium. Er sah John Dawes gegenüber an, den onkelhaftesten unter den Lehrern, der zum dritten oder vierten Mal ein Feuerzeug über seinen Pfeifenkopf hielt; und Mike Rawlins neben ihm, versunken in seine systematischen Kritzeleien, mit denen er jede Woche die vervielfältigte Tagesordnung beschmierte. Seit zwanzig Jahren saßen sie in solchen Konferenzen. »Ja, ich glaube, wir können einiges vorweisen am Tag der offenen Tür. Die Jungen haben interessante Exponate zusammengetragen, natürlich auch ein paar ziemlich törichte. Es ist nicht gerade das Ashmolean, aber immerhin …« Peter grinste und senkte den Blick.
    »Nein, das wohl nicht«, sagte der Direktor, der ihm die Anspielung auf Oxford übel nahm.
    »Der Stall ist doch nachts abgeschlossen, oder?«, sagte Colonel Sprague. »Soweit ich weiß, haben einige Eltern Leihgaben gestiftet.«
    »Ja, selbstverständlich«, sagte Peter. »Dupont ist offiziell unser Kurator, und er bekommt den Schlüssel von mir.«
    »Wir wollen in dieser Hinsicht keinen Ärger«, sagte der Colonel.
    »Ich muss mir die Ausstellung unbedingt ansehen«, sagte Dorothy Dawes, als verlangte das ein Höchstmaß an Planung. Sie unterrichtete die »Babys« in der ersten Klasse und schien in ihrem Nest aus Strickwolle und Klebepapier wie herausgelöst aus dem üblichen Schulalltag. Zur ihrer ständigen Ausrüstung gehörten Polos und Rolos, Pfefferminz- und Schokoladenbonbons, die sie freigebig als Trost und als Belohnung verteilte. Ob die Dawes auch eigene Kinder hatten, wusste Peter nicht.
    »Ich habe ihnen für den Anfang auch einige Sachen geliehen«, sagte der Direktor. »Ein Porträt und ein Geweih.«
    »Ja, richtig, übrigens herzlichen Dank dafür«, sagte Peter feierlich. »Wir haben auch einige interessante Gegenstände aus der Zeit der Valances.«
    »Ah ja …«, sagte der Direktor, und seine Miene verdüsterte sich. »Das bringt mich zu einem gewissermaßen heiklen Punkt, den Sie bitte unbedingt für sich behalten.« Jetzt folgte vermutlich das Thema Sex, und plötzlich kamen Peter Zweifel, ob er die witzigen Bemerkungen, die er sich über Dr. No und Ursula Andress’ Vorbau ausgedacht hatte, wirklich machen sollte. »Sie wissen ja schon, worum es geht, John, und … also, es handelt sich um Mrs Keeping.«
    Offensichtlich war das ein Reizthema, denn Mrs Keeping galt als ziemlich harte Nuss und war im Kollegium unbeliebt; alle setzten eine betont verantwortungsbewusste Miene auf.
    »Es gab ja schon vorher einige, sagen wir, Kommentare, aber jetzt hat sich Mrs Garfitt schriftlich beschwert. Sie behauptet, Mrs Keeping habe mit einem Buch nach ihrem Sohn geschlagen – es ist nicht ganz klar, wo – und ihn außerdem« – der Direktor schielte auf seine Notizen – »›zur Strafe an den Ohren gezogen, weil er falsch gespielt hat‹.«
    »Meine Güte, ist das alles?«, murmelte John Dawes, und die Hausmutter lachte bitter. »Nicht dass es irgendetwas bewirken würde.«
    »Ich habe Mrs Garfitt erklärt, dass wohlüberlegte körperliche Züchtigung zu den Dingen gehört, die eine Schule wie Corley Court aufrechterhalten. Dennoch gefällt mir die Sache nicht.«
    »Das Problem ist, dass Mrs Keeping sich nicht als Schullehrerin betrachtet«, sagte Mike Rawlins, ohne seine Kritzelei zu unterbrechen.
    »Wie sollte sie auch, dazu ist sie gar nicht ausgebildet«,

Weitere Kostenlose Bücher