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Fremden Kind

Fremden Kind

Titel: Fremden Kind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Hollinghurst
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können.
    »Ja?«, sagte Cecil noch verwegener.
    »Meine Schwester! Sie kommt drüben den Weg entlang!«
    »Oh, Mist!«, sagte Cecil, sackte zusammen und wälzte sich dann ziemlich elegant von ihm herunter. »Hat sie uns gesehen?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube nicht.« George setzte sich auf, wälzte sich ebenfalls zur Seite und langte nach seiner Hose. Cecils Sachen lagen weiter weg und machten ein rasches soldatenhaftes Robben erforderlich, weiße Pobacken, die durchs Gras wackelten.
    »Ein Sonnenbad ist doch noch nichts Schlimmes, oder?«, sagte er. »Wo ist sie?« Der rote Hut war vorläufig verschwunden. Cecil schlüpfte in seine seidene Unterwäsche, setzte sich wieder hin, unbekümmert, doch erhitzt und noch immer sicht lich erregt.
    »Zieh besser auch deine Hose an«, sagte George.
    »Ich bade doch nur in der Sonne«, sagte Cecil.
    »Trotzdem«, sagte George spitz, dem der sehr heikle Moment von vorhin noch in den Gliedern saß.
    »Eine kleine Rauferei …?«, feixte Cecil. »Und überhaupt – was war denn schon dabei? Nur ein unschuldiges Spielchen, Georgie, ganz nach Oxford-Art, mehr nicht, wohl kaum das Wahre für uns.«
    »Hose!«, kommandierte George.
    »Na gut, vielleicht hast du recht«, sagte Cecil spitz. »Schließlich wollen wir deine Schwester wohl kaum meinem membrum virile aussetzen.«
    »Ein Gentleman hätte das wohl andersherum ausgedrückt«, sagte George.
    »Was willst du damit andeuten? Ich bin ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle«, protestierte Cecil und zog sich in der Hocke seine Hose an. »Übrigens kann ich das verflixte Mädchen nirgendwo sehen.«
    »Es war aber meine Schwester, ganz bestimmt. Ihren Hut erkenne ich von Weitem.«
    »Wieso? Ist es ein Südwester?«
    »Es ist ein roter Strohhut mit einer weißen Seidenblume.«
    »Klingt grauenvoll.«
    »Meiner Schwester gefällt er eben. Aber Hauptsache, er ist gut zu sehen.«
    »Du meinst, wenn sie ihn aufhat …«
    George legte sich diverse Sätze zur Erklärung zurecht, und während er sich das Hemd zuknöpfte, probierte er verschiedene Mienen aus, die Verwunderung und Erstaunen über die Fragen seiner Schwester zum Ausdruck bringen sollten. »Na ja, vielleicht hat sie uns ja doch nicht gesehen«, sagte er nach einer Minute.
    Cecil musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Du hast dir das mit deiner Schwester doch nicht etwa nur ausgedacht, um mir das Oxford-Spielchen mit dir zu verderben, oder, Georgie? Solche Tricks funktionieren nämlich nie und nimmer.«
    »Nein, Cess, das habe ich mir nicht ausgedacht«, sagte George, im ersten Moment verärgert. »Meine Güte, Darling, morgen bist du wieder weg. Ich will so viel von dir haben, wie … wie es eben geht.«
    »Na gut«, sagte Cecil etwas beschämt, stand auf, reckte sich und beugte sich zu ihm hinunter, um ihm aufzuhelfen.
    Nachdem sie auch ihre Schuhe und Jacketts wieder angezogen hatten, küsste Cecil ihn mit einem »Du erlaubst?« rasch auf den Mund, riss ihre Kopfbedeckungen herunter und tauschte sie aus, setzte sich Georges Strohhut auf die schwarze feuchte Lockenpracht und stülpte Georges größerer runderer Birne seine eigene grüne Tweedmütze über – dort saß sie keck, was er offenbar sehr lustig fand. Sie rappelten sich auf, gingen am Teich vorbei, dem kleinen Bach, dessen Murmeln sich schnell verlor. George fing an, laut über irgendwelche College-Angelegenheiten zu sprechen, unsinniges Zeug, und wieder auf dem Hauptweg angelangt, schritten sie aus wie zwei Freunde, die den Wald für sich allein zu haben glaubten. Als sie Daphne sahen, wurde deutlich, dass sie nichts anderes im Sinn hatte als sie, so zu tun, als wollte sie nur frische Luft schnappen, aber vor allem in der Hoffnung, auf sie beide zu stoßen und sich ihnen anschließen zu können. Sie wusste nur zu gut, dass sie nicht offen nach ihnen suchen durfte. Als ihr Weg den der beiden Jungen kreuzte, duckte sie sich schüchtern mit ihrem roten Hut ins Gebüsch, wie ein Mädchen aus einem Märchen. George war wütend auf sie, sah aber ein, dass hier besonderer Takt nötig war. Ihr Verhalten zeigte ihm, dass sie Cecil und ihn nicht zusammen im Gras gesehen hatte. »Daphne!«, rief Cecil und winkte freundlich. Daphne blickte ehrlich überrascht auf, winkte ebenfalls und eilte ihnen entgegen. »Was meinst du?«, murmelte Cecil.
    »Ich glaube, es ist alles bestens«, sagte George. »Sie kennt sich mit diesen Dingen sowieso nicht aus.« Seine Sorge war nicht, dass sie wissen könnte, was sie getrieben

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