Friesenluege - Ein Nordfriesland Krimi
behilflich sein könne, die durch die Sprechanlage an ihn gerichtet worden war. Der Zoom der integrierten Kamera fokussierte sich auf seine Dienstmarke, die er vor die Linse hielt, dann surrte der Türöffner und Peer betrat den knarzenden Flur. Am Ende des Ganges stand eine ältere Dame im dunkelblauen Kostüm und musterte ihn.
»Wir ermitteln in einem Mordfall und ich habe ein paar Fragen zu einem ehemaligen Mitarbeiter der Reederei«, erklärte Nielsen, während er auf die Frau zuging. Sie nickte und wies ihn an, in einer hübsch dekorierten Warteecke Platz zu nehmen. Dann verschwand sie durch eine große weiße Flügeltür. Peer schaute sich um. Die Einrichtung wirkte teuer und antik. Ganz so, wie man es in den Räumlichkeiten einer traditionellen Reederei erwartete. Wenngleich er eher auf modernere Einrichtungen stand, musste er sich eingestehen, dass derartige Einrichtungsgegenstände hier fehl am Platze wären. An den Wänden hingen kostbare Ölgemälde mit Schiffsmotiven. Als Kind hatte er davon geträumt, einmal auch zur See zu fahren, wenn er die großen Schiffe auf der Elbe hatte vorbeiziehen sehen. Wer wusste schon, was aus ihm geworden wäre, wenn sein Kindheitswunsch in Erfüllung gegangen wäre.
»Herr Nielsen?« Peer fuhr auf. Die Dame im Kostüm war lautlos zurückgekehrt und stand vor ihm.
»Herr Schneider erwartet Sie.« Sie begleitete ihn zu der Flügeltür, die sie hinter ihm schloss. Der grauhaarige Mann hinter dem Mahagonischreibtisch wirkte trotz seines fortgeschrittenen Alters imposant. Mit geradem Rücken und herausgestreckter Brust blickte er ihn aus wachsamen Augen an. Peer räusperte sich.
»Herr Schneider?«
»Carsten M. Schneider Junior«, verbesserte der Grauhaarige ihn. Hier hatte nicht nur die Familie Tradition, sondern auch das typische Verhalten der Hamburger, das oftmals leicht arrogant herüberkam. Doch Peer war mit diesem Benehmen aufgewachsen und wusste, dass sich hinter dem kühlen Charakter meist eine herzliche und bodenständige Seele verbarg.
»Die Polizei ermittelt momentan in einem Mordfall und wollte Sie um Ihre Unterstützung bitten«, passte sich Peer den Erwartungen seines Gegenübers an. Mit Erfolg, denn der ältere Mann nickte, wies mit der Hand auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch.
»Bestimmt wegen der Leiche aus dem Volkspark, stimmt’s?« Peer verkniff sich jegliche Nachfrage, als echter Hamburger war man über das Geschehen in der Stadt schließlich informiert und nickte daher nur. »Und wie kann ich Ihnen behilflich sein?« Schneider Junior kniff die Augen ein wenig zusammen, so als blende ihn das Sonnenlicht.
»Das Opfer scheint einst in Ihrer Reederei beschäftigt gewesen zu sein.«
»Wirklich? Wie ist denn der Name?«
»Heinrich Matzen.«
»Heinrich Matzen, Heinrich Matzen«, murmelte der Mann leise vor sich hin und strich sich dabei mit dem Zeigefinger über das Kinn. Einen kurzen Moment später griff er zum Telefonhörer. »Frau Schröter, können Sie mal in der Personaldatei nachschauen, ob ein Heinrich Matzen für uns gearbeitet hat?«
»Es kann einige Zeit her sein«, warf Nielsen ein, während sie auf eine Rückmeldung der Sekretärin warteten.
»Wie lange?«
»Keine Ahnung.« Peer überflog in Gedanken die Stationen, die ihm aus Matzens Leben bisher bekannt waren. »Bestimmt über 30 Jahre, wenn nicht länger.«
»Oh, dann haben wir die Daten bestimmt nicht elektronisch.«
»Aber Sie haben sie noch?« Carsten M. Schneider Junior nickte. »Selbstverständlich. Wir sind schließlich ein anständiges Unternehmen. Hier hat alles seine Ordnung. Auch die Akten!«
Thamsen hatte Haies Fahrrad hinten in den Kombi geladen und fuhr langsam durch den Koog Richtung Maasbüll.
»Vielleicht hat Tom etwas rausgefunden«, seufzte er und blickte dabei in den Rückspiegel auf Haie, der mit Niklas hinten saß.
»Vielleicht.« Ähnlich wie Thamsen war der Hausmeister leicht demotiviert. Sie hatten zwar in dem Fall einiges herausgefunden, aber so recht passte eins nicht zum anderen. Er blickte auf den Kleinen hinunter, der auf seinem Schoss eingeschlafen war. »Hast du eine Ahnung, wann die Beerdigung ist?« Oftmals stieß man bei Trauerfeiern auf weitere Hinweise.
»Die Leichen sind, meine ich, freigegeben, ich weiß aber nicht, wann die Beisetzung sein soll. Wieso?«
»Naja, vielleicht treibt es den Täter zur Beerdigung.«
»Meinst du?«
Haie nickte.
»Könntest recht haben«, überlegte Thamsen, während er den alten Außendeich hinauf fuhr
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