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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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„Sorry, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Es war nicht sexistisch gemeint.“
    Ich musste wider Willen grinsen. Die politische Korrektheit trieb seit einiger Zeit in den USA seltsame Blüten. Aber offenbar war es für die meisten Männer eben bequemer, jeden Körperkontakt mit Frauen zu unterlassen, als darauf zu achten, welche Signale von der Frau ausgingen.
    „Wir werden den Mörder finden. Ich sage Ihnen, Mira, er wird bei den Nazianhängern zu finden sein. Alles passt zusammen.“
    Ich hatte es längst aufgegeben, ihm zu widersprechen. Er schien keinen Alkohol zu brauchen, um sich andauernd zu wiederholen. Also schüttelte ich bloß den Kopf und sah auf die Uhr.
    „Er muss seine gerechte Strafe bekommen. Es muss ein Exempel statuiert werden. Die Leute hier müssen endlich begreifen, dass Antisemitismus kein Kavaliersdelikt ist. Und dass solche Morde so streng wie möglich bestraft werden müssen. Es ist ein Fehler, dass es in Ihrem Land keine Todesstrafe gibt.“
    Ich glaubte, mich verhört zu haben. „Die Todesstrafe?“
    „Natürlich. Wie sonst soll man vorsätzlichen Mord rächen? Noch dazu Mord mit solchen Motiven? Die Todesstrafe gibt es nur nach einem gründlichen Verfahren, das versteht sich von selbst. Aber glauben Sie mir, es sind keine Unschuldigen, die hingerichtet werden. Ihre Schuld wurde mehrfach erwiesen.“
    „Sie sind also Antifaschist und für die Todesstrafe?“
    Jetzt sah er überrascht aus. „Natürlich. Ich bin doch kein Pazifist.“
    „Bei den Nazis hat es die Todesstrafe gegeben.“
    „Beleidigen Sie unser Land nicht, das ist etwas ganz anderes. Wir sind eine Demokratie und bei uns wurde die Todesstrafe von den gewählten Volksvertretern beschlossen. Auch wenn viel Propaganda dagegen gemacht wird.“
    „Der Staat darf also entscheiden, wen er tötet?“
    „Natürlich, nach einem gründlichen rechtsstaatlichen Verfahren.“
    „Und das Problem war für Sie bloß, dass die Nazis für die Juden kein solches rechtsstaatliches Verfahren entwickelt haben.“
    Er reagierte empört. „Hören Sie sofort damit auf, die Todesstrafe mit dem Holocaust gleichzusetzen.“
    „Ich setze sie nicht gleich, ich glaube nur nicht daran, dass der Staat töten darf“, sagte ich sanft und trank meinen dritten Whiskey aus. „Ich halte Menschen für unglaubwürdig, die alle Österreicher für Nazis halten und gleichzeitig nach der Todesstrafe schreien.“ Ich stutzte. „Was ist eigentlich mit den Österreicherinnen? Halten Sie die auch für Nazis?“
    Er sah mich überrascht an. „Ich weiß nicht … Frauen waren wohl immer dabei.“
    „Aber nicht in der Lage, selbst politisch zu handeln. Selbst Nazis zu sein.“
    „Es hat Wärterinnen gegeben und so … aber das waren wohl eher Mitläuferinnen.“ Er stutzte. „Hitler war ein Mann“, sagte er dann und sah mich triumphierend an.
    „Die Typen, die in den USA für die Todesstrafe sind, sind auch mehrheitlich Männer. Und die Medienleute, die dafür sind, auch. Und die Politiker, die daran festhalten, auch.“
    „Täuschen Sie sich nicht. Bei uns gibt es eine Menge vernünftiger Frauen, die für die Todesstrafe sind.“
    „Und gegen die Abtreibung?“
    „Ja, natürlich.“
    „Das sind dann die gleichen, die Österreich vorwerfen ein Naziland zu sein.“
    Ich spürte, wie ich von Sekunde zu Sekunde zur pazifistischen, antifaschistischen Feministin wuchs. Gar kein übles Gefühl, es den Typen zu zeigen. Den Ignoranten da in Österreich und den überheblichen Besserwissern in den USA. Allerdings lehnte bloß dieser mickrige Journalist über seinem vierten Mineralwasser an der Theke. Der Barkeeper polierte mit solcher Hingabe Gläser, dass er wohl nichts mitbekam. Dass meine Lust an konkretem Engagement auch immer durch die real existente Umgebung gebremst wurde. Ich grinste etwas. Selbstgerechtigkeit war mir ein Gräuel. An absolute Wahrheiten glaubte ich nicht. Aber ein paar Werte wollte ich hochhalten, höher als bisher.
    „Danke“, sagte ich zum sprachlosen Vertreter der „Boston Today“, ließ mir eine Rechnung geben und ging.
    Im Hotelfoyer kaufte ich die neueste Ausgabe vom „Blatt“. Diesmal hatte ich die Nase vorne gehabt. Hugo war mit Sicherheit gekränkt gewesen, als er mir die Story hatte nachschreiben müssen. Vergönnt. Auf dem Weg zur Hotelgarage las ich die Titelzeile auf Seite zwei: „Hetzkampagne gegen Hausbesitzer“. Schon wollte ich weiterblättern, als mir zu Bewusstsein kam, dass damit Bernkopf gemeint war. Ich

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