Frost, Jeaniene
Wagen geschleudert wurde und einen Blechschaden
hinterließ.
Dann die
schlimmste Erinnerung überhaupt. Spade voller Blut, wie er sie von
dem wegzog, was einst Randy gewesen war. »Er ist von uns gegangen, Denise. Es
tut mir leid ...«
Sie wandte
den Blick ab. Besser, die in schwindelerregendem Tempo vorbeirauschende
Außenwelt ansehen zu müssen als ihn. Die dahinsausenden Autos lösten
wenigstens keine bösen Erinnerungen in Denise aus. Solange sie mit Vampiren
nichts zu tun hatte, konnte sie sich noch vormachen, Randy wäre tatsächlich bei einem Autounfall ums Leben gekommen, wie seine Familie glaubte.
Kaum war allerdings ein Vampir in der Nähe, kamen über kurz oder lang auch die
verdrängten Erinnerungen an Blut und Tod wieder in ihr hoch.
Und jetzt
musste sie auch noch eintauchen in diese Welt, mit der sie auf keinen Fall
etwas zu schaffen haben wollte - die Welt der Vampire.
»Ich muss
irgendjemanden anheuern, der mich an die Orte bringen kann, wo, na ja, du weißt
schon, deinesgleichen sich eben so herumtreibt«, verkündete sie und überschlug
im Geiste bereits, wie viel Bares sie dazu wohl auf die Schnelle würde
lockermachen müssen. »Ich wäre dir sehr dankbar, wenn du mich an einen
Vampir-Privatdetektiv verweisen könntest, oder wer immer in eurer Welt für
derartige Angelegenheiten zuständig ist.«
Spade warf
ihr wieder einen dieser Blicke zu, die ihr allmählich auf die Nerven gingen;
als hielte er sie für verrückt.
»Ein
Vampir-Privatdetektiv?«, wiederholte er. »Du willst mich auf den Arm nehmen,
oder?«
»Ich weiß,
dass es Vampir-Auftragskiller gibt, warum also keine Vampir-Privatdetektive?«,
schoss sie zurück. »Ich kann ja schlecht Steckbriefe mit Nathanials Bild
verteilen, auf denen steht: >Kennen Sie diesen Seelenpreller?<«
Spades
Hände schlossen sich fester um das Lenkrad. »Nein, natürlich nicht«, antwortete
er in ruhigem Tonfall. »Aber Privatdetektive sind bei uns unbekannt. Wenn wir
jemanden aufspüren wollen, bitten wir unseren Meister, sich an andere Meister
zu wenden, die sich dann erkundigen, wem der Gesuchte gehört. Die Meister
regeln die Angelegenheit dann unter sich. Auftragskiller haben wir für den
Fall, dass jemand, der sich um die Konsequenzen nicht schert, das offizielle
Prozedere umgehen will. Ein Sterblicher kann sich allerdings unmöglich an einen
Meistervampir wenden, um etwas über den Verbleib des Leibeigenen eines anderen
in Erfahrung zu bringen, und Nathanial muss ein Leibeigener sein. Dazu kommt
noch, dass kein Meistervampir, der etwas auf sich hält, einen der Seinen
einfach so ausliefern würde.«
Es empörte
Denise, mit welcher Selbstverständlichkeit Spade Menschen als Leibeigene
bezeichnete. Ihm schien gar nicht bewusst zu sein, wie herablassend das klang.
»Dann
miete ich mir einen Auftragskiller und gebe ihm Anweisung, Nathanial nicht
umzubringen. So jemanden interessiert es doch nicht, ob er für die
Auslieferung eines Toten oder eines Lebenden bezahlt wird, oder?«
Spade
murmelte etwas, das sie nicht mitbekam.
»Was?«,
fragte sie aufgebracht. Er sah sie so lange an, dass sie ihn fast angeschnauzt
hätte, er solle sich besser wieder auf die Straße konzentrieren.
»Kein
Vampir würde das Eigentum eines anderen stehlen, egal wie viel du ihm dafür
anbietest. Darauf steht Krieg; irgendwen zu ermorden und sich nicht erwischen
zu lassen, ist viel einfacher. Du kannst einen Vampir dafür bezahlen, diesem
Nathanial den Kopf wegzuballern, aber kidnappen wird ihn dir keiner.«
Denise
hätte vor Enttäuschung am liebsten aufs Armaturenbrett eingeschlagen.
Irgendjemand musste ihr doch helfen können. Welche Untoten kannte sie sonst
noch?
»Ich frage
Rodney«, verkündete sie, als ihr endlich der rettende Einfall gekommen war.
»Er ist kein Vampir, sondern ein Ghul. Rodney kennt mich, vielleicht kann er
Nathanial ausfindig machen, ohne Staub aufzuwirbeln und vampirpolitische
Konflikte auszulösen.«
An Spades
Kiefer zuckte ein Muskel. »Rodney ist tot.«
Erst sagte
Denise gar nichts. Sie wollte einfach nicht wahrhaben, dass der nette, humorvolle
Ghul, den sie gekannt hatte, tot war. Ghule kann man nur durch
Enthauptung töten, hatte sie Rom wütend
entgegengeschleudert. Dieses Wissen verursachte ihr jetzt Übelkeit. Warum,
warum nur sollte jemand Rodney umbringen wollen?
»Er war
ein so lieber Kerl. Das ist nicht fair«, antwortete sie schließlich nach langem
Schweigen.
Spade
schnaubte. »Stimmt.«
Denise
wollte nur noch die Augen
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