Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
Zukunft
hier mit dem Hotel und unseren Kindern. Das kannst du mir glauben.« Ehe sie wieder
nach einem Taschentuch suchte, stimmte Liv ihr zu. Das war glaubwürdig. Sie war
kurz vor ihrem Ziel gewesen, endlich die Prinzessin auf diesem Schloss zu werden.
Nein, Königin wäre sie geworden. Der Senior hätte sie dazu gemacht. Ihr nutzte er
lebend mehr als tot.
»Glaubst
du, seine Noch-Ehefrau hat es nicht verschmerzt, dass du mit ihm glücklich geworden
bist und sogar die ihr nicht vergönnten Kinder mit ihm plantest?«
»Meinst
du?« Sie schaute gedankenverloren auf den Boden. »Wenn ich es mir genau überlege,
hat sie mal gesagt, ich würde es noch bereuen. Aber das war sicher nicht so gemeint.
Das war nur kurz verletzte Eitelkeit. Immerhin bin ich einige Jahre jünger. Im Grunde
glaube ich nicht, dass sie dazu fähig war. Sie würde doch nicht ihren Brötchengeber
töten. Das wäre ja ganz schön dumm. Eher hätte sie mich doch umgebracht, oder?«
»Aber wer
war es dann?«
»Das habe
ich mit Kommissar Frank auch schon überlegt. Er hat noch gar keine Spur.« Nach Zustimmung
forschend, schaute sie Liv an, aber die reagierte nicht.
»Ich will
den Geschwistern nichts Schlechtes anhängen, aber hat die Polizei ihr Alibi überprüft?
Ihnen drohte der Verlust des Erbes. Mein Verlobter wollte alles mir vererben und
mich als Chefin einsetzen. Ich fragte ihn, was dann aus seinen Kindern werden sollte.
Aber er meinte nur, das hätten sie sich selber zuzuschreiben. Was er damit genau
gemeint hat, weiß ich nicht. Aber er hatte kein schlechtes Gewissen. Ich habe gehört,
die Kinder wollten das Hotel an eine große Kette verkaufen. Alles, was er aufgebaut
hat, wollen die einfach zu Geld machen. Haben die denn keine Moral?«
»Ich habe
das Gegenteil gehört: dass der Senior verkaufen wollte.«
»Wieso sollte
er denn so etwas tun? Davon hätte er mir erzählt. Nein, die verdrehen jetzt natürlich
die Wahrheit. Ich sage ja, die beiden haben kein Gewissen und ziemlich viel Dreck
am Stecken. Schau dir die bloß mal näher an.«
»Das werde
ich tun, aber wie es aussieht, ist an dem Erbe nicht zu rütteln.«
»Das wäre
ja auch das Motiv, ihren Vater umzubringen. Sie konnten nicht abwarten, bis er von
selbst stirbt. Ich tat ihm sehr gut, das merkten alle. Wir hätten noch viele gemeinsame
Jahre gehabt.«
Wieder konnte
Liv sie nicht vom Weinen abhalten. Treffsicher tupfte Monika Salmann ihre Tränen
aus den Augenwinkeln, um ihre Schminke nicht zu gefährden. »Ist doch auch komisch,
wie eng Schwester und Bruder sind, findest du nicht? Das ist doch nicht mehr normal.
Die leben zusammen. Wie furchtbar.« Sie schüttelte sich vor Ekel.
»Wie geht
es deinen Giftfröschen?«, fragte Liv sie, als sie sich zur Tanzfläche wandte. Schnell
drehte sie sich wieder zurück. Ihre Augen blitzten. »Gut, warum fragst du?«
»Du hältst
dir also auch so kalte Tiere, die man nicht streicheln kann, weil sie einen dann
mit ihrem giftigen Schleim umbringen?«, lockte Liv sie aus der Reserve.
»Ach, was
erzählst du denn da? Sie sind völlig harmlos, bunt. Aber woher kennst du meine Frösche?
Kommissar Frank habe ich davon nichts erzählt.«
»Keine Ahnung,
ich habe es halt gehört. Du weißt doch, hier haben die Wände Ohren und Münder«,
lachte Liv.
Wieder lachte
sie nicht mit. Ihr Blick war misstrauisch. Sie überlegte und sprang plötzlich auf.
»Ich bin schrecklich müde, ich muss ins Bett. Das alles nimmt mich sehr mit. Ich
muss mich schonen. Schließlich muss ich bald wieder meine arme Mutter pflegen. Wir
sehen uns. Tschüss, Liv – und treib es nicht zu doll!« Diesmal lachte sie alleine.
Kurz nachdem
sie die Bar verlassen hatte, ging auch der junge Mann, mit dem sie so anzüglich
getanzt hatte, ziemlich eilig aus der Tür.
Liv hörte
der ruhigen Musik zu und wartete auf den Kellner, um die Getränkerechnung zu unterschreiben.
Langsam hatte Liv auch keine Lust mehr. Das Erlebte musste sie erst einmal verarbeiten
und sortieren. Diese Frau war faszinierend, strengte aber auch an. Jetzt hätte Liv
eine Massage vertragen können. Schade, es war zu spät.
53
Nicht zu spät war es aber für ein
Gespräch mit Dag. Eine weitere Gemeinsamkeit mit ihr war, dass sie auch gern spät
schlafen ging. Spät am Abend, wenn ihre Kinder im Bett und ihr Ehemann vor dem Fernseher
schliefen, war die beste Zeit für Gespräche. Und nun brauchte Liv dringend eine
echte Freundin. Zum Telefonieren ging sie noch einmal vor das Hotel. Sie war
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