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Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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Eindruck gehabt, dass sie sich ein Kind wünschte. Für eine Schauspielerin legte sie eine miserable Leistung hin, wann immer sie ihr Desinteresse an Henry und Dash zu kaschieren versuchte. Und auch die sprichwörtliche biologische Uhr, die die meisten kinderlosen Frauen noch im Schlaf ticken hörten, schien sie nie interessiert zu haben. Ich hatte Jules immer für eine Frau gehalten, die, wenn es mal so weit sein würde, auf dem Weg von der Reinigung zur Schneiderin mal eben zwischendurch die Abtreibung vornehmen lassen würde.
    War sie so erstarrt, weil sie ihre Entscheidung über das Kind mit der Frage verband, ob sie es gemeinsam mit Arthur aufziehen sollte? Aber wenn irgendwer in der Lage war, als alleinerziehende Mutter zu bestehen, dann doch wohl Jules. Warum hatte ich ihr das nicht gesagt? Ich hatte sie schon zweimal angerufen, doch sie rief nicht zurück. Wenn sie eine Freundin brauchte, die ihr beim nächsten Schritt die Handhielt, dann würde ich diese Freundin sein. Das hatte ich hoffentlich deutlich herübergebracht.
    »Mommy, Mommy, ich friere«, rief Henry plötzlich und sprang zitternd auf. Ich hätte schwören können, dass er seit gestern schon wieder gewachsen war.
    Ich wickelte ihn in sein braunes Kapuzenhandtuch mit den Bärenohren und sog seinen frischen, pudrigen Geruch ein. »Jetzt trocknen wir uns ab und ziehen einen Pyjama an, und dann gibt’s Nachtisch und noch ein Buch.«
    »Darf ich den Superman-Pyjama anziehen?«
    Wenn Daddy ihn gewaschen hat.
»Mal sehen.« Ich folgte Henry in sein Zimmer. Der Pyjama lag frisch gewaschen und ordentlich zusammengelegt in seiner Kommode und schien mich geradezu süffisant anzugrinsen. Ich gab ihn Henry, der sofort begann, sich allein anzuziehen.
    »Wir sehen uns in zwei Minuten, Mister«, sagte ich. »Und such dir ein Buch aus.« Ich ging zurück in die Küche, tat Apfelmus in Henrys angeschlagene, aber heiß geliebte blaue Schale und stellte sie samt Löffel neben ein Glas Milch und zwei Haferflocken-Rosinen-Kekse   – einen für Henry, einen für mich. Tom hatte gestern gebacken und dabei das weiße Mehl mit Vollkornmehl angereichert. Das Resultat war gar nicht so übel, wie ich erwartet hatte. Super-Mann konnte eben einfach alles.
    Henry kam in seinen flauschigen Hausschuhen herbeigeeilt, kletterte selbst auf seinen Stuhl und gab mir ›Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich hab?‹. »Du fängst an, okay?«, sagte er und schaufelte sich Apfelmus hinein, während ich vorlas. Als wir zu unserer Lieblingsstelle kamen, sprach er lautlos mit. »Der kleine Hase und der große Hase erkennen, dass es gar nicht so leicht ist, die Liebe zu messen.« Hier begannen wir immer zu improvisieren. »Ich liebe dich wie hundertmal Umarmen«, rief er und lachte so breit, dass seine kleinen perlweißen Zähne blitzten.
    »Ich liebe dich wie zweihundertmal Umarmen und einen dicken Schmatz«, sagte ich und setzte ihm einen auf seinen Bauch. Die Fiese Fiona schnitt eine Grimasse. Sie konnte zum Teufel gehen, wenn es ihr zu goldig war, wie ich mit meinem Sohn herumalberte. Als wir mit dem Buch fertig waren, ging es weiter zum Zähneputzen und dann zu Henrys Bett, ein Kinderbett, aus dem er bald herausgewachsen sein würde. Wir kuschelten uns gerade aneinander, da hörte ich die Wohnungstür aufgehen, und eine halbe Minute später trat Tom ans Kinderbett und gab Henry einen Gutenachtkuss. Er ging wieder, ohne mich auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Ich begann, Henry eine Fortsetzung von ›Talia am Strand‹ zu erzählen, ein faszinierendes Plagiat der ›Kleinen Seejungfrau‹. Heute lernten unsere dreijährige Heldin Talia und ihr Freund Sammy, das Seepferdchen, am Strand Stewart, den Seestern, kennen, die alle in einem
Schtetl
unter dem Pier von Santa Monica wohnten.
    »Sag mir noch mal, wie die Schule heißt, auf die ich gehe, wenn ich groß bin«, bat Henry, als ich mit meiner Geschichte fertig war.
    Er wollte Zeit schinden. Ich sagte: »Jackson Collegiate   – vielleicht«, weiter nichts, nur noch Gute Nacht. Doch schon in dem Moment, als ich den Namen der Schule ausgesprochen hatte, tat es mir leid.
    Ich wollte nicht, dass wir alle enttäuscht waren, wenn die Jackson Collegiate Henry nicht für eines ihrer dicken Stipendien auswählte. Aber das war nicht alles. Während die Wochen dahingingen, hatte ich begonnen, die Schule als eine Art
Dibbuk
in einem marineblauen Blazer zu betrachten. Die Spannungen zwischen Tom und mir waren fast unerträglich geworden, seit wir

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