Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
von Schenck.
»Davon gehe
ich aus.« Liv erzählte ihm von den Untersuchungsergebnissen der Polizei, dass es
bei dem Senior wahrscheinlich ein Selbstmord war. Von Schenck blieb entrüstet stehen,
ließ ihre Hand aber nicht los.
»Was für
ein perverser Mensch, der sich unschuldige Zuschauer bei seinem eigenen, selbst
initiierten Tod suchte. Unvorstellbar. Und ganz nebenbei setzt er andere der Verdächtigung
aus. Interessant.« Er konzentrierte seine Gedankengänge nun auf die gewandelten
Umstände. »Ging der werte Herr so weit, dass er auch den zweiten Mord an seiner
Ehefrau durch seinen Tod provoziert hat?« Er schaute Liv an. Liv zog ihre Hand zurück,
konnte dann besser denken.
»Darauf
bin ich noch nicht gekommen. Eine interessante These.«
»Der Senior
hat alles vorausgesehen und geplant. Am Ende ist er tot, seine Frau auch, seine
Kinder sind im Gefängnis und seine neue Liebe führt das Hotel. Oder umgekehrt: Der
Senior ist tot, seine Frau auch, die Geliebte im Gefängnis und die Kinder haben
einen durch die vielen Schlagzeilen erheblichen wirtschaftlichen Schaden. So hat
er allen noch eins mitgegeben. Solche Menschen soll es ja geben.«
»Als hätte
das Leben nicht genug Probleme, mit denen jeder fertig werden muss. Warum legen
böse Menschen immer noch einen drauf?«
»Diese Bösen
haben noch viel zu lernen, sie scheinen noch weit vor dem Stadium der Tiere zu stehen.«
Sie gingen
noch eine Weile schlendernd durch den Park nebeneinanderher.
»Wie war
Ihr gestriger Abend? Nur kurz, weil Sie jetzt schon so munter sind?«, fragte Liv.
»In meinem
Alter kann ich es mir nicht mehr leisten, zu viel Zeit für den Schlaf zu vergeuden.
Die Zeit läuft immer schneller. Zum Glück brauche ich nicht viel Schlaf. Nein, meine
Tochter und ich waren gestern Abend essen und im Theater – nein, Schauspielhaus
nennt es sich ja hier. Das Schauspiel ›Professor Bernhardi‹ von Arthur Schnitzler
war sehr gut, das kannte ich ja bereits. Aber auch die Darsteller und das Bühnenbild
haben mich eingenommen. Ich habe Ihren Tipp beherzigt und mir die abendliche rosa-orange-blaue
Außenbeleuchtung des weißen, geschwungenen Gebäudes angesehen. Sie hatten recht,
es war es wert, behalten zu werden. Danach sind wir durch das belebte Düsseldorf
bei Nacht zur Kö gelaufen. Und auch im Victorian wurden unsere hohen Erwartungen
nicht enttäuscht. Gediegene Atmosphäre, exklusive Bedienung und vorzüglich die Speisen!«
»Aber teuer,
nicht wahr?«
»Alles im
Leben hat seinen Preis«, wich von Schenck aus. Er fügte an: »Heute habe ich noch
eine Architekturführung am neuen Hafen und dann reisen wir ja auch bald wieder ab.«
Liv mahnte
zur Rückkehr, als von Schenck fragte: »Was geschieht jetzt?«
»Der Kommissar
geht zum Angriff über«, erklärte Liv. »Ich soll ihm helfen. Bin gespannt.«
»Ich habe
auch eine Informantin. Die Frau im weißen Hosenanzug weiß eine ganze Menge. Ich
treffe sie gleich.«
»Die ist
doch ein bisschen seltsam, oder?«
»Es kann
nicht schaden, wenn jemand andere Denkansätze mit einbringt, oder?«, sagte von Schenck
lächelnd. »Und Sie wissen doch: Viele Hunde sind des Hasen Tod.«
63
Ab- und ungeschminkt machte sich
Liv zu ihrer Farb- und Stilberatung auf in den Wellnessbereich. Nur ein paar Frühschwimmer
kreuzten ihren Weg. Liv nahm sich für die letzten zehn Minuten eine stille Ecke,
ließ sich auf einem gelben Handtuch nieder, setzte den Kopfhörer auf und lauschte
der Musik. Sie schloss die Augen und versuchte, sich gedanklich zu entfernen. Jedoch
immer wieder sah sie kleine, gelbe Frösche. Sie verfolgten sie geradezu auf ihrem
inneren Auge. Genervt schreckte Liv hoch.
›Wie krieg
ich diese Frösche nur aus meinem Kopf?‹
»Sie wirken
verfolgt«, sprach sie eine Frauenstimme an. »Lassen Sie Ihre Gedanken nicht los?
Ich weiß da eine wunderbare Therapie: Gehen Sie dorthin, wo es am meisten nervt
oder weh tut. Nehmen Sie sie an, Ihre schmerzhaften Gedanken, lieben Sie sie.«
Liv ging,
abwinkend und genervt, und ließ den weißen Jogginganzug in seiner Absurdität stehen.
»Alles klar.«
Schon wieder diese Verrückte, von der von Schenck sagte, sie hätte andere Denkansätze.
›Wie sollte
ich diese Frösche lieben lernen? Frösche lieben, was sollte das? Mögen, eventuell,
denn eigentlich waren sie ja wirklich ganz niedlich, wenn man sie neutral betrachtete,
aber lieben? So ein Quatsch. Es sei denn als Froschschenkel auf dem Teller.‹
»Frau Liv
Oliver, da sind Sie ja, ich
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