Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
wunderbar verbinden und war so herrlich unauffällig.
Ihr letzter
Schluck Kaffee war kalt und schmeckte bitter. Als sie aufstand und ging, machte
sie einen Schlenker und naschte im Vorbeigehen eine Praline aus der süßen Ecke.
Sie liebte das Hotel für diese Idee, Pralinen zu offerieren – sogar zum Frühstück.
Sie prostete mit der zweiten Praline entschuldigend dem Kellner zu. Er nickte und
zwinkerte zurück.
Nun kamen
peu à peu die anderen Gäste aus ihren Zimmern und strömten dem Frühstücksraum entgegen.
Es war noch immer herrlich früh. Liv nahm sich vor, heute noch eine Menge zu schaffen.
Zunächst aber machte sie einen kleinen Morgenrundgang in der noch klaren und unverbrauchten
Luft. Die Kühle spornte sie an, etwas schneller zu gehen. Den Hoteleingang joggte
sie hinaus. Nachdem sie jedoch merkte, dass sich ihr Magen samt Inhalt durch das
Auf und Ab nicht so behaglich fühlte, reduzierte sie den Schritt und ging einfach
nur schnell der Sonne entgegen. Sie musste am Parkplatz vorbei, um zu den weitläufigen
Wiesen und dem Park zu gelangen. Am Ende des Parkplatzes stand Bettina mit vier
recht steifen und stöhnenden Herren in Jogging-Tracht und machte Stretching-Übungen.
Als sie fertig waren und Bettina sich von ihnen verabschiedet hatte, kam sie zu
Liv herübergejoggt und endete mit einem echt Düsseldorfer Radschlag. Sie stoppte
kurz vor Liv, hielt eine Hand auf und rief: »Eene penning!«
»Du könntest
im Sommer am Radschläger-Wettbewerb auf der Kö teilnehmen, wie wär’s?«, schlug Liv
vor.
»Nix da,
war nur ein kleiner Scherz«, leitete die Trainerin ihr Treffen ein. »Das da drüben
war meine Rentnergruppe heute Morgen. Ich bin noch gar nicht gefordert, da japsen
sie schon nach Luft. Aber egal, sie tun wenigstens etwas für sich und ihren Körper.
Das erkenne ich hoch an. Wenn jemand nichts tut, darf er sich auch nicht wundern,
wenn der Körper früher Schluss macht, nicht wahr? Aber zu den Schlappis gehörst
du ja auch nicht, Liv. Klasse, denn du bist ja nun auch nicht mehr die Jüngste.«
Liv schaute
sie mit schneller Kopfbewegung an, konnte aber nicht viel darauf erwidern.
»Wie geht
es deinen gelben Fröschen?«, fragte Liv, um das Thema wieder auf das Wesentliche
zu bringen.
»Immer bei
der Arbeit, Frau Reporterin? Kannst du gar nie abschalten?«
»Alles zu
seiner Zeit«, antwortete Liv.
»Es geht
ihnen gut, den gelben und den blauen. Sie scheinen den Umzug gut verkraftet zu haben.
Stell dir vor, wir haben bald Nachwuchs. Aber ich habe gehört, dass es nicht allen
so gut geht wie meinen. Es kann eine neue Sammelbestellung aufgegeben werden. Das
machen wir immer, ist billiger.«
»Sind so
viele gestorben oder warum?«
»Ja, ist
wohl so, sie sind sehr empfindlich.«
»Vor allem,
wenn man sie bis auf das Blut reizt«, stichelte Liv. »Wer braucht denn Nachschub?«
Bettina
wusste es nicht und hüpfte ungeduldig auf der Stelle. »Ich will nicht kalt werden.
Lass uns heute Nachmittag weiterplaudern, da haben wir ja auch unseren letzten Termin.
Also, bis dann.« Sie joggte locker von dannen in Richtung einer weiteren kleinen
Gruppe, die sich hüpfend warmmachte und Bettina erwartete. Gemeinsam joggten sie
los in Richtung Rheinufer.
Liv ging
noch eine kleine Runde, ihre Gedanken kreisten immer wieder um die beiden Geschwister.
Waren sie die Mörder?
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»Einen wunderschönen guten Morgen
wünsche ich Ihnen.«
Lachend
wandte sich Liv um.
»Wie angenehm,
diese Stimme zu hören. Guten Morgen, Herr von Schenck. Schön, Sie zu sehen. Gehen
wir ein Stück?«
»Sehr gern.«
Wie von
selbst hakte Liv sich bei ihm unter und lächelte ihn an. Er lächelte ebenfalls,
während er ihre Hand tätschelte und ihr damit signalisierte, dass er es guthieß.
Sie fühlte seinen wollseidenen Jackettärmel, roch seinen dezent herben Parfümduft
und kuschelte sich fast ein wenig an ihn.
»War es
schlimm?«, fragte er.
Liv wusste
sofort, was er meinte, und wunderte sich auch nicht mehr, dass er von dem nächtlichen
Überfall in ihrem Schlafzimmer bereits wieder Kenntnis hatte.
»Na ja,
angenehm ist etwas anderes. Dieses Ausgeliefertsein, diese Machtlosigkeit, diese
Erniedrigung ist schwer zu ertragen. Er ist eine feige arme Kreatur, die auf Befehl
eines anderen handelte. Insofern war seine Überwältigung und Verhaftung vor meinen
Augen bereits ausreichend Genugtuung. Ich will an den Kopf heran. Ich will wissen,
wer mir den auf den Hals gejagt hat.«
»Dann hätten
wir den Mörder«, folgerte
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