Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
das war es.
»Wem wollte
er schaden?«, fragte sie. »Dem Hotel? Seiner Familie? Seinen Frauen? Seinen Kindern?
Oder war alles ein unglücklicher Zufall? Woher hatte er das Gift?«
Liv konnte
Franks Begeisterung für diese Erkenntnisse nur langsam teilen. Nun wurde auf einmal
alles noch komplizierter. Auf jeden Fall hieß es umzudenken.
»Also du
bist sicher, dass er sich das Gift selbst gespritzt hat?«
Franks Telefon
piepste. »Und? Was gibt es?«, fragte er. Er nickte Liv ein erfreutes Ja zu, als
er über sein Handy die Nachricht bekam.
»Die Kollegen
haben eine gebrauchte kleine Spritze in der äußersten Ecke des Frühstücksraumes
unter einer Kommode gefunden. Es war keine von diesen kleinen Einweg-Diabetiker-Spritzen
oder so ein Pen, wie sie heißen, sondern eine, die man selbst aufzieht mit einer
ungewöhnlich langen Nadel. Wir hatten die Spritze zunächst übersehen, muss ich gestehen.
Eine Frau, die auch hier Gast im Hotel ist, hat uns erst heute in der Frühe nach
dem Mord an der Ehefrau darauf aufmerksam gemacht. Sie hatte beobachtet, dass der
Senior irgendetwas wegschleuderte, bevor er zusammenbrach. Wir haben sofort reagiert
– und die Spritze gefunden. Sie hatte sich unter der Kommode in einem Wandschlitz
verkeilt, war kaum zu entdecken. Es sind sicher die Fingerabdrücke des Toten auf
der Spritze. Und ich garantiere dir, dass sie herausfinden werden, dass kein Insulin
in der Spritze war. Was sagst du, Liv? Nun sag doch etwas.«
»Schlampige
Spurensicherung.«
»Da muss
ich dir zustimmen, das wird noch diskutiert. Aber abgesehen davon, suchen wir nur
noch nach einem Mörder.«
»… oder
nach einer Mörderin«, ergänzte Liv. »Wer ist die Zeugin?«
»Sie ist
noch im Haus, sie trägt immer einen schneeweißen Trainingsanzug.«
»Aha, die
ist ein bisschen wirr, die Dame. Warum rückt sie erst jetzt mit der Sprache heraus?«,
fragte sie nachdenklich, während sie sich an den Blick der Frau zurückerinnerte,
als sie am Morgen des Todes des Seniors aus dem Frühstücksraum ging.
»Das habe
ich sie natürlich auch gefragt, sie meinte, sie habe erst später erkannt, dass es
etwas bedeuten könnte. Ich rufe dich später an, ich muss nun los«, verabschiedete
sich Frank.
Gedankenversunken
ging Liv zurück zum Hotelzimmer. Die Frau im weißen Trainingsanzug hatte ihr doch
die Andeutung gemacht, dass die Eltern ihre Kinder töten wollten. Was Liv als wirres
Zeug abtat, bekam nun eine andere Dimension. Der Vater wollte mit seiner Selbstmordaktion
tatsächlich den Verdacht auf jemand anderen lenken, wie die Frau im weißen Trainingsanzug
andeutete, sogar auf seine eigenen Kinder. Das war Wahnsinn.
57
Schnell war Liv wieder im Jetzt,
denn ihre Zimmertür stand sperrangelweit offen.
›Ich hatte
sie bestimmt nicht offen gelassen.‹
Langsam
und leise schob sie sie auf. Sie hatte ein komisches Gefühl, als ob noch jemand
im Zimmer wäre. Sehen konnte sie niemanden. Sie schlich weiter hinein. Nun sah sie
es. Erneut innerhalb von knappen 12 Stunden verkrampften sich Kehle und Lunge. Zwei
kleine Glas-Terrarien standen mitten auf dem Wohnzimmertisch. Nach Atem ringend,
ging Liv näher heran und entdeckte in jedem der Glasgefäße zwei kleine Frösche in
auffallend bunter Farbzusammenstellung.
Giftfrösche,
das waren die tödlich giftigen Frösche aus Südamerika. So sahen sie auf den Fotos
im Internet aus. Liv hatte keinen Zweifel. Das sollte erneut eine Drohung sein.
Schnell
schaute sie sich reaktionsbereit in ihrem Zimmer um, es war nichts Ungewöhnliches
zu sehen.
›Das ist
eine Warnung, nein, mehr noch, eine Todesdrohung. Da meint es jemand ziemlich ernst,
dass ich mich aus der Sache hier heraushalten sollte.‹
Livs Handy
kribbelte und klingelte. Sie wäre entdeckt, falls der Täter noch hier im Zimmer
war. Automatisch ging sie dran.
»Liv. Störe
ich?« Es war Dag. »Ich wollte dir nur sagen, dass du auf dich Acht geben sollst.
Dein Horoskop für diese Tage ist nicht erfreulich. Das wollte ich dir nur mitgeben.
Liv? Du sagst ja gar nichts.«
»Steht in
diesem Horoskop, dass ich nachts überfallen werde und mir ständig jemand droht?
Mir reicht es tatsächlich, Dag. Ich habe keinerlei Lust, länger als Zielscheibe
eines Phantoms zu fungieren. Das nächste Mal werde ich vor ihm da sein. So ausgeliefert
zu sein, passt einfach nicht zu der Rolle, die ich mir zugedacht habe. So wird es
nicht weitergehen.«
»Ist dir
etwas passiert? Komm da weg! Dein Kommissar wird dir auch nicht helfen
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