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Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Titel: Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Sieben
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auch Wut über die eigene Machtlosigkeit.
    »Wenn du
nicht brav bist, wirst du es bereuen«, flüsterte er. Liv spürte seinen schlechten
Atem. Er hatte eben noch geraucht. Es widerte sie an, aber sie hielt verzweifelt
still.
    »Nun sag
schon, was du von mir willst, ich mach ja nichts«, gab sie eingeschüchtert von sich.
Er ließ von ihr ab. Nun hatten sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt. Sie erkannte
schemenhaft, dass er sich behutsam auf einen Stuhl direkt neben ihrem Bett niederließ.
    »Schon besser,
also sei ein braves Mädchen.«
    »Komm endlich
zur Sache!« Liv konnte ihr Plappermaul nicht beherrschen, entschuldigte sich aber
sogleich dafür mit zittriger Stimme.
    »Du gefällst
mir, du hast Mut – und nichts an.« Seine Stimmlage wurde gefälliger.
    ›Nur das
nicht‹, dachte sie, nur keine Anzüglichkeiten. Das wäre nun wirklich auch für sie
entschieden zu viel.
    Eine unangenehm
lange Pause entstand.
    »Still!«,
zischte er sie an, als draußen im Hotelgang Gekicher zu hören war. Offensichtlich
kamen eine Frau und ein Mann vorbei, die sich amüsierten. Kurz kam es Liv in den
Sinn, um Hilfe zu rufen.
    »Meine Pistole
ist genau auf dein Gesicht gerichtet. Komm auf keine dummen Gedanken«, flüsterte
ihr Gegenüber.
    Sie gehorchte.
    Wieder eine
viel zu lange Pause, aber wenigstens war der Typ vom letzten Thema abgelenkt und
konnte nun endlich zur Sache kommen. Liv überlegte, wo sie eine Waffe, ein Messer
oder irgendetwas zur Gegenwehr haben könnte. Ihre Gedanken waren glasklar, gestochen
scharf. Aber ihr fiel nur die Lampe auf dem Nachttisch ein oder das Buch daneben?
Nein, das war nicht wirkungsvoll, außerdem hätte sie sogar in dieser miserablen
Situation schon gern gewusst, was der überhaupt von ihr wollte.
    ›Warum bricht
dieser Scheißkerl nachts in mein Zimmer ein und bedroht mich und mein Leben?‹
    An einen
Zufall konnte Liv nicht glauben, dazu war in diesem Hotel bereits zu viel passiert.
Also wartete sie ab, was er zu sagen hatte. Derweil starrte sie krampfhaft in seine
Richtung, um irgendein Merkmal zu entdecken, das sie an ihm erkannte oder gar wiedererkennen
könnte. Schließlich hatte sie kein Glas splittern hören, kam er also durch die Tür,
hatte er einen eigenen Schlüssel oder ließ ihn der Nachtdienst herein?
    »Du hörst
mir jetzt genau zu. Ich sage es nur einmal. Besser, du merkst es dir genau.« Seine
Absicht, Liv einzuschüchtern, gelang, er hatte einen wirklich sehr drohenden Ton
drauf. Er hörte sich primitiv genug an, auch zuzuschlagen.
    »Lass die
Finger von diesem Fall. Du bist hier nur im Urlaub. Es gibt keinen Grund, deine
kleine Nase in Angelegenheiten zu stecken, die dich absolut nichts angehen.« Beim
Thema Nase schnellte er aus seinem Stuhl zu ihr hervor und berührte ihre – eigentlich
gar nicht kleine – Nase mit der kalten Pistolenspitze. Liv stockte der Atem.
    »Es wäre
doch schade, wenn du krank oder verletzt aus dem Urlaub zurückkämst. Was würde das
denn für einen Eindruck bei deinem Freund machen?« Und nun drückte er zu. Liv roch
den kalten Stahl. Ihre Nasenspitze quetschte er platt, um seinen Worten Nachdruck
zu verleihen.
    »Ich hoffe,
du verstehst mich. Ich scherze nicht.«
    Es dauerte
viel zu lange, bis er endlich von ihr abließ und sich die Geräusche zurückzogen.
Er ging langsam rückwärts. War es nun vorbei? Ihr Herz schlug ihr bis in die Schläfen,
ihr Atem hetzte wie nach einem 100-Meter-Sprint.
    »Alles klar«,
japste sie. »Sagst du mir, wem so sehr an meinem Wohlergehen liegt?«
    Das war
wohl eine blöde Frage. Er lachte nur dreckig. Das Gute daran war, das Lachen entfernte
sich von ihrem Bett. Liv wollte nur, dass er ging und sie endlich das Licht anmachen
konnte. Sie fühlte sich maßlos erniedrigt und hilflos, allein dadurch kroch eine
unbändige Wut in ihr hoch. Ihre Finger krallten sich in der Bettdecke fest.

55
     
    Eine laute Explosion, ein schriller
Knall, ein Wortgebrüll. Die Hotelzimmertür fiel aus den Angeln, schwarze Schatten
stürmten das Zimmer. »Hinlegen!«, schrie es durcheinander. Ein Schuss fiel. Liv
ließ sich zur Seite auf das Kopfkissen in dem Doppelbett fallen und zog ihre Bettdecke
weit über sich, als könnte diese sie vor Pistolengeschossen und Schlägen schützen.
Ihre Ohren hielt sie sich zu. Trotzdem hörte sie alles nur zu genau.
    »Waffe fallen
lassen, los, runter auf den Boden, Polizei!« Als Liv diese Worte hörte, lösten sich
alle ihre Verkrampfungen. Sie blinzelte vorsichtig und langsam mit

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