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Frettnapf: Roman

Frettnapf: Roman

Titel: Frettnapf: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Murmel Clausen
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Buchhaltung so viel anfangen wie ein Buchhalter mit Messemoderationen. Und das wird jeder Finanzbeamte innerhalb weniger Sekunden erkennen. Doch ich verzichte lieber darauf, Bülent zu erklären, wie kacke sein Plan ist. Mit unfassbar viel Glück funktioniert der Schmarrn, und ich gehe mit einem Batzen Kohle nach Hause.
    Noch ahne ich nicht, wie falsch ich mit dieser naiven Vorstellung liege. Mein Bild von München ist zu harmlos, zu schön, zu ungetrübt. Dass es hier Typen geben könnte wie diejenigen, denen ich gleich begegnen werde, war für mich nicht denkbar. Hondos und Bülents, klar. Halbstarke Sprücheklopfer, die auch mal jemandem wehtun. Aber sonst, nee. Die schweren Verbrechen finden hier doch meistens familienintern statt. Und damit meine ich keine Familie im italienischen Sinn. Ich kann mich gut an einen Messehelfer erinnern, der eigentlich Drehbuchautor werden wollte und unbedingt eine krasse Mafiaserie in München spielen lassen wollte. Er konnte gar nicht genug betonen, wie krass es in Neuperlach zugeht. Bis ich dann mal mit ihm hingefahren bin. Als uns ein Polizist mit Fahrradhelm entgegengeradelt kam, trug er seine Idee zu Grabe. Oder nach Freiburg. Da soll es ja total gefährlich sein.
    Im Café Benz erwarten mich überraschenderweise keine Beamten, die hier eine behördliche Kontrolle durchführen, sondern fünf Typen in Trainingsklamotten. Ich vermute, dass einem von ihnen der matt olivgrün lackierte Cayenne gehört, der um die Ecke im Halteverbot geparkt steht. Mattlackieren ist das neue Tieferlegen; wer sehr viel auf sich hält, kombiniert beides und lenkt einen glanzlosen SUV durch die Stadt, der bei jeder zweiten Bodenwelle aufsetzt.
    » Geschlossene Gesellschaft«, ruft einer von den Männern. Ich halte kurz inne, denn noch könnte ich einfach auf der Stelle umkehren. Wäre da nicht Serkan, der mich sofort als » der Buchmacher« vorstellt. Serkan hat eine blutige Lippe, sein rechtes Auge ist geschwollen. Die fünf Fremden haben ihn wohl gefragt, wo Bülent oder derjenige steckt, der die Bücher macht. Jetzt steht er in Form von mir vor ihnen und hat ein äußerst schlechtes Gefühl.
    Der Typ, der mich nicht reinlassen wollte, mustert mich, rümpft seine Nase, schaut zu seinen vier Kollegen. Es werden Blicke getauscht, mit Sicherheit wird schweigend meine Glaubhaftigkeit geprüft. Danach fallen ein paar Worte in einer Sprache aus dem Osten, eine mit » tsches«, » itschs«, aber auch » ows«. Hinter und unter Dresden kommt eigentlich jedes Land als Heimat der fünf wilden Kerle in Frage. Dass drei von ihnen Plastiktüten in der Hand tragen, realisiere ich erst in dieser kurzen Pause.
    » Wo sind die Bücher?«, fragt dann einer von ihnen in gutem Deutsch mit einer leichten Einfärbung, die ich ebenfalls nicht zuordnen kann. Bulgarien, Rumänien, Weißrussland– nur Polen schließe ich aus.
    » Im Schreibtisch, rechte Schublade.«
    Mir wird signalisiert, dass ich mich bewegen soll. Mache ich, Serkans verquollene Visage mahnt mich, alles zu tun, was die Trainingscrew von mir verlangt. Ich gehe in Bülents Büro, hinter mir betreten drei der » Prüfer« das Zimmer, tuscheln und lachen leise, ich wette, wegen des Posters. Kurz darauf sitze ich am Schreibtisch, und bevor ich zur Schublade greife, weise ich die drei noch darauf hin, dass ich genau das nun tun werde, damit sie nicht denken, ich würde eine Waffe aus dem Schubfach holen und hier ein Massaker starten. Der Deutschsprechende nickt.
    Wenigstens herrscht in Bülents Schublade nicht das Chaos, das ich in jeder von meinen ausbrechen lasse, sobald ich sie öfter als einmal in der Woche öffne. Ich entdecke sofort das dicke, schwarze Buch, von dem er gesprochen haben muss, schnappe es mir und händige es den Männern aus. Da ich momentan nicht in der Lage bin, ihnen im Geiste irgendwelche witzigen Spitznamen zuzuweisen, beginne ich, sie mittels der Farben ihrer Anzüge zu unterscheiden. Der mit dem weißen Streifen an den Hosen schlägt das Buch auf und schaut es sich an. Ich habe leider nicht hineingeblickt, weiß insofern nicht mal, was für Zahlen drinstehen. Offenbar sind sie jedoch interessant. Und der mit dem weißen Streifen geübt darin, sie schnell zu verstehen. Er nickt, reicht das Buch dann dem mit den gelben Reißverschlüssen. Weißstreifen, Gelbverschluss, gute Namen. Der Dritte hat einen Bart, so werde ich ihn nennen.
    Bart ist der Furchteinflößendste. Seine Augen stehen zu nah beieinander, die Pupillen sind geweitet,

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