Froschkuss (German Edition)
Glas und berichtete ausschweifend über die finanzielle Situation seines Magazins, bis die Kellnerin unser Essen servierte.
Danach redeten wir weiter um den heißen Brei herum, so kam es mir jedenfalls vor, es war überaus schwierig, mit Lars auf eine persönliche Gesprächsebene zu gelangen. Aber vielleicht wollte er das auch nicht? Oder war er einfach nicht der Mensch, der über seine Gefühle sprach? Er fragte mich, ob ich noch einen Nachtisch haben wolle, aber ich wählte lieber noch einen Weißwein. Ich durfte diese Chance nicht einfach an mir vorbeiziehen lassen. Ich musste endlich Klarheit haben. „Bist du eigentlich mit Celine zusammen?“
Lars lehnte sich etwas zurück und verschränkte seine Arme vor der Brust. „Wie kommst du denn darauf!“
„Naja“, begann ich, aber Lars blickte zur Tür und winkte. Er hatte einen Bekannten entdeckt, der sich einen Stuhl vom Nebentisch griff und diesen an unseren Tisch heran zog. „Ich störe doch nicht?“
„Nein überhaupt nicht“, erwiderte Lars erleichtert, wahrscheinlich war er heilfroh, dass er auf diese Weise der Beantwortung meiner Frage aus dem Wege gehen konnte.
Der Bekannte hieß Carsten, arbeitete als Vermögensberater und war ein Mann, der sich liebend gern selbst reden hörte. Worte wie „Derivate“, „Anleihe“ und „Aktienindex“ drangen in meine Ohren, ohne dass ich begriff, was dieser Typ eigentlich sagen wollte. Aber ich hatte ohnehin nicht den Eindruck, dass er mich als kompetenten Gesprächspartner wahrnahm, da er die meiste Zeit wild gestikulierend auf Lars einredete. Hin und wieder nestelte er nervös an dem Kragen seines taillierten weißen Hemdes herum oder schaute auf seine protzige Uhr, als habe er noch hundert weitere Termine an diesem Abend. Schließlich verabschiedete sich Carsten: „man sieht sich“ und Lars schlug vor, zu zahlen und mich nach Hause zu fahren. Da es nicht regnete, öffnete Lars das Verdeck seines Cabrios. Es war schon cool, mit diesem Auto die Holtenauer Straße hochzudüsen, ich kam mir ziemlich glamourös vor, mit meinen wehenden Locken im Wind. Die Straße war so gut wie leer, nur ein Taxi überholte uns mit überhöhter Geschwindigkeit. Lars parkte sein Auto in der Nähe meiner Wohnung und schaltete den Motor ab. Ich ergriff meine Handtasche. „Also dann ...“, sagte ich und öffnete die Beifahrertür. Lars berührte mich am Arm. „Sonia, warte noch einen Moment.“ Er drehte sich zu mir und schloss seine beiden Hände um meine: „Ich wollte mit dir noch über die Sache im Aufzug reden.“
„Was denn für eine Sache?“, fragte ich spitz, denn das Wort „Sache“ verursachte bei mir eine leicht aggressive Stimmung. „Du weißt doch, was ich meine“, fuhr mein Chef fort und schob eine Locke aus meinem Gesicht. „Du hast wirklich schöne Haare!“
In diesem Moment – wie konnte es auch anders sein – ertönte das nervige Gebimmel seines iPhones: „Ja?“
Pause. „Ach du bist es!“ Dann sagte Lars nur noch „mmm“, „aha“ und „ach so“ und verabschiedete sich mit: „Ich bin gleich da!“
„Du musst noch weg?“
„Ja, es ist dringend. Eine Freundin braucht meine Hilfe!“
„Du meinst Celine!“
Lars drehte sich von mir weg, die Stimmung war verflogen. „Das geht dich, glaube ich, gar nichts an.“
„Wenn du meinst!“, erwiderte ich kurz angebunden, stieg aus und ließ die Autotür zuknallen. „Schönen Abend noch!“
Dann drehte ich mich um und hörte, wie Lars den Motor seines Autos anließ und mit quietschenden Reifen davonfuhr. Sollte er doch zu seiner Celine fahren! Das war mir so etwas von egal!
Am nächsten Tag in der Redaktion hatte ich ziemlich schlechte Laune. Dieses Hin und Her mit Lars zermürbte mich. Ob das tatsächlich Celine gewesen war, die Lars angerufen hatte? Wütend hieb ich auf die Tastatur ein. Warum war Lars nicht einfach ehrlich und sagte mir, was los war? Ich kippte den Rest meines kalten Kaffees auf die Erde der Zimmerpalme. Ein vertrocknetes Blatt fiel daraufhin ab. Offensichtlich hatte ich keinen grünen, sondern einen braunen Daumen. Sophie kam an meinen Schreibtisch und bat mich, einen Stick mit Fotos zu Betty zu bringen. „Das sind einfach zu viele Bilder. Die per Mail zu schicken, dauert zu lange und leider hat sich Betty ja noch nicht bei unserer Dropbox angemeldet.“ Ich war froh, rauszukommen, deshalb machte ich mich gleich auf den Weg zu Bettys Wohnung. Als ich das Treppenhaus betrat, in dem es nach frischer Farbe roch, kam
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