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French 75: Ein Rostock-Krimi

French 75: Ein Rostock-Krimi

Titel: French 75: Ein Rostock-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard R. Roesch
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hinüber. Letzterer war viertausendneunundvierzig Meter hoch und von ewigem Eis bedeckt. Tobias wollte sein neues Gedicht Ewiges Eis nennen.
    Und wiederkommen wollte er auch, auch wenn er sein Stipendium in den Bergen jetzt abbrechen musste.

VIII.
     
    Pawel Höchst schlich aus dem Zimmer, während sich Susanne noch im Schlaf hin und her wälzte, und ging hinunter in die Küche. Er hatte gestern Abend das Haus erst betreten, nachdem seine Frau das Schlafzimmerlicht ausgeschaltet hatte. Der Wecker seiner Armbanduhr hatte ihn geweckt, den er gestellt hatte, um sicher zu gehen, dass er vor ihr wach wurde und sie ihn nicht sah.
    Bei Wortgefechten mit Frauen konnte ein Mann nicht gewinnen, meinte Pawel, er könnte höchstens ein Patt schaffen. Dem Mann fehlte es einfach am Trieb, verbal zu verletzen. Wurde er in die Enge getrieben, verletzte er lieber nonverbal. Es gab für ihn nur eine Notwehr gegen Sätze, denn Sätze waren oftmals Schwerter. Diese Notwehr bestand aus Schweigen und dem Sprechen mit den Händen.
    Verletzen, genau das wollte er ihr aber nicht antun. Also konnte reden zu einer verdammt gefährlichen Sache werden. Pawel hatte diese Erkenntnis immer wieder aus den Mündern der Hochseefischer gehört. Seine ehemaligen Kollegen hatten verzweifelt geklungen, und sie waren verzweifelt gewesen. Die Männer hatten sich auf den Fischtrawlern im Schweigen trainiert, und sie waren der ewig palavernden See dankbar gewesen, verstummen zu können. Pawel wusste, warum der Mann die See liebte.
    Er ging mit seinen Klamotten unterm Arm die Wendeltreppe hinunter, nachdem er einen Blick ins Zimmer seiner Zwillinge geworfen hatte. Die Jungs schliefen, und einen langen Moment konnte der Vater sich nicht vom Anblick der beiden Fünfjährigen losreißen, doch dann schloss er geräuschlos die Tür.
    Als er nun den Kühlschrank schloss, den Fernseher einschaltete und einen langen Schluck aus der Milchflasche nahm, hörte er es. Doch erst als er die Augen aufriss und zusah, wie Tina Schneiders Leiche abtransportiert wurde, zersprang die Milchflasche auf den Küchenfliesen. Was war da denn los? Pawel hielt den Atem an.
    »Wie VOX soeben erfährt, hat das Opfer als Letztes eine Sendung unseres Senders gesehen. VOX ist sehr betroffen über den Tod von Tina S. VOX richtet eine Spendenhotline für Opfer von Gewaltdelikten ein.«
    Der Privatdetektiv starrte auf das fröhliche Gesicht seiner Klientin. Ein Foto aus Schulzeittagen. Er sah auf die weiße Lache zu seinen Füßen, bemerkte die vielen Splitter, schaltete den Fernseher aus und ging in die Nische des Wohnzimmers, in der ein Computer stand, mit dem seine Frau die Rechnungen für ihren Näh- und Waschservice schrieb. Er schaltete ihn ein und las wenig später im Internet unter der Rubrik Topmeldung:
    Der Meistermörder hat nun in Rostock zugeschlagen. Die Kriminalpolizei dementiert aber noch einen Zusammenhang zu den anderen vierzehn Frauenmorden, die Deutschland bislang in Atem gehalten haben. Man vermutet offiziell einen Trittbrettfahrer aus dem familiären Umfeld, wollte aber nicht weiter darauf eingehen. Die Tote war so schnell gefunden worden, weil die Polizei informiert worden war. Keine zwei Stunden nach der Tat hat die Polizei die Seestadt Rostock abgeriegelt. Jedes Auto wird durchsucht, ebenso jedes auslaufende Schiff. Kein Flugzeug hat seither von Rostock-Laage abgehoben. Der Meistermörder sitzt in der Falle, wenn er doch mit diesem Mord zu tun hat. Es existiert zwar kein Fahndungsbild, aber es wird mit allen Kräften nach auffälligen Personen gesucht. Parallel wird das nähere Umfeld der Toten durchleuchtet, die Polizei ermittelt in alle Richtungen. Kann Deutschland aufatmen?
    Noch keine zwei Stunden? Pawel schaltete den PC wieder aus und befand sich wenig später auf dem Weg zum Tatort. Er heizte den alten Peugeot durch die Nacht, von der See her stürmte der Wind ihm entgegen, türmte Wolken auf, aus denen immer wieder Regenschauer quer kamen. Nirgends ein Stern.
    Pawel schaltete die Blendscheinwerfer ein und raste über die Stadtautobahn Richtung Norden. Auf der anderen Fahrbahn sah er drei Straßensperren, kurz hintereinander, und in den Ortsteil Lichtenhagen kam er mit dem Auto erst gar nicht hinein. Wenn, dann aber richtig, so hieß es hier doch oft.
    Der Detektiv stellte den Wagen auf einem Behindertenparkplatz ab und lief durchs Neubauviertel. Die Blaulichter waren weithin sichtbar und ein Helikopter tastete mit riesigen Lichtfingern die Innenhöfe der

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