Frisch gemacht!
Moderatoren. Treffen zwei aufeinander, werden mindestens zwei andere verbal hingerichtet. Am Anfang habe ich das alles für bare Münze genommen und mich dann schon ziemlich gewundert, wenn eine Woche später ausgerechnet der angeblich so verhasste Kollege gemeinsam mit Will in der Garderobe sitzt und über den der vergangenen Woche lästert. Mittlerweile habe ich das Spiel verstanden. Es heißt: Jeder gegen jeden, küssen und umarmen tun wir uns trotzdem. Es ist eine besonders infame Branche, keine Frage.
Das Publikum sitzt auf den Plätzen, und in fünfzehn Minuten startet die Sendung. Hugo gibt sein Bestes. Er hat die Zuschauer schon voll im Griff. Sie üben das Klatschen mit einer Begeisterung, als gäbe es tolle Geschenke dafür. Was die Zuschauer nicht ahnen, ihr Klatschen jetzt wird mitgefilmt und später bei irgendwelchen Aktionen von Will und der Mock reingeschnitten. Hugos Applaus gehört dann Will und Co. Beim Fernsehen arbeiten sie wirklich mit allen Mitteln. Jetzt proben die Zuschauer, unter Hugos Anleitung, Licht anknipsen. Jeder hat am Eingang eine kleine Taschenlampe bekommen. Bei einer bestimmten Aktion sollen sie angeknipst werden. So etwas mag Lutz Haster, der Regisseur. »Das gibt dann mal einen anderen Zuschauerzwischenschnitt«, argumentiert er gerne. Als dann wie auf ein Zauberwort die Taschenlampen angehen, fühle ich mich zurückgebeamt. »Sankt Martin war ein guter Mann«, mein erster Laternenumzug:
In Claudias Kinderkrippe steht der jährliche Laternenumzug auf dem Programm. In diesem Jahr wird Claudia erstmals selbst mitlaufen. Beim »Zwergenaufstand« werden Laternen selbstverständlich selbst gebastelt. Gekauftes ist bäh. So etwas machen gute Mütter nicht. Da Zweijährige keine Laternen basteln können, müssen wir Mütter ran. Es gibt drei Modelle zur Auswahl. Die Sonne, die Maus oder das Herz. Claudia kann sich nicht entscheiden. Sie findet alle schön, also treffe ich die Entscheidung. Ich nehme das Herz. Weniger aus optischen Gesichtspunkten, sondern weil das Herz am einfachsten ist. Ich brauche trotzdem zweieinhalb Stunden, um etwas hinzubekommen, das im weitesten Sinne wie eine Herzlaterne aussieht. Basteln ist nun wirklich nicht meine Stärke. Basteln ist generell nichts für ungeduldige Menschen. Mir graut es schon jetzt vor Schultüte und all dem, was noch kommt. Es gibt eine Menge Mütter, die das Basteln lieben. »Es hat was Beruhigendes, diese kreative Arbeit, und das Resultat macht so viel Freude«, höre ich immer wieder. Für mich sind andere Dinge beruhigend. Ein schönes Schaumbad mit einem Gläschen Prosecco, ein netter Schuheinkauf oder ein gemütlicher Abend mit meinen Lieblingsfreundinnen. Aber um manche Dinge kann man sich nicht drücken. Erstaunlicherweise basteln mal wieder nur die Mütter. Männer leben ihre Kreativität wohl auch lieber anderweitig aus.
Voller Stolz trage ich die Laterne nach Hause und präsentiere sie Christoph. Er lacht. »Wenn Claudia sie gemacht hätte, hätte sie ähnlich ausgesehen«, ist sein Kommentar. Ich habe keine Ekstase erwartet, aber ein kleines Lob hätte mir schon gut getan. Aber er hat Recht, ein Meisterstück ist sie nicht gerade. Ich kaufe einen Holzstiel,
einen Kerzenhalter und die obligatorische Kerze. Jetzt sind wir gerüstet.
Dummerweise findet Claudia, kaum dass wir uns für den Umzug aufgestellt haben, das Herz doof. »Maus haben«, ist alles, was sie sagt. Jetzt kann selbst die tollste Mutter keine Maus mehr zaubern. »Wir haben ein wunderschönes Herz, guck mal, wie schön rosa es ist«, versuche ich, meine Tochter abzulenken. Es funktioniert nicht. Sie will eine Maus. Aber niemand aus der Gruppe will seine Maus tauschen. Ich versuche alles. Es fehlt nicht viel, und ich hätte sogar Bargeld geboten. »Willst du nicht lieber dieses rosa Herz«, rede ich auf die kleine Lara ein. Lara scheint es relativ egal, aber ihre Mutter bekommt fast einen Nervenzusammenbruch. »Du hättest doch eine basteln können«, fährt sie mich an. Kein Wunder bei meinem Herz. Ein Tausch erscheint wirklich nicht besonders attraktiv. Ich schäme mich für meine Faulheit und mein mangelndes Bastelgeschick. Vielleicht sollte ich mal den einen oder anderen Volkshochschulkurs besuchen. Seidenmalerei, Blumenstecken und Töpfern. Der Gedanke macht mich trübsinnig. Jetzt werden die Laternen angemacht. Bei Windstärke fünf gar nicht so leicht. Unsere Kerze geht ständig wieder aus. Die schlauen Profimütter haben Elektrolichter. Die
Weitere Kostenlose Bücher