Frisch gemacht!
der Maske. »Mein letztes Refugium zum Entspannen«, sagt er oft genug. »Ja, ich wollte nur eben mal sagen, dass die Mock da ist«, rechtfertige ich meine Störung. »Davon gehe ich aus«, antwortet er schnippisch. »Ich begrüße sie, wenn ich hier fertig bin, bis später«, mit diesen Worten bin ich eindeutig des Raumes verwiesen. Jetzt muss ich halt doch bis zur Sendung abwarten, was mit seinen Schlupflidern ist. Wenn man es nicht genau sehen kann, werde ich Billie fragen. Die Maskenbildnerin, die mal was mit Lutz, dem Regisseur hatte. Frau Filz, die Chefin, hat leider keine ausgeprägte Klatschneigung. Aber mit Billie bespricht sie eigentlich alles. Und Billie habe ich damals, als das mit Lutz erwartungsgemäß in die Binsen ging, getröstet. Mir die verkorkste Liebesgeschichte wieder und
wieder angehört. Da habe ich mit Sicherheit noch einen gut. Kaum denkt man an jemanden, ist er auch schon da. Billie steht rauchend auf dem Gang zwischen den Maskenräumen. »Ei«, begrüßt sie mich, »wann kommt denn die große Mock vorbei?« »Ich hole sie dir«, verspreche ich und mache mich auf den Weg in die Mock’sche Garderobe. Statt der Tritsch leistet unser kleiner Oskar der Mock Gesellschaft. Die beiden machen den Eindruck, als würden sie sich seit Jahren kennen. Als ich den Raum betrete, guckt Oskar auch ein ganz klein bisschen verlegen und lässt eine Autogrammkarte in seiner Tasche verschwinden. »Hast du dir ein Autogramm geholt?«, frage ich indiskret. Er bekommt einen hübschen roten Kopf. »Ja, also wenn ich schon mal jemanden wie Anett persönlich kennen lerne, so was passiert ja nicht jeden Tag«, startet er sein Rausredeprogramm. »Zeig mal her«, bitte ich unseren Praktikanten. Er ziert sich. »Ich schreibe Ihnen auch eine«, hilft die Mock ihm. »Nein, nein danke, ich will nur mal die von Oskar sehen«, insistiere ich. Aber Oskar will nicht. »Die ist mir persönlich gewidmet, nur mir«, bleibt er hart. Merkwürdig, ausgesprochen merkwürdig. Soll er sein Kärtchen halt für sich behalten. Aber ich wüsste schon gern, was die ihm draufgeschrieben hat. »So oder so, Frau Mock, es ist jetzt wirklich Zeit für die Maske, unsere Kollegin erwartet Sie, ich bringe Sie eben vorbei«, beende ich das lächerliche Schauspiel. »Ich mache das schon, Andrea«, springt Oskar ein, »du kannst dich ruhig um andere Sachen kümmern.« Ich stimme zu und weiß auch schon, wen ich jetzt dringend mal kontaktiere. Sandra. Das hier geht nun eindeutig zu weit. Dieser harmlose kleine Oskar scheint es faustdick hinter seinen jugendlichen Öhrchen zu haben.
Sandra ist keineswegs beunruhigt über meine Neuigkeiten: »Der Oskar und ich haben ausgemacht, dass unsere Liebe geheim bleibt. Das ist ein reines Ablenkungsmanöver. Nach der heutigen Nacht ist zwischen uns alles klar. Der findet die Mock doof, das hat er mir noch heute bei unserem Frühstück im Bett erzählt.« Oskar findet die Mock blöd. Dann kann er sich aber verdammt gut verstellen. Ich glaube, Oskar ist gefährlicher, als er aussieht. Den muss man im Auge behalten.
Billie motzt die Mock nochmal ganz schön auf. Ihre aufgespritzten Lippen bekommen zentnerweise Gloss, und auf ihren Lidern schimmern mehrere Lidschattenfarben fein aufeinander abgestimmt. Gekrönt wird das Ganze durch einen atemberaubenden Lidstrich. Billie versteht ihr Handwerk, das muss man ihr lassen. Sie hat mich netterweise mal für eine Party geschminkt, und trotz gewisser Skepsis meinerseits – ich sah toll aus. Am liebsten hätte ich mich nie mehr abgeschminkt. Abschminken ist sowieso etwas, was ich hasse. Nach einem tollen Abend ist es für mich das Schönste, einfach ins Bett zu fallen. Und manchmal mache ich das auch. Obwohl es laut Frauenzeitschriften eine der absoluten Todsünden ist. Fatale Spätwirkungen haben wird. Sei’s drum.
Ich habe es normalerweise eh nicht so sehr mit dem Schminken. Ohne Wimperntusche allerdings verlasse ich selten das Haus. Ich sehe sonst so albinomäßig aus. Kuhäugig.
Die Mock trägt ein Glitzerkleid aus türkisfarbenen Pailletten, figurbetont mit einem rasanten Rückenausschnitt. Ein Zentimeter mehr, und man könnte den Poansatz sehen. Raffiniert. Hat sie geahnt, dass Will auch in Türkis geht?
Es ist noch eine halbe Stunde bis zur Sendung, und die Mock ist zur Audienz bereit. Will und sie sitzen in ihrer Garderobe, essen die Sushi und tauschen Nettigkeiten aus. Loben gegenseitig ihre Sendungen und lästern über andere. Kaum jemand lästert mehr als
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