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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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wird die Welt aber freuen.“
    „Das sollte Sie selbst freuen.“ Er lächelte. „Sie haben allen Grund, sich über sich selbst zu freuen.“
    „Ich lebe gerne alleine. Und ich koche manchmal, nur für mich, Menüs mit zehn Gängen. Einfach für mich.“
    „‚Nur‘ für Sie selbst? Warum ‚nur‘? Und: Allein zu leben kann ebenso gut sein, wie nicht allein zu leben. Und sich zu verwöhnen ist eine gute Sache. Aber Sie haben diese Attacken. Da ist also etwas, das Ihnen nicht passt.“
    „Ich bin ganz zufrieden, denke ich.“
    „Überlegen Sie, ob das stimmt. Ob Sie nicht vielleicht vor einem Umbruch stehen, etwas ganz anderes machen möchten. In eine neue Richtung gehen möchten. Und denken Sie über dieses Nichts und Niemand nach.“
    „Ich bin kein Typ für die klassische Zweierbeziehung.“
    „Hätten Sie gerne eine? Aber davon rede ich eigentlich auch nicht, ich rede von Ihnen, ausschließlich von Ihnen.“ Er sah auf die Uhr. „Du liebe Güte, wir haben unsere Zeit ziemlich überzogen. Also was ist: Haben Sie Lust auf ein paar weitere Gespräche? Sie könnten einen Großteil des Honorars von der Krankenkasse zurückbekommen. Entweder Sie zahlen bar oder mit Erlagschein. Wenn Sie wollen, dass unsere Gespräche ganz unter uns bleiben, dann zahlen Sie bar und können natürlich nicht für den Krankenkassenzuschuss einreichen. Unter gewissen Umständen dürfen Krankenkassendaten verwendet werden, bedanken Sie sich bei unserer Regierung. Meine Steuern zahle ich trotzdem, das kann ich Ihnen versichern. Aber bei Ihnen geht es wohl ohnehin nicht um Geheimhaltung und in meinen Aufzeichnungen kommen Sie nur als Kürzel vor, für alle Fälle. Wenn Ihnen aber eine Frau als Gesprächspartnerin lieber ist, könnte ich Ihnen auch Kolleginnen empfehlen. Und ich schreibe Ihnen einen guten Internisten auf, damit Sie zur Sicherheit ein paar Herzuntersuchungen machen. Obwohl …“
    „Ja, ich möchte schon weiterreden“, sagte ich und war irritiert. Ich musste ja sogar weiterreden, mein Auftrag, der Mord im Freud-Museum.
    Er zückte seinen Kalender, ich tat dasselbe. Wir vereinbarten einen Termin für kommende Woche. Doch so lange konnten meine Fragen über seine Beziehung zu der jungen Amerikanerin nicht warten. Höchste Zeit, sie endlich zu stellen. Ich suchte nach einer Einstiegsformulierung. Er sprang auf, ich tat automatisch dasselbe, er schüttelte mir eilig die Hand, öffnete energisch die Tür und begrüßte den nächsten Patienten, einen Mann um die fünfzig in einem gut geschnittenen grauen Anzug und mit dezentem braunem Lederaktenkoffer. Was konnte der für psychische Probleme haben? Ich musterte ihn so beiläufig wie möglich. Nicht einmal ein nervöser Tick. Vielleicht war er auch bloß der Steuerberater meines Psychotherapeuten. Wie sich das anhörte. Der blonde, braun gebrannte Typ, der jetzt also mein Psychotherapeut war, winkte mir noch einmal und dann ging die Tür zu seinem Zimmer zu.
    Ich war irritiert. Ich hatte nur über mich geredet. Nur über mich. Nein, nicht „nur“ – also über mich selbst. Ich selbst. Ohne sonst etwas. Komisches Gefühl. Ich atmete tief durch und versprach mir, wieder klar zu denken: Ich hatte meine Aufgabe vermasselt.
    Wieder in der Redaktion, starrte ich auf meinen Computerbildschirm und versuchte, mich als „ich selbst“ zu fühlen. Ohne etwas zu tun. Nur als „ich selbst“. Da es für heute ohnehin zu spät war, um noch nach Italien aufzubrechen, und ich außerdem nicht genau wusste, wie ich Ulrike meinen Misserfolg beibringen sollte, hatte ich kurz beim „Magazin“ vorbeigeschaut. Und war mit seltenem Entzücken von meiner Ressortchefin begrüßt worden. Ich hätte sofort umkehren sollen.
    Eine halbe Stunde später war klar gewesen, dass ich auch in den nächsten Tagen nicht wegfahren würde. Beide meine Kollegen waren krank geworden: Sie hatten sich bei einem Empfang der neuen Air-Allianz eine Salmonellenvergiftung zugezogen. Die Ressortleiterin musste morgen nach Oman – auf Einladung des dortigen Tourismusministeriums, das sich dafür nette Geschichten über die Schönen und Reichen erwartete, die in ihrem schönen und grundsätzlich auch reichen Land Urlaub machten.
    Ich hatte also die Aufgabe, mich um die Routinearbeiten im Lifestyle-Ressort zu kümmern. Und ich würde schon bald einen weiteren Anlauf nehmen, um Ulrikes Freund über seine Beziehung zur Toten im Freud-Museum auszuhorchen. Diesmal würde ich mich nicht überraschen lassen.
    Frau Schneider

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