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Fronttheater

Fronttheater

Titel: Fronttheater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Bahren lagen. Das leise Atmen von vierzehn Menschen.
    Erika Nürnberg stand am Fenster und stierte in die Nacht hinaus. Auf den Waldrand.
    Von dort werden sie kommen, dachte sie. Kramer und seine Männer – oder die Russen.
    »Kannst du dir vorstellen, wie das ist, wenn man keine Angst mehr zu haben braucht?« fragte Sonja leise.
    Sie hockte in einer Ecke, ihren Kopf an Walter Meyers Schulter gelegt.
    »Nee. Kann ich nicht.« Meyers Stimme klang rauh. »Mir ist, als ob dieser Scheißkrieg schon hundert Jahre alt wäre. Und tausend Jahre dauert er mindestens noch.«
    »Ich möchte jetzt an einem schönen See liegen«, sagte Sonja träumend. »Gleich am Ufer steht unser Haus. Nur ein ganz kleines Haus. Zwei oder drei Zimmer. Wir haben gerade Mittag gegessen und liegen auf der Wiese, direkt am Ufer. Die Sonne scheint auf das Wasser. Es ist warm. Die Blumen duften stark. Und irgendwo singt ein Vogel. Ich glaube, es ist eine Lerche. – Und keine Angst, daß man uns gleich umbringen wird. Kein bißchen Angst. Nur Sonnenschein und der Duft der Blumen und …«
    »Hör auf!« schrie Erika und preßte die Hände an die Ohren. »Hör doch auf mit dem Unsinn!«
    Sie brach in ein hilfloses, hysterisches Schluchzen aus.
    »Erika.« Fritz Gartens Stimme war ruhig und fest. »Nicht durchdrehen, Kleines.« Er zog sie an seine Brust.
    »Ich kann nicht mehr, Fritz«, flüsterte Erika und drückte ihr Gesicht an seine Schulter. »Ich kann einfach nicht mehr!«
    »Wenn wir hier wieder herauskommen, sorge ich dafür, daß du aus der Truppe entlassen wirst. Dann ist der Krieg für dich vorbei.«
    »Und du?« Erika hob den Kopf. Im Dunkel suchte ihr Blick Gartens Gesicht.
    »Ich muß dableiben.«
    »Dann bleibe ich auch. Ich will nicht mehr ohne dich leben, hörst du? Nie mehr.«
    Garten sagte nichts. Sekundenlang war es still.
    Aber die Frage war trotzdem zu hören, sie schwang durch die Stille: Und was ist mit Hans Berthold?
    »Ich weiß jetzt, zu wem ich gehöre.« Erikas Stimme war fest und klar. »Ich habe es mir nicht leicht gemacht, Fritz. Glaube es mir. Ich wollte dich nicht lieben. Ich habe mich so lange dagegen gewehrt. Aber es war stärker als ich.« Sie legte ihre Arme um seinen Hals. »Ich liebe dich.«
    »Achtung, sie kommen!« Sonja rief es.
    Garten, Meyer und die vier leichtverwundeten Landser sprangen an die Fenster.
    Drüben am Waldrand lösten sich Schatten aus dem Dunkel, traten in das matte Mondlicht hinaus.
    Drei – zehn – vierzig
    Atemlos starrten die Menschen im Steinhaus ihnen entgegen. »Nun sagt doch, was los ist«, flüsterte einer der Verwundeten von seiner Bahre. »Ist es der Iwan? – Nun sagt doch was! Wir können doch nichts sehen.«
    »Wir wissen's noch nicht«, sagte Walter Meyer und spielte nervös mit dem Sicherungsflügel seiner Maschinenpistole. »Sie sind noch zu weit weg.«
    Irene, Sonja und Lore hockten in einer Ecke des Raumes, dicht aneinandergedrängt, als ob sie sich gegenseitig stützen wollten in ihrer Angst.
    Erika stand mit Fritz Garten am Fenster. Ihre Hand preßte sich um seinen Arm. Mit brennenden Augen starrte sie dem Haufen, der langsam auf das Dorf zukam, entgegen. Ab und zu blinkte das Mondlicht auf Waffen und Helmen.
    »Sie haben Verwundete bei sich«, sagte Garten plötzlich.
    »Tatsächlich.« Meyer konnte es jetzt auch erkennen.
    Die Männer waren auf fünfzig Meter heran. Drei, vier von ihnen stützten sich auf die Schultern ihrer Kameraden. Hinter ihnen ein halbes Dutzend Bahren.
    »Das können doch nur unsere Leute sein«, murmelte Walter Meyer. »Die Russen würden doch keine Verwundeten …« Er hielt die Spannung nicht mehr aus. »Halt!« brüllte er heiser. »Halt, oder ich schieße!«
    Eine der Gestalten hob den Kopf. »Nun dreht bloß nicht durch, ihr Affen!«
    »Es sind unsere!« brüllte Meyer. »Es sind unsere!«
    Sie drängten zur Tür, stürzten hinaus, den Landsern entgegen. Die angestaute Todesangst verströmte in wildem Lachen, Schreien.
    »Peter!« Irene flog an Kramers Brust, preßte sich an ihn.
    Erika hatte sich an Gartens Schulter gelehnt. Gartens Hand streichelte ihr Haar. Für einen Augenblick war der Krieg weit fort, vergessen. Wie aus weiter Ferne hörte sie Leutnant Kramers Stimme: »Nun rate mal, wen wir da eben herausgepaukt haben, Irene.«
    »Hans!« schrie Irene fassungslos.
    Erika löste ihren Kopf von Gartens Schulter. Drei Schritte vor ihr stand ein hochgewachsener, blonder Offizier in abgerissener, verdreckter Uniform.
    Irene Berthold hatte

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