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Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)

Titel: Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Sieben
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beiden Augen
unter der Bettdecke hervor. Das Licht war an. Am Ende des Zimmers in der Couchecke
richteten schwarz vermummte Gestalten ihre Gewehre auf eine Gestalt, die auf dem
Boden lag. Einer kickte mit dem Fuß deren Pistole zur Seite und riss ihr die Maskenmütze
vom Gesicht. Liv sah nicht hin. Erst als drei Männer ihn mit Handschellen auf dem
Rücken aus dem Zimmer führten, blickte er zu ihr herüber. Sein von jugendlicher
Akne vernarbtes Gesicht war zu einem Grinsen verzogen, er zwinkerte ihr zu. Seine
Schultern zuckten, so als würde er ihr sagen wollen, Berufsrisiko, so etwas kann
passieren. Er widerte sie an.
    »Dir bleibt
aber nicht viel erspart.«
    »Frank!«,
kam ein sehnsüchtiger Ruf aus Livs Kehle. Diese vertraute Stimme tat ihr so unglaublich
gut. Er setzte sich auf ihr Bett, sie schwang sich zu ihm und er nahm sie in seinen
Arm. Er zog die Bettdecke hoch zu ihren Schultern als er merkte, dass sie keinen
Schlafanzug trug.
    »Hat er
dir etwas getan?«
    Liv schaute
ihn an: »Nein, gar nichts, er hat mich nur überfallen und mich fast ermordet.«
    Frank lächelte.
»Was hast du denn da auf der Nasenspitze?«
    Liv rieb
sie und wandte sich ab.
    »Ach, nichts,
er hat die Pistole auf meine Nase gepresst.« Dabei konnte sie ihre Tränen nicht
zurückhalten. Mit einer Entschuldigung vergrub sie sich wieder in die Bettdecke.
    »Ich lasse
einen Arzt kommen, Liv, das war eine Nummer zu groß, sogar für dich. Ruh dich erst
mal aus.« Er strich die Bettdecke glatt und beredete mit den noch anwesenden Polizisten,
wie sie die Türe provisorisch wieder richten konnten. Einige Hotelgäste, die von
dem Knall des Schusses aus dem Schlaf gerissen wurden und in Schlafanzügen und Bademänteln
neugierig ins Zimmer lugten, beruhigte Frank auch. »Es ist alles vorbei, gehen Sie
zurück in Ihre Zimmer, Sie sind sicher, der Verbrecher ist gefasst.«
    ›Na toll‹,
dachte Liv nur, ›toll, wie sicher man hier in den Hotelzimmern ist.‹
    »Frank,
wie kam der hier herein? Und warum seid ihr da? Woher wusstest du …?«
    »Tja, liebe
Liv, du hattest Glück im Unglück. Nach den zwei Morden haben die Geschwister Overbeck
und Overbeck vorgestern an den Hoteleingängen Überwachungskameras installiert. Der
Nachtdienst hat die Gestalt beobachtet, die mit dem Zimmerschlüssel in dein Zimmer
ging. Er hat sofort Bescheid gegeben und mich aus dem Bett geholt. Der Typ muss
eine Weile hier im Zimmer nur gesessen und geguckt haben. Hätte er sofort gehandelt,
hätten wir ihn wohl nicht erwischt. Es war knapp, aber was soll’s, es war eine erfolgreiche
Aktion. Der wird nun in die Mangel genommen.«
    »Sofort?«
    »Klar, den
nehme ich mir sofort vor. Du glaubst doch nicht, dass ich den erst ausschlafen lasse,
oder? Aber nun zieh dir deinen Schlafanzug über und nimm die Hilfe des Arztes an
und erhole dich. Wir sprechen uns morgen.«
    Er drückte
Liv an den Schultern ins Bett und richtete die Decke. »Nee, wie mütterlich du doch
geworden bist«, sagte Liv dankend. Er lächelte.
    »Wir können
froh sein, dass alles so glimpflich abgelaufen ist. Schlaf jetzt.«
    Liv zog
ihr Nachthemd über und tat so, als würde sie schlafen, in diesem Zimmer mochte sie
aber nicht bleiben. Kurzerhand wechselte sie nach Absprache mit der Rezeption in
ein freies nebenan, die Kleidung beließ sie in dem alten mit der provisorischen
Tür. Die Zimmer ähnelten sich wie ein Ei dem anderen. Der Arzt konnte nun kommen
und ihr eine Spritze mit Beruhigungsmitteln verabreichen. Das war gut, denn schlafen
hätte sie sonst in dieser Nacht nicht mehr gekonnt. Ihre letzten Gedanken galten
der unbedingten Absicht, ihre in der Jugend begonnenen Karatefertigkeiten aufzufrischen
und auszubauen.
    ›Ich will
nie wieder wehrloses Opfer sein, nie wieder!‹ Mit diesem Gedanken glitt sie weg
und träumte nichts.

56
     
    Es klopfte. Aus der Heftigkeit schloss
Liv, dass derjenige es wohl schon länger probierte. Ihr Blick auf die Uhr ließ sie
erschrecken: Es war fast Mittag. »Zimmerservice!«, rief eine zarte Stimme. Liv öffnete
und ließ eine Kellnerin herein, die ein üppig gedecktes Tablett mit ihrem Lieblingsfrühstück
Brötchen, Nutella, Kaffee und etwas Obst brachte. Ein kurzer Brief von Johann und
Maria Overbeck übermittelte ihr freundliche Grüße und die Verschiebung der Wellness-Behandlung
sowie eine zusätzliche Entspannungsmassage. ›Wie zuvorkommend und aufmerksam.‹ Liv
hatte einen Bärenhunger.
    Das Erlebnis
in der Nacht war vordergründig wie weggeblasen.

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