Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
Vom Netzwerk:
berührte seine Lippen und wedelte mit den Fingern, einer Miniaturversion von Xanders, in meine Richtung. Rasch drückte ich ihm den Mund auf seine runde Wange und zwang mich, forschen Schrittes aus der Haustür hinauszueilen. Ich wollte mich als respektable junge Mutter zeigen, ein Bild, das meine gelbe Strickjacke und die Perlenkette noch unterstrichen, wie ich hoffte.
    Die Jackson Collegiate lag fünf Blocks von unserem Haus entfernt, in der Nähe der breiten kopfsteingepflasterten Promenade, von der aus man auf den East River sah. Schon seit über hundert Jahren begannen Brooklyns klügste Kinder zusammen mit denen, die auf der anderen Seite des Flusses im Village wohnten, hier ihre Ausbildung. Die Schule, auf die ursprünglich nur Mädchen gingen, war in einer Reihe sechs hoher identischer Brownstone-Häuser untergebracht.
    Ich stieß eine schwere gusseiserne Tür auf und stand in einem holzgetäfelten Korridor, in dem es nach Zitronenöl roch. An den Wänden hingen Porträts von Frauen mit schmaler Taille und üppigem Dekolleté, die Hauben trugen und gestärkte weiße Krägen. Diese Damen waren seit hundertJahren tot, doch ich konnte ihren prüfenden Blick auf mir spüren, als ich auf den jungen rothaarigen Mann zuging, der am Ende des Korridors saß. »Kommen Sie zur Besichtigung?«, fragte er.
    »Ja. Chloe Keaton. Bitte sagen Sie mir, dass es nicht schon losgegangen ist.«
    Er hakte meinen Namen auf einer Liste ab. »Wir warten immer noch auf ein paar Eltern«, erwiderte er und wies mir mit der Hand den Weg. »Dort entlang.«
    Ich betrat einen Raum mit einem herrlichen Blick auf die Brooklyn Bridge, die sich wie schwere schwarze Spitze vom Himmel abhob. Etwa vierzig Elternpaare   – Mommys und Daddys, Daddys und Daddys, Mommys und Mommys   – füllten die Reihen der Schulstühle. Xander hatte noch fünf Minuten, um rechtzeitig einzutreffen. Als ich mich nach einem Platz weiter hinten umsah, hörte ich einige Reihen vor mir das laute Flüstern einer vertrauten Stimme.
    »Chloe!« Talia winkte mir wie ein Verkehrspolizist mit der Hand zu, formte lautlos die Worte »Setz dich da hin« und zeigte über Tom hinweg auf einen leeren Stuhl.
    Was machte Talia denn hier? Sie sollte doch heute im Büro sein. Ich ging zu meinen Freunden und setzte das breiteste Lächeln auf, das ich zustande brachte.
    »Setz dich zu uns«, sagte Talia, nachdem wir alle uns mit Küsschen begrüßt hatten.
    »Xander kommt auch noch«, entgegnete ich, weil ich nur einen freien Platz neben ihnen sah. »Ich werde während der Besichtigung nach dir Ausschau halten.« Ich brachte es nicht fertig, Talia zu fragen, warum sie nicht erwähnt hatte, dass sie hier sein würde. Wir diskutieren das Thema Vorschule seit der gemeinsamen Stillzeit, auch wenn wir gewisse Details dabei immer höflich ausklammerten. Aber da war noch etwas anderes. Ich hatte den Eindruck gehabt, dass Talia und Tom noch ein Jahr warten wollten, bis sie Henry in einer Schuleanmeldeten. »Muss ein Vierjähriger wirklich schon in die Vorschule gehen?«, so hatten noch letzte Woche Talias Worte gelautet, die mich schnell hatten verstummen lassen. Und was mich noch mehr überraschte: Warum die Jackson Collegiate? Hatten Tom und Talia sich nicht immer für öffentliche Schulen ausgesprochen, zumal Tom ja sogar, wie er so gern sagte, »im öffentlichen Sektor« arbeitete?
    Ich musste gar nichts sagen. Talia las meine Gedanken. »Toms Betreuer an der Columbia ist mit der Direktorin der Schule verheiratet«, erklärte sie. »Sie heißt   …«
    »Betsy O’Neal«, warf Tom ein. »Ihr Mann ist mein Doktorvater.«
    Ich lächelte immer weiter, auch als mir endlich aufging, wovon sie sprachen. War das etwa die Doktorarbeit, die Tom Wells nie abgeschlossen hatte   – und worüber Talia sich mit schöner Regelmäßigkeit beschwerte?
    »Betsy hat so lange auf uns eingeredet, bis wir zustimmten, uns die Schule anzusehen«, sagte Talia und hob, wenn auch fast unmerklich, die Augenbrauen, um mir zu signalisieren, wie skeptisch sie war.
    »Die Jackson hat einen sehr guten Ruf«, erwiderte ich. Sie war die begehrteste Schule in Brooklyn, wie ich von Hannah McCoy erfahren hatte, und nahm sogar Schüler aus so weit entfernten Gegenden wie Gramercy Park und Chelsea auf.
    »Das werden wir dann selbst beurteilen.« Talia lachte. »Mal sehen, wie sie sich darstellen.«
    Ich war es nicht gewöhnt, dass meine beste Freundin mich aus dem Konzept brachte. Zum Glück sah ich in diesem Moment Xander

Weitere Kostenlose Bücher