Fremder in einer fremden Welt
du diese Bücher aufheben? Ich könnte sie zu Jubal schicken.«
Er schnippte mit den Fingern, und sie waren alle bis auf Patricias Geschenk verschwunden. »Wir heben nur das eine auf; Patricia würde es merken. Aber, Jill, im Augenblick muß ich in den Zoo gehen.«
»Gut.«
»Ich möchte, wenn ein Kamel mich anspuckt, zurückspucken und es fragen, über was es so sauer ist. Vielleicht sind die Kamele die >Alten< auf diesem Planeten. und das ist es, was an diesem Ort verkehrt ist.«
»Zwei Witze an einem Tag, Mike.«
»Ich lache nicht. Du auch nicht. Und das Kamel auch nicht. Vielleicht grokt es, warum nicht. Ist dir dieses Kleid recht? Möchtest du Unterwäsche haben? Ich habe gesehen, daß du vorhin welche hattest, als ich deine Kleider verschwinden ließ.«
»Bitte, Lieber. Es ist frisch.«
»Hoch mit dir!« Er levitierte sie zwei Fuß. »Höschen. Strümpfe, Strumpfhaltergürtel. Schuhe. Hinunter mit dir! Hebe die Arme. Büstenhalter? Du brauchst keinen. Nun noch das Kleid - und du bist salonfähig. Und hübsch, was das auch sein mag. Du siehst gut aus. Vielleicht kann ich einen Job als Kammerzofe bekommen, wenn ich zu sonst nichts tauge. Baden, Haare waschen, massieren, frisieren, Make-up, ankleiden für alle Gelegenheiten - ich habe gelernt, Ihre Fingernägel zu Ihrer Zufriedenheit zu maniküren. Wäre das alles, Madam?«
»Du bist eine perfekte Kammerzofe, Lieber. Aber ich werde dich für mich alleine behalten.«
»Ja, das groke ich. Du siehst so gut aus, daß ich glaube, ich werfe deine Kleider weg und mache dir eine Massage. Eine von der Art des Zueinanderwachsens.«
»Ja, Michael.«
»Ich dachte, du hättest gelernt zu warten? Zuerst mußt du mich in den Zoo bringen und mir Erdnüsse kaufen.«
»Ja, Mike. Jill kauft dir Erdnüsse.«
Es war windig und kalt im Golden-Gate-Park, aber Mike nahm keine Notiz davon, und Jill hatte gelernt, wie man nicht friert. Trotzdem war es angenehm, die Zügel der Beherrschung in dem warmen Affenhaus lockerzulassen.
Abgesehen von der Wärme gefiel es Jill im Affenhaus gar nicht - die Insassen waren auf deprimierende Weise menschlich. Wie sie meinte, war sie für immer mit der Prüderie fertig; sie hatte eine asketische, beinahe marsianische Freude an allen körperlichen Dingen entwickelt. Das öffentliche Kopulieren und Sichentleeren dieser Affen verletzte sie nicht. Diese armen eingesperrten Leute besaßen keine Privatsphäre, es war nicht ihre Schuld. Sie konnte zusehen, ohne sich abgestoßen zu fühlen, und ihre eigene Sauberkeit blieb davon unberührt. Nein, es lag daran, daß sie >menschlich< waren - jede Handlung, jeder Ausdruck, jeder verwirrte, beunruhigende Blick erinnerte sie an das, was ihr an ihrer eigenen Rasse am wenigsten gefiel.
Jill zog das Löwenhaus vor - die großen Löwen, die sogar in der Gefangenschaft arrogant waren, die ruhige Mütterlichkeit der Löwinnen, die herrenhafte Schönheit der bengalischen Tiger, denen der Dschungel aus den Augen leuchtete, die kleinen Leoparden, schnell und tödlich, der Geruch nach Moschus, den die Klimaanlage nicht beseitigen konnte. Mike teilte ihren Geschmack; sie pflegten Stunden hier oder im Vogelhaus oder im Reptilienhaus oder bei der Beobachtung der Seehunde zu verbringen. Einmal hatte er zu ihr gesagt, wenn man auf diesem Planeten aufgezogen werden müsse, wäre es etwas sehr Gutes, ein Seelöwe zu sein.
Als Mike das erste Mal einen Zoo gesehen hatte, war er sehr aufgebracht gewesen, und er wollte sich schon daranmachen, die Tiere zu befreien. Jill sah sich zu dem Befehl gezwungen, er solle warten und groken. Schließlich räumte er ein, daß die meisten Tiere da, wo er sie hatte loslassen wollen, nicht leben konnten. Ein Zoo war gewissermaßen ein Nest. Später zog er sich für Stunden zurück, und danach drohte er nie mehr, Stangen seien mehr dazu da, die Leute draußen als die Tiere drinnen zu halten, was er nicht gleich gegrokt habe. Von da an versäumte Mike nie, den Zoo zu besuchen, wohin sie auch gingen.
Aber heute konnte nicht einmal die Misanthrophie der Kamele Mikes düstere Stimmung verscheuchen. Auch die Affen heiterten ihn nicht auf. Mike und Jill standen vor einem Käfig, der eine Familie von Kapuzineräffchen enthielt, die aßen, schliefen, poussierten, sich lausten und ziellos umherschwärmten, während Jill ihnen Erdnüsse zuwarf. Die >Bitte nicht füttern<-Schilder störten sie nicht.
Sie warf eine einem Mönchsaffen zu. Bevor er sie essen konnte, kam ein größeres Männchen und
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