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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Schutz genommen hatte, und noch gemeiner gegen Huang Qiuya. Ich kann schon verstehen, dass meine Tante dies aus Selbstschutz getan hatte. Wie jemand, der im Dunklen durch die Nacht reisen muss und lauthals singt, dessen Herz sich aber zur gleichen Zeit ängstlich zusammenkrampft. Ihr alter Direktor war ein warmherziger Mensch gewesen. Er hatte der Erniedrigung nicht standgehalten und sich im Brunnen ertränkt.
    Huang Qiuya brachte nun, vielleicht aus Rache, vielleicht, weil sie sich genötigt fühlte, manches über meine Tante und Wang Xiaoti an den Tag und lieferte Beweise für geheime Kontakte, die beide unterhalten hätten. Sie sagte, dass Wan Herz nachts im Traum laut »Wang Xiaoti«gerufen habe und dass sie sie eines Nachts, als sie Nachtschicht gehabt habe und darum erst spät ins Wohnheim zurückgekommen sei, nicht angetroffen habe. Wohin eine trübsinnige, alleinstehende Frau denn mitten in der Nacht wohl zu laufen hätte? Auf der Suche nach ihr habe sie sie am Ufer des Kiaolai-Flusses im Weidenwald stehen und drei rote Rauchsignale abschießen sehen. Kurz danach sei aus großer Höhe das Brummen von Flugzeugmotoren zu hören gewesen. Nach einiger Zeit habe sich jemand heimlich ins Wohnheim geschlichen. Der Gestalt nach sei es zweifellos Wan Herz gewesen. Dem Krankenhausdirektor habe sie darüber sofort Bericht erstattet, der jedoch sei wie Wan Herz ein »Machthaber, der den kapitalistischen Weg geht«, und er habe nichts verlauten lassen. Wan Herz sei zweifelsohne eine Spionin der Kuomintang.
    Diese Geschichte hätte schon gereicht, um meine Tante unter die Erde zu bringen, aber Huang Qiuya hatte noch eine weitere in petto und berichtete, meine Tante sei oft in die Kreisstadt gefahren, weil sie eine Affäre mit dem Kapitalisten Yang Lin habe, und sie sei von ihm auch schwanger geworden, die Abtreibung habe sie, Huang, eigenhändig vorgenommen.
    Die Massen sind erfinderisch, wenn’s ums Ausschmücken und Dazuerfinden geht, sie verfügen über eine überbordende, bösartige Phantasie. Huang Qiuya hatte zwei große Verbrechen meiner Tante aufgedeckt und damit die Sensationslust der Massen befriedigt. Die Massen hatten ihren Hunger nach Sensationen umso mehr gestillt, weil Gugu nichts von alledem zugegeben, sondern beständig Widerstand geleistet hatte. Die Tage, an denen man bei uns in Nordost-Gaomi diese Kritik- und Kampfversammlungen abhielt, wurden zu berühmten Schandtagen. Jedes Mal stritt meine Tante unablässig und lauthals alle Vorwürfe ab.
    Ich verfolgte alles vom Dach aus; ich befand mich oberhalb von Huang Qiuya und hatte deshalb ihren geschorenen »Yin und Yang-Kopf« im Blick. Ich verspürte Hass, Mitleid, Verstörung, Horror und Trauer. Ich nahm einen Ziegel vom Dach und zielte damit auf ihren Kopf. Ich hätte nur die Hand öffnen müssen, und der Ziegel wäre hinunter auf ihren Kopf gefallen. Aber ich kam ins Grübeln, schließlich tat ich es nicht.
    Viele Jahre später erzählte ich meiner Tante davon.
    »Ich bin dir dankbar dafür, dass du es nicht getan hast! Sonst wäre mir noch mehr Schuld aufgeladen worden und die Anklage noch schwerer ausgefallen.«
    Auf ihre alten Tage meinte sie immer, dass sie Schuld auf sich geladen habe, und zwar eine besonders schwerwiegende Schuld, von der sie niemals frei werden würde. Ich fand, sie sollte die Schuld nicht nur bei sich selbst suchen. In jener Zeit habe doch keiner besser gehandelt als sie, da habe man nehmen können, wen man wollte. Aber meine Tante sagte nur immer: »Kind, du verstehst das nicht.«
    Als sie Yang Lin auf die Bühne zwangen und vorführten, nahm der, der mit einem Bein auf dem Rückgrat meiner Tante stand, seinen Fuß weg. Sie zogen sie hoch und stellten sie mit vornüber gebeugtem Oberkörper und nach unten gepresstem Kopf, die Arme auf dem Rücken gefesselt, neben Yang Lin auf. Die Pose glich der Form nach dem Tiger-5 Jet, den dieser Wang Xiaoti geflogen hatte. Ich konnte auf Yang Lins Glatze herabgucken.
    Noch vor einem halben Jahr hatte er sich in so göttergleichen, unerreichbaren Sphären bewegt, dass wir uns schon Hoffnungen gemacht hatten, meine Tante könnte sich mit ihm auf ewig verbinden, obschon er doch zwanzig und mehr Jahre älter als sie war. Sie hätte zwar nur den Platz seiner verstorbenen Gattin eingenommen, aber dadurch wäre sie Ehefrau des Parteisekretärs geworden. Mit dem stattlichen monatlichen Sold eines hohen Kaders war er eine Persönlichkeit gewesen, die, Sekretär und Polizist im Gefolge, in einem

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