Fremder in einer fremden Welt
mit warmem Wasser, in die man hineinstieg und sich einweichte. Deshalb nahmen sie sich manchmal Hotelzimmer und mieteten einen Wagen. Mike war, anders als sie, nicht von klein auf dazu erzogen worden, Schmutz zu verabscheuen. Er war jetzt ebenso sauber wie sie - aber nur, weil sie es ihm beigebracht hatte. Er konnte sich untadelig sauber halten, ohne sich zu waschen, ebenso wie er nie mehr zu einem Friseur mußte, seit er wußte, wie Jill sein Haar am liebsten hatte. Aber Mike genoß die Zeit, die sie in Hotels verbrachte allein wegen des Badens. Er liebte es immer noch so sehr in das Wasser des Lebens einzutauchen - ungeachtet seines nicht vorhandenen Bedürfnisses, sich zu waschen. Auch hatte er keine abergläubischen Gefühle mehr, was Wasser betraf.
Das Imperial war alt und schäbig, aber die Wanne in der Hochzeitssuite war groß. Jill ging sofort ins Bad und ließ sie vollaufen. Es überraschte sie gar nicht, sich plötzlich zum Baden ausgezogen zu finden. Der liebe Mike! Er wußte, wie gern sie einkaufte. Deshalb zwang er sie, ihrer Schwäche nachzugehen, indem er Kleidung, die sie nicht länger entzückte, ins Nirgendwo sandte. Das hätte er täglich getan, wenn sie ihn nicht gewarnt hätte, daß sie sich durch zu viele neue Kleider auf dem Jahrmarkt verdächtig machen würde.
»Danke, Lieber!« rief sie. »Steigen wir hinein!«
Er hatte sich entweder ausgezogen oder seine Sachen verschwinden lassen - ersteres, entschied sie; Mike hatte kein Interesse am Kleider kaufen. In Kleidern sah er keinen anderen Sinn als einen Schutz gegen das Wetter, und den hätte er nicht einmal gebraucht. Sie setzten sich in der Wanne gegenüber. Jill schöpfte Wasser mit der Hand, führte es an ihre Lippen, bot es ihm dar. Das Ritual war nicht notwendig. Es freute Jill einfach, wenn sie sich beide an etwas erinnerten, an das sie in alle Ewigkeit nicht eigens erinnert zu werden brauchten.
Dann sagte sie: »Ich dachte daran, wie komisch dieser gräßliche Sheriff mit nichts auf dem Leib aussah.«
»Sah er komisch aus?«
»Oh, und wie! Ich hatte Mühe, nicht lauthals loszulachen. Aber ich wollte nicht, daß man uns bemerkt.«
»Erkläre mir, warum er komisch aussah. Ich erkenne den Witz nicht.«
»Hmmm, mein Liebling, ich glaube nicht, daß ich das kann. Es war kein Witz - nichts in der Art von Wortspielen und solchen Dingen, die erklärt werden können.«
»Ich habe nie gegrokt, daß er komisch war«, sagte Mike. »In beiden Männern - dem Richter und dem Gesetzeshüter - grokte ich Verkehrtheit. Hätte ich nicht gewußt, daß es dir mißfallen würde, hätte ich sie weggeschickt.«
»Lieber Mike.« Sie berührte seine Wange. »Guter Mike. So, wie du es gemacht hast, war es besser. Das wird in dieser Stadt nie in Vergessenheit geraten - fünfzig Jahre lang wird dort niemand mehr wegen unanständiger Entblößung festgenommen werden. Laß uns von etwas anderem reden! Ich wollte dir sagen, wie leid es mir tut, daß unsere Nummer ein Flop geworden ist. Ich habe mir mit dem Text große Mühe gegeben - aber ich bin auch keine Schaustellerin.«
»Es war mein Fehler, Jill. Tim spricht richtig - ich groke Trottel nicht. Aber das Leben auf dem Jahrmarkt hat mir geholfen. jeden Tag habe ich Trottel besser gegrokt.«
»Du darfst sie nicht Trottel nennen, auch nicht Gimpel, jetzt, wo wir nicht länger dazuzgehören. Es sind einfach Leute - keine >Trottel<.«
»Ich groke, daß sie Trottel sind.«
»Ja, Lieber. Aber es ist nicht höflich.«
»Ich werde es mir merken.«
»Hast du dich entschieden, wohin wir gehen sollen?«
»Nein. Wenn die Zeit kommt, werde ich es wissen.«
Das stimmte. Mike wußte es immer. Seit er vom Gehorsam zur Dominanz übergewechselt war, hatte er ständig an Kraft und Sicherheit zugenommen. Der Junge (oder jedenfalls erschien er damals wie ein Kind), der es ermüdend fand, einen Aschenbecher in der Luft zu halten, konnte jetzt nicht nur Jill festhalten (was sich wirklich wie ein >Schweben auf Wolken< anfühlte), während er andere Dinge tat und fortfuhr zu sprechen, sondern war auch zu jeder anderen notwendigen Kraftanstrengung fähig. Jill dachte an einen schlammigen Platz, auf dem ein Lastwagen eingesunken war. Zwanzig Männer versuchten, ihn freizubekommen Mike fügte seine Schulter hinzu. und der Lastwagen bewegte sich.
Sie hatte genau gesehen, was passiert war. Das eingesunkene Hinterrad hatte sich scheinbar von selbst aus dem Schlamm befreit. Aber inzwischen war Mike klüger geworden und ließ bei
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