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Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)

Freunde müssen töten - Thriller (German Edition)

Titel: Freunde müssen töten - Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B.C. Schiller
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die Nase ein. Schweigend fuhren sie dann mit der Rolltreppe nach unten und Jimmy steuerte direkt auf einen Tabakladen zu.
    „Willst du eine Zeitschrift?“, fragte ihn Braun ziemlich naiv.
    „Nein, ich brauche Zigaretten für den Ausflug! Wir sind ja dort im Nirgendwo!“
    „Spinnst du, in deinem Alter wird nicht geraucht!“, rief Braun und packte Jimmy am Rucksack, zerrte ihn unter den missbilligenden Blicken der Verkäuferin aus dem Laden. „Der Junge ist erst dreizehn. Wenn sie ihm Zigaretten verkaufen, verhafte ich sie!“, brüllte er. Als sie den Mund aufmachte, hielt der völlig verdatterten Verkäuferin seinen Polizeiausweis unter die Nase und schob seinen Sohn Richtung Bahnsteig. Jimmy riss sich los, stapfte mit trotzig gesenktem Kopf durch die Halle, konnte erst im letzten Augenblick einem großen dunklen Schrankkoffer ausweichen, der mitten in der Halle stand. Wütend versetzte er dem Koffer einen Tritt und setzte sich mit dem Rücken zu seinem Vater auf eine der Wartebänke.
    „Ruf mich an, wenn du angekommen bist“, sagte Braun und klopfte Jimmy aufmunternd auf die Schulter, doch dieser reagierte nicht, sondern fischte ein Computerspiel aus der Tasche seiner Baggy-Jeans und bearbeitete verbissen die Konsole. Resignierend hob Braun die Hände in die Luft und fuhr mit der Rolltreppe ins Foyer. Oben drehte er sich noch einmal um und sah seinen Sohn mit gekrümmtem Rücken auf der Bank sitzen und knapp dahinter den riesigen Schrankkoffer, dessen Schatten auf den blank geputzten Bodenfliesen beinahe seinen Sohn berührte.
    *

    Kurz vor sechs Uhr morgens wuchtete Martha Margulis die Zeitungsstöße auf den Tresen ihrer kleinen Tabaktrafik am Hauptbahnhof. In der Schalterhalle drehte der hypermoderne Putztraktor mit einem halb schlafenden Fahrer träge seine Runden, die blecherne Stimme auf den Bahnsteigen meldete die Ankunft des Frühzugs und in Sekundenschnelle war die schläfrige Atmosphäre einer hektischen Betriebsamkeit gewichen, als sich ein erster Schwall von Pendlern in die Halle ergoss. Jetzt herrschte Hochbetrieb in ihrem kleinen Laden und sie hatte nicht einmal Zeit, ihren mit vier Löffeln Zucker versüßten Morgenkaffee zu trinken, der in einer schwarzen Ghostbuster-Tasse langsam auskühlte.
    Als sich der Trubel ein wenig gelegt hatte, kam sie zum Durchatmen und blickte zur Bäckerei gegenüber, wo sie mit der Verkäuferin gerne einen kurzen Schwatz hielt, wenn nicht so viel zu tun war. Aber im Augenblick war auch drüben jede Menge Kundschaft und gerade wollte sich Martha wieder dem Sortieren der Zeitschriften widmen, als sie den unförmigen Koffer bemerkte, der mitten in der Halle stand und der anscheinend niemandem zu gehören schien, denn die Pendler und Reisenden gingen achtlos daran vorüber. Hinten bei den Rolltreppen sah sie eine Gestalt in einem hellen Mantel nach oben ins Foyer fahren und für einen kurzen Augenblick bildete sie sich ein, dass diese Person kurz zuvor den Koffer abgestellt hatte, aber das war sicher ein Irrtum in dem ganzen Trubel gewesen.
    Sie hatte bereits wieder völlig auf den Koffer vergessen, als ein armer, anscheinend kopfoperierter Jugendlicher in den Laden stürmte und von einem Mann wieder unsanft nach draußen befördert wurde. Missbilligend schüttelte sie den Kopf, überlegte, ob sie die Security über Notruf verständigen sollte, als der Mann zu schreien anfing, von Festnahme redete und mit einem Polizeiausweis vor ihrem Gesicht herumfuchtelte.
    Was für ein Tag!, dachte Martha und wäre am liebsten wieder nach Hause gegangen, hätte sich ins Bett gelegt oder noch besser, sie wäre unter irgendeinem Vorwand zu Karim, dem Hausmeister, gegangen und gemeinsam mit ihm unter die Decke geschlüpft. So aber beobachtete sie den Jungen, dem auf einer Seite komplett die Haare fehlten, wie er dem riesigen Koffer einen Tritt versetzte und sich dann auf eine der Wartebänke lümmelte. Der angebliche Polizist ballte die Fäuste, ging dann mit wütenden Schritten zur Rolltreppe und fuhr mit finsterer Miene nach oben. Zurück blieben der Junge und natürlich der Koffer, der plötzlich wieder ins Zentrum von Marthas Interesse rückte.
    *

    Dein Rätsel, mein Freund: Dunkel, kompakt, monolithisch teilt er den Strom der Hoffnungen und Sehnsüchte, behindert durch seine Größe den stetigen Fluss von Abreise und Ankunft, doch unbewusst wagt es niemand, den abgewetzten Griff zu nehmen und ihn beiseitezuschieben, er ist ein archaisches Relikt, ein verlorenes Kunstwerk, das

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