Frösche, die quaken, töten nicht: Roman (German Edition)
Heulen.
Die Wahrscheinlichkeit,
dass sie irgendwann in den letzten Tagen mit ihrer Freundin teuer einkaufen gegangen
war, schien ziemlich hoch. Sie war eben eine Frau mit Sinn für Luxus und es war
sommerlich warm geworden. Liv musste pokern.
Sie überlegte
kurz, nahm wohl an, dass Liv sie tatsächlich gesehen haben könnte, und lenkte wieder
mit weinerlicher Stimme ein:
»Ach, du
meinst Claire? Hast du mich überwacht?« Sie schaute Liv verheult an. Wie ein kleines
Mädchen lehnte sie ihren Kopf an Franks Brust und drehte an seinem Hemdknopf.
»Wie heißt
Claire weiter?« Livs Atem stockte vor Aufregung. Sollte sie nun in die Falle gehen?
Auch Frank
wollte so unbeteiligt wie möglich erscheinen und schaute sie mitleidsvoll an. Ihr
gefiel diese Rolle nur teilweise. Dann brach es aus Monika Salmann heraus:
»Wie konnte
er mir das antun?« Und sie heulte mit erhöhtem Ganzkörpereinsatz, um die Situation
zu überspielen.
Nun wurde
es sogar Frank zu viel. Mit beiden Armen stemmte er ihre schlaffen Hände von sich,
stand auf und streifte sein Hemd glatt.
›Herr Kommissar,
wir sind nah dran, lass nun nicht locker.‹ Livs durchdringender Starrblick wollte
ihm dies alles mitteilen, doch er wich aus und schaute nur auf das Häufchen Elend
in der Sofaecke.
Liv machte
auf dem Absatz kehrt und schaute wütend hinaus, die Katze suchend. Sie saß noch
immer an derselben Stelle. Nun musste Liv das letzte Mittel ergreifen.
»Nun zieh
hier mal nicht so eine Show ab, Puppe.« Liv ging zu Monika Salmann und stupste ihr
unsanft auf die Schulter. Von unten schaute die zu ihr hinauf. Ihre nassen Augen
wurden zu Katzenschlitzen, aus denen ihre Blicke Liv wie Pfeile treffen sollten.
Ihre Gefühlsäußerungen unterzogen sich einem urplötzlichen Wandel. Liv spürte ihren
Hass. Sie schien innerlich zu kochen. Und Liv setzte noch einen drauf:
»Tu nicht
so scheinheilig, du bist durchschaut, ich weiß Bescheid. Nun mach es nicht noch
viel schlimmer. Du ziehst dir gerade deine eigene Halsschlinge zu. Merkst du denn
nichts?«
Monikas
Lippen zitterten vor Wut. Wie ein knurrender Hund spannten sich ihre Lefzen, fletschte
sie ihre unnatürlich weißen Zähne. Sie vergaß ihre Pose, als sie langsam aufstand,
Liv im Visier, die diesem Blick standhielt.
Aus den
verhärteten Gesichtszügen zischten böse Worte in Livs Richtung, nur in Livs. Frank
war außen vor. Er beobachtete alles, die Hand am Pistolenholster, dessen Druckknopf
bereits geöffnet war.
»Was weißt
du denn schon?«, keifte sie Liv an. »Du hattest doch immer alles, hast nie in viel
zu großen, aufgetragenen Kleidern oder drückenden Schuhen zur Schule gehen müssen.
Hast nie ertragen müssen, wenn dein eigener Vater betrunken erst auf die Mutter
und dann auf dich einschlägt. Du mit deinen reichen Eltern, bist sicher an der Hand
deines Vaters in die Kirche gegangen, als mein stinkender Vater uns missbrauchte.
Du weißt nicht, was es heißt, nichts zu haben. Erzähle du mir nichts vom Leben!«
Sie kam Liv immer näher, ihre Fäuste geballt. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte
Liv, wie Frank ebenfalls näherrückte. ›Um wen sorgt er sich?‹, schoss es ihr kurz
durch den Kopf. Liv ging noch weiter, sie wollte die andere wirklich bis aufs Blut
reizen und sehen, was passierte.
»Und eine
schlimme Kindheit rechtfertigt einen Mord?« Nun war es ausgesprochen. »Schluss mit
der Schonzeit, nun wird Tacheles geredet!«, befahl Liv geradezu und im tiefsten
Ton, den sie herausbrachte.
»Willst
du damit sagen, dass ich eine Mörderin bin?« Und beim letzten Buchstaben attackierte
sie Liv mit ihren Krallen an der Gurgel und setzte zum Zudrücken an. Reflexartig
wehrte Liv sie ab und traf mit dem Knie in ihren Unterleib. Monika Salmann hielt
kurz die Luft an, fiel dann kreischend und heulend zurück ins Sofa. Frank stand
zwischen den Frauen, Liv zugewandt und wollte, dass sie sich beruhigen und sich
wie zivilisierte Damen unterhalten sollten.
Es wirkte,
Monika Salmann hielt sich gekrümmt, wurde aber ruhiger. War sie des Kämpfens endlich
müde geworden?
Franks Blick
sagte Liv, dass sie auf dem richtigen Weg war und weitermachen sollte. Liv war die
Böse, die sie reizte, er der Liebe, der sie wieder beruhigte und in Sicherheit wiegte.
Nun tischte Liv alles auf.
67
»Mit dem Tod deines Verlobten hast
du auf einmal alle deine Felle wegschwimmen sehen. Deine geplante rosige Zukunft,
wie du sie dir ausgemalt hattest, wurde von einem auf den anderen Tag zerstört.
War es nicht
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