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Frettnapf: Roman

Frettnapf: Roman

Titel: Frettnapf: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Murmel Clausen
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setzen, entscheide mich aber dafür, lieber zu warten, bis wir nüchtern sind. Dann setzen wir uns gemeinsam in das blöde Gummiboot, blödeln noch ein paar Minuten darin herum, bis wir endlich unabhängig voneinander in uns zusammensacken und einschlafen. Manchmal dauert es eben achtunddreißig Jahre, um einen Menschen kennenzulernen. Selbst, wenn es der eigene Vater ist.

Erotikmesse
    »Unter dem Begriff Non Erotik bietet die Venus Anbietern erotikfreier Produkte eine Ausstellungsplattform, dieesihnen ermöglicht, ihre Geschäftsfelder auszuweiten.«
    » Ich glaube, ich bin seekrank«, ist das Erste, was ich einige Stunden später von Papa höre. » Wo ist denn die Toilette?«
    Ich deute grob in irgendeine Richtung, er versucht sich aus dem Kanu zu rollen, lässt es aber stattdessen kentern, wobei ich mit dem Kopf auf das Parkett schlage, und verschwindet. Die Welt schwummert um mich herum, und ich schwöre mir, dass dies das letzte Mal war. Kein Alkohol mehr, kein Rausch, kein… meine Güte, ist mir schlecht. Kaum habe ich mich aufgerichtet und neben meinem Kleiderhaufen wieder gesetzt, fummle ich mein Handy aus der Tasche, um zu kontrollieren, ob ich etwa betrunken telefoniert habe. Auf dem Display entdecke ich eine Nachricht von Jessi, gesendet um 5:34 Uhr. » Ruf mich an.«
    Die Anrufliste ist, Gott sei Dank, leer. Es ist kurz nach neun, und sicher wäre es schlau, erst mal den verdammten Wellengang um mich herum abzustellen und Jessi dann gegen Mittag anzurufen. Vorher sollte ich auch noch meinen Zeitplan überprüfen. Wegen meiner neuen Beschäftigung als Buchhalterdarsteller und der Abende bei Hip FM werde ich mich darauf konzentrieren müssen, einen Vertreter für meinen Messejob zu finden, was allerdings nicht allzu schwer sein sollte. Ich kenne die meisten anderen Moderatoren, die dafür infrage kommen, recht gut. Bleibt nur zu hoffen, dass sie nicht schon bei anderen Anbietern zugesagt haben.
    Tatsächlich habe ich nach nur drei Absagen Tommy an der Strippe. Wir haben in der Vergangenheit schon einige Jobs zusammen erledigt und begegnen uns regelmäßig in den Hallen, die für unsere Kunden die Welt bedeuten. Unser Lebensstil ist recht ähnlich: unregelmäßige Jobs, die unverhältnismäßig gut bezahlt sind. Irgendwie schaffen wir es fast immer, auf die monatlichen zwei- bis dreitausend Euro zu kommen, die man heute in einer Stadt wie München als Auskommen benötigt. Gut, mit zwei ist es schon ein wenig eng, wenn allein die Miete mit knapp eins-drei zu Buche schlägt. Aber durch den Verzicht auf eine Krankenversicherung bin ich damit bisher auch zurechtgekommen. Ich muss ja nicht jeden Tag bei Tiffany’s frühstücken.
    » Logisch spring ich für dich ein«, sagt Tommy also, und mir fällt ein Stein vom Herzen. Allerdings landet er auf meinem Magen– mir ist schon durch das Scrollen in meinen Kontakten etwas übel geworden, und die beim Telefonieren entstandene Notwendigkeit, ganze Sätze sprechen zu müssen, gibt mir den Rest. Trotzdem, meine Stelle als Scheinbuchhalter beim Bülander ist gesichert. » Ruf doch einfach meinen Agenten an, der macht dann die Details mit dir aus.«
    » Seit wann hast denn du einen Agenten?«
    » Knapp zwei Jahre. Ist doch normal.«
    » Aber der nimmt dann doch Geld von dir.«
    » Ja, und? Dafür verhandelt er besser als ich und treibt die Rechnungen ein.«
    » Okay, dein Bier. Aber den Job kriegst du jetzt ja durch mich, und verhandelt ist das auch schon.«
    » Ach so. Dann willst du jetzt die zwölf Prozent? Stimmt eigentlich. Muss ich aber mit meinem Agenten klären.«
    » Nein, Mann. Ich bin doch kein Abzocker. Du hilfst mir doch. Ich meine nur, dass der Arsch dann nichts davon bekommen sollte.«
    » Doch, der macht jetzt den Vertrag für mich klar.«
    » Der ist klar. Alles ganz normal, ich geb denen deinen Namen und die Adresse, und dann passt das.«
    » Was willst du eigentlich? Ich meine, was ich mit meiner Kohle anstelle und wem ich sie gebe, das ist mein Ding. Danke auf jeden Fall.«
    Und damit war das Thema für Tommy vom Tisch. Nicht so für mich. Ich will sofort auf meinem Handy seinen Agenten googeln, muss jedoch feststellen, dass mein vom Suff und Scrollen lädierter Schädel den kleinen Bildschirm nicht länger als vier Sekunden aushält, ohne bedrohliche Schwummrigkeit und Schmerzen zu signalisieren. Meine Anfrage beim feinen Herrn Agenten, mir doch bitte zwölf Prozent seiner zwölf Prozent für die Vermittlung des Auftrags zu überweisen, muss bis

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