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Freude am Durchblick

Freude am Durchblick

Titel: Freude am Durchblick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Buechler , Klaus Juergen Becker
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abgekapselten Erlebnis wieder geöffnet. Dadurch war eine Aufarbeitung des Traumas der Großmutter möglich.
    In diesem Beispiel lässt sich nachvollziehen, welche Seelenprozesse unbewusst nicht nur in Maria, sondern in anderer Form und in anderem Ausmaß in uns allen ablaufen. Systemische Sehtherapie bedeutet die Befreiung von Leid für uns, unsere Eltern und unsere Großeltern.
    Die positive Erfahrung von Maria, wie die ganze Familie Leid aufgearbeitet hat, wird Auswirkungen auf ihre Zukunft und die ihrer Kinder haben.
    Aktivierung des Führungsauges im Beispiel Wassili
    Wie wir bereits erkannt haben, kann es fatale Folgen haben, wenn jemand genau die genetische Linie, die seinem Führungsauge – und damit seiner Lebensaufgabe –entspricht, ablehnt und versucht, sein Leben auf dem nicht dominanten Auge aufzubauen. Im Rahmen einer Sehtherapie ist es möglich, den Klienten wieder an sein Führungsauge zu erinnern und so einen Heilungsprozess einzuleiten.
    Ein weiteres eindrückliches Beispiel, wie das Erkennen der Familiengeschichte zur Heilung führen kann, ist Wassili. Wassili ist vom Führungsauge her Vaterkind, ist aber bei der Mutter groß geworden und konnte deshalb seine männlichen Anteile nicht leben und entwickeln.
    Wassili kam in meine Praxis, weil er unter Existenzangst, Schlafstörungen, Depression mit Suizidgedanken litt. Nur die Tatsache, dass er Frau und Kinder hat, hielt ihn davon ab, von der Brücke zu springen. Er brauchte Schlafmittel und nahm Medikamente gegen seine Depression. Der Auftrag eines Fernsehsenders, für den Wassili einen Film über Emotionen angenommen hatte, war der Auslöser für den jetzigen Emotionsschub. Bei den Vorbereitungen kam ihm mehr und mehr seine eigene Familiengeschichte ins Bewusstsein. Diese hatte ihn dazu geführt, sich selbst unter Druck zu setzen. Er schraubte seine Anforderungen an sich sehr hoch, wahrscheinlich zu hoch.
    Seine Eltern hatten sich getrennt, als er erst wenige Wochen alt war. Sein Vater war Musiker, wollte Karriere machen und fühlte sich durch das Kind in seiner
Entwicklung gehindert. Er glaubte, ein zweiter Karajan zu sein. Dieser Traum erfüllte sich aber nicht. Wassilis Mutter war eine begabte Künstlerin und hätte berühmt werden können. Doch sie verzichtete auf eigenen Ruhm und unterstützte stattdessen die Entwicklung ihres Sohnes. Sie entwickelte mannigfache psychosomatische Krankheitsformen, doch sie war ein Stehaufmännchen. Sie studierte, wurde Lehrerin, engagierte sich erfolgreich in der Politik und erzog Wassili alleine. Und sie erzog ihn so, wie sie selbst war: streng und leistungsorientiert. Zum Vater gab es keinen Kontakt.
    Im Alter von 49 Jahren kam die Mutter bei einem Autounfall ums Leben. Ich fragte Wassili, ob es vielleicht ein verdeckter Suizid gewesen sein könnte. Er schaute mich erstaunt an und begann zu weinen. Für ihn gab es keinen Grund und keinen Hinweis auf einen Suizid, da sie seit zwei Jahren einen Freund hatte und lockerer geworden war. Sie schien endlich glücklich zu sein. Eigentlich sollte er mit im Auto sitzen, erzählte er, und brach immer wieder in Tränen aus. Er war in einem Kanutenteam auf einer Trainingsreise. Der Trainer war der Freund seiner Mutter. Sie kam mit dem Auto hinterher und wollte mit ihm dann ins nächste Zeltlager fahren. Wassili jedoch hatte beschlossen, lieber mit seinen Kameraden, seinen gleichaltrigen Freunden, schon vorauszufahren. Es war sein Geburtstag. Deshalb saß er nicht in dem Auto, als seine Mutter ohne erkennbaren Grund gegen einen Baum fuhr. Nach zwei Tagen auf der Intensivstation starb sie. Wassili durfte seine Mutter weder im Krankenhaus noch als Tote sehen. Man wollte ihm den Anblick ersparen, er sollte seine Mutter als lebendiges Wesen in Erinnerung behalten. Die Erinnerung daran ließ die Tränen strömen.
    In seiner bisherigen Therapie wurde der Tod der Mutter nie thematisiert, es ging immer nur um seine aktuellen Probleme.
    Nach dem Tod der Mutter gab es kurzfristig Kontakt zum Vater, der jedoch bald wieder abbrach, weil sich der Vater nicht wirklich für seinen Sohn interessierte. Als Wassili heiratete, lud er den Vater zur Hochzeit ein. Er kam nicht, teilte ihm einen Tag später lediglich per Fax mit, dass es aus terminlichen Gründen nicht möglich gewesen sei.
    Wir begannen die erste Therapiesitzung mit dem Vaterauge. Das Mutterauge war mit einer Augenklappe abgedeckt.

    Bild 5
    Cornea von Wassili zu Beginn der Sitzung
    Der Raum wurde von ihm (Vater) als zu

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