Frettnapf: Roman
es. Die brauchen ein Gehege von der Größe dieser Wohnung hier. Wobei man zusätzlich auch noch in einen Raum ein Schwimmbecken einbauen müsste. Und da macht Hondos Vermieter nicht mit.«
Was ich lediglich als witzige Bemerkung gedacht hatte, war also schon ein neues Geschäftsmodell in Svens Hirn. Wenigstens kommt er nicht auf die Idee, mich als Frettchensitter in Betracht zu ziehen. Immerhin habe ich mit Idi Amin noch eine Rechnung offen, selbst wenn ich mir immer wieder einzureden versuche, ihm meine unfreiwillige Sterilisation verziehen zu haben. Eigentlich erstaunlich, dass ich es diesbezüglich nicht schaffe, mir was vorzumachen. Tatsächlich habe ich immer wieder Albträume, in denen mich das dämliche Frett wieder erwischt. Erst letzte Woche flog ich im Traum gerade in einer Münchner Straßenbahn nach London. Kapitän Frank Durham erklärte gerade Route, Flughöhe und wo man umsteigen muss, wenn man zum Trafalgar Square möchte, als plötzlich Idi Amin unter dem Sitz vor mir auftauchte und in mein Hosenbein kroch. Noch bevor er zubeißen konnte, zwang ich mich aus dem Schlaf und lag dann stundenlang wach aus Angst, wieder in der Tram zu landen. Ich wusste, dass der kleine pelzige Kastrator nur darauf wartete, sich wieder heimtückisch an mich heranzupirschen. Immerhin war es ihm im Traum schon zigmal gelungen.
Ich helfe Sven, seine Sachen in sein Zimmer zu schleppen, und setze mich dann zu ihm auf seine Ausziehcouch. Ihm fällt sofort auf, dass ich beschissen aussehe, und er kann das sogar ohne meine Hilfe mit Jessi in Verbindung bringen. Die Frage, was er wohl an meiner Stelle täte, hätte ich jedoch nicht aufwerfen sollen, denn Svens Antwort ist mir dann doch etwas zu ehrlich.
» Keine Ahnung, ich würde das schon irgendwie packen. Aber für dich ist das echt ’ne üble Situation, wenn’s dir vor allem um Sicherheit in deinem Sinn geht, also um finanzielle Sicherheit.«
» Sicher, Schlaubi! Mir geht’s nur ums Geld.«
» Worum denn sonst?«
» Um alles. Und, ja, nicht jeden Tag an den Kontostand denken zu müssen, ist ein Teil davon.«
» Eben. Und ich stelle lediglich fest, dass das für dich schwierig wird. Zum einen, weil du echt ein Problem hast, dich für irgendwas zu begeistern oder zu interessieren. Zum anderen, weil du nichts kannst.«
» Danke.«
» Ja, komm. Das bisschen Gequatsche auf Messen, also, das kriegt doch wohl jeder hin.«
» Super, Sven. Das hilft mir wirklich sehr.«
» Mein Gott! Irgendwer muss dir doch mal sagen, was Sache ist. Du nimmst dir ja nicht mal was vor, sondern findest einfach alles auf Anhieb doof.«
Mein Widerspruch hält sich in Grenzen. Es ist schließlich auch fast alles unsinnig, dämlich oder reine Zeitverschwendung. Für etwas Sinnvolles wie ein Studium ist der Zug vor zehn Jahren abgefahren, der für eine Ausbildung noch früher. Ich muss mit dem zurechtkommen, was ich mir so angeeignet habe, denn andere Talente fehlen mir.
» Es gibt auch Jobs, für die man keine Ausbildung braucht. Immobilienmakler, zum Beispiel«, versucht Sven mich zu trösten.
» Oder Bettler.«
» Tut mir leid, dass ich dir nicht die Lösung für all deine Probleme auf einem Silbertablett servieren kann.«
» Aber Makler sind einfach das letzte Gesocks. Zumindest hier in Deutschland.«
Und damit untertreibe ich noch. Klar, es mag auch gute Immobilienmakler geben, solche, die sich bemühen, die Service bieten, die demjenigen, der sie bezahlt, auch ein Ergebnis liefern. Der Großteil besteht aber meiner Erfahrung nach aus unangenehmen Typen, die einem sofort zu verstehen geben, dass man ihnen in den Arsch kriechen muss, wenn man eine neue Wohnung bekommen will. Wer Fragen stellt oder gar erwartet, eine Immobilie alleine und in Ruhe besichtigen zu können, wird gleich aussortiert.
» Oder du gehst in die Politik«, schlägt Sven als Letztes vor, und ich muss lachen, da ich diesen Plan auch schon hatte. Irgendwo hatte ich gelesen, dass es achtzig Stadträte gibt, die jeweils um die zweitausend Euro bekommen. Einer von denen zu werden, kann doch nicht so schwer sein. Also bin ich vor knapp acht Wochen mit einer Gast-Mitgliedschaft in die SPD eingetreten und erhalte seitdem immer wieder E-Mails von einer gewissen Beate, der Lokalheldin der Partei, in der sie mich als Genossen grüßt und mir verrät, wo man sich in den kommenden Tagen trifft. Meistens in der Deutschen Eiche, dem angeblich ältesten Treffpunkt der schwul-lesbischen Szene, wie die Homepage verrät. Leider
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