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Friedhofskind (German Edition)

Friedhofskind (German Edition)

Titel: Friedhofskind (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonia Michaelis
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ihr sprechen können, aber er wagte nicht, zu flüstern, hielt nur ihre Hand fest und ließ seinen Blick zurück zur Fläche des Trampolins wandern, sie zog seine Augen magisch an.
    Natürlich wusste er, was jetzt kam.
    Die Katzenfrau ließ sich nach hinten auf das Trampolin fallen, sie lag auf dem Rücken, ausgeliefert, und Lenz sah ihre gespreizten Beine sehr deutlich und sehr nah. Er sah alles, was geschah, sehr deutlich und sehr nah, wie in einem Lehrbuch und doch verschwommen durch die Membran des Trampolins, in winzige Karos unterteilt durch die Kunststofffasern, sodass die Szene wirkte, als fände sie auf einem Bildschirm statt. Als gäbe es dort einzelne Pixel.
    Er sah Kaminskis Oberschenkel – auch er war jetzt nackt –, er sah ihn mit einer Hand zwischen seine Beine greifen, sah in überdeutlicher Nähe das Licht auf der gespannten Haut seines Penis, ein glänzendes Nachtlicht, und sah das Licht in die Katzenfrau eindringen, er führte es mit einer Hand; es war eine rasche und geübte Bewegung, hinter der die notwendige Kraft stand, eine zielgerichtete Kraft, selbstsicher, eine Art von Gewalt, die nicht in Frage gestellt wurde. Und dann sah Lenz die Auf- und Abwärtsbewegungen der beiden Körper auf dem Trampolin, schlimmer noch, er roch die Körper, so nah waren sie, und jede Abwärtsbewegung war eine neue Art von dosierter Gewalt.
    So also, dachte Lenz, auf diese Art … so soll es sein? Aber warum denn?
    Schließlich hörten die Bewegungen abrupt auf, Kaminski trennte sich für einen Moment von der Katzenfrau, glitt aus ihr heraus und drehte sie um, um sie an den Hüften hochzuziehen, sodass sie auf dem Trampolin kniete. Dann wiederholte er den Akt der zielgerichteten Gewalt, und diesmal sah Lenz das Eindringen undeutlicher, aber er hörte es, es war seltsam, er hätte das Geräusch nicht beschreiben können. Was einfacher zu beschreiben war, war der Laut, den die Frau jetzt von sich gab, es war ein Laut, der stärker an Katzen erinnerte als alles zuvor; eine Art halb melodiöses Jammern, ein Flehen, ein Winseln. Lenz hörte die beiden über ihm atmen, schwer, keuchend, er sah die Bewegungen rascher werden, sah die Katzenfrau in ihren eigenen bloßen Oberarm beißen, und dann fiel sie auf den Bauch, oder Kaminski ließ sie fallen, er schrie, während sie fiel, auf eine seltsam unterdrückte Art. Und lag still. Beide Körper lagen still. Es geschah so plötzlich, dass die Stille lauter wirkte als das Atmen zuvor.
    Eine Weile geschah nichts. Lenz drehte den Kopf zu Iris. Iris saß nicht mehr neben ihm. Er kauerte ganz allein unter dem Trampolin. Er horchte in sich hinein, und das einzige Gefühl, das er dort fand, war eine sehr große Distanz, die Art Distanz, die ein Gefühl ist. Wie merkwürdig , dachte er, ich habe aus wenigen Zentimetern Entfernung zugesehen, wie zwei erwachsene Menschen, Entschuldigung, ficken, anders ist dies nicht zu beschreiben, und es berührt mich überhaupt nicht. Sein Körper war absolut unbeteiligt. Vielleicht mussten die Dinge so ablaufen, vielleicht war es das, was Menschen wie die Katzenfrau erwarteten. Vielleicht stimmte wirklich etwas nicht mit ihm, denn das, was er gesehen hatte, war nichts, was er wollte. Ein Teil von ihm fühlte sich an, als müsste er heulen, ein Kleiner-Junge-Heulen. Ein anderer Teil spürte eine seltsame, kalte Distanz in sich wachsen, eine Distanz zum Rest der Menschheit, die dosierte Gewalt gegeneinander ausübte. Dann eben nicht, sagte der andere Teil, dann ist das eben nichts, was du je tun wirst. Wenn es das ist, was Siri will, wird sie es nicht bekommen, und dann ist es in Ordnung, wenn sie am Ende des Sommers geht.
    Er sehnte sich nach Iris’ unverfänglichem, gewaltlosem und an Gewalt uninteressiertem Körper neben sich im Bett, nach der Behutsamkeit, mit der sie seine Hand nahm, wenn sie ihm etwas sagen wollte.
    Die Membran des Trampolins zitterte wieder, Kaminski war aufgestanden, gab die Katzenfrau frei. »Zieh dir was an«, sagte er. »Es wird kühl.«
    Sie schlüpfte in ihr Oberteil, und dann saßen sie zusammen auf der Kante des Trampolins und rauchten.
    »Wie ist Dirk – dabei?«, fragte er zwischen zwei Zügen.
    »Geht dich nichts an.«
    »Er hat immerhin zwei Kinder hingekriegt. Aber sonst? Für dich?«
    »Geht dich nichts an.«
    »Freust du dich denn, dass er wiederkommt?«
    »Geht dich nichts an«, sagte sie und rückte ein Stück von ihm ab. »Hast du noch ’ne Zigarette?«
    In diesem Moment geschah das, was nicht

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