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Friesengold (German Edition)

Friesengold (German Edition)

Titel: Friesengold (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Flessner
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Bausparvertrag, ein ganz ordentliches Bankkonto und seine Pension. Falls du das vermögend nennst.«
    »Verglichen mit dir schon.«
    »Das musste ja kommen.«
    »Hatte er vielleicht andere Wertsachen im Haus?«
    »Eigentlich nur eine stattliche Sammlung von Erstausgaben. Meist Nachkriegsliteratur. Arno Schmidt, Alfred Andersch, Wolfgang Koeppen. Peter hat im Cyberspace gestöbert und erfahren, dass einige Bände bis zu 600 Euro bringen. Da kommt einiges zusammen. Aber dafür hat sich der Täter nicht interessiert.«
    »Wahrscheinlich ein Analphabet«, meinte Mona. »Das wäre doch eine Spur.«
    »Er kann sogar sehr gut lesen, nur interessiert er sich für eine ganz andere Art von Literatur, das weißt du doch. Und diesmal, glaube ich, hat er auch etwas gefunden. In den ominösen Umzugskartons. Er hat seine Suche nämlich plötzlich abgebrochen.«
    »Klar, weil Herbert mit seinen Leuten aufgetaucht ist.«
    »Nein, Wichmann war schon mindestens zwei Stunden tot, als die Nachbarn angerufen haben. Er hat also Zeit genug gehabt.«
    »Wollte Wichmann umziehen?«, fragte Mona und behielt die drei Besucher im Auge, die sich ihnen langsam näherten.
    »Das glauben wir nicht. Im Moment vermuten wir einen Nachlass oder den Teil eines Nachlasses.«
    »Na bitte, das ist jetzt aber eine heiße Spur.«
    Die drei Besucher, ein Mann und zwei Frauen, waren nur noch wenige Meter von ihnen entfernt und ließen gerade Henri Nannen auf sich einwirken. Mona und Greven wurden leiser und wichen zurück.
    »Auf den Kartons ist aber weder ein Name noch eine Adresse vermerkt.«
    »Aber in den Kartons müssen …«
    »… sich zwei Aktenordner befunden haben, jedenfalls in einem der Kartons. Den Schluss legen Druckspuren in der Pappe nahe. Diese Ordner aber hat unser Mörder heimtückischerweise mitgenommen.«
    »Gemein!«
    »Hundsgemein.«
    »Und der Rest? Kann man daraus keine Rückschlüsse ziehen?«
    »Alte Kochbücher, Besteck, Geschirr, Bettwäsche, eine Adler-Schreibmaschine, Opern-Schallplatten, vor allem Wagner, Verdi und Puccini, gehobener Nippes.«
    »Keine Fotos?«
    »Keine Fotos. Wie gesagt, falls es wirklich ein Nachlass ist, dann ist es nur ein Teil davon.«
    »Wir müssen aufhören«, flüsterte Mona, drehte sich zur Seite und fuhr laut fort: »Es tut mir leid, aber da ist nichts zu machen. Das Bild von Minnie Schönberg ist bereits verkauft.«
    »Können Sie mir nicht wenigstens den Namen des Käufers geben?«, spielte Greven mit.
    »Auf keinen Fall. Wir sind zur Diskretion gegenüber unseren Kunden verpflichtet. Wie wäre es mit Ludolf Bakhuizen, David Fabricius oder Harm Claasen?«
    »Ich werde mich nochmals umsehen. Vielen Dank«, sagte Greven und überließ die Bühne den drei Kunstfreunden, die Mona auch gleich in ein Gespräch verwickelten.
    Er hatte noch etwas Zeit und beschloss, sie in einen Espresso zu investieren, denn hinter der noch immer aufgebauten Behelfsbar hatte er eine akzeptable Maschine entdeckt. Per Handzeichen nahm er Kontakt mit Mona auf, die ihm durch kräftiges Nicken ihr Einverständnis signalisierte. Tassen standen auf dem Tassenwärmer der Maschine. Das Mahlwerk war laut und ließ die Besucher kurz verstummen und zu ihm hinüberschauen. Greven lächelte unschuldig.
    Der Espresso war gut, obwohl er aus einem Vollautomaten stammte. Zwar ging der Zucker sofort in der Crema unter, aber die sogenannte Inselprobe bestanden ohnehin nur gute Espressi aus richtigen Espressomaschinen. Bei ihnen schwamm der Zucker zunächst auf dem Schaum, bevor er sich langsam auflöste und unterging. Das Aroma aber war kräftig; der Galerist hatte eine gute Kaffeesorte eingekauft.
    Nachdem er die Tasse abgesetzt hatte, beobachtete er Mona, die nun mit den drei Besuchern von Bild zu Bild wanderte. Den Wortfetzen nach zu urteilen, die ihn erreichten, gewährte sie ihnen großzügig Einblick in die Auswahlkriterien der Portraitierten und in die Entstehungsgeschichte der ungewöhnlichen Bilder. Mona lächelte, und er war froh, ihr nicht alle Details des jüngsten Mordes berichtet zu haben. Auch der Presse gegenüber war er zurückhaltend gewesen und hatte es dabei belassen, dass Wichmann erschlagen worden war. Wie er erschlagen worden war, womit und wie oft, wussten nur wenige. Die Blutlache, in der sein Kollege das Opfer gefunden hatte, war auch die größte gewesen, die er in seinen vielen Dienstjahren gesehen hatte. Ganz abgesehen von dem entstellten Gesicht, das der aus Frankfurt nach Aurich beorderte Sohn noch würde

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