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Frost

Frost

Titel: Frost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Rector
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Erklärungen.»
    «Und zwar?»
    «Notwehr.»
    «Man braucht keinen Schalldämpfer, wenn man sich verteidigen will. Man will doch, dass das jeder hört, damit es den Gegner abschreckt.»
    Sara wandte sich ab und schwieg.
    «Und dann ist da noch was.»
    «Ich will nichts mehr hören.»
    Ich zog die beiden Geldbündel aus der Seitentasche. Ich hielt sie ins Kerzenlicht und warf sie dann aufs Bett. Ein paar Scheine lösten sich und glitten über die Bettdecke.
    «Kennst du sonst noch jemanden, der zwanzig Riesen in einem Rucksack mit sich herumträgt?»
    Sara warf einen kurzen Blick auf das Geld. Sie nahm ein paar Scheine in die Hand. Dann noch ein paar. Sie schwieg.
    «Da fehlen welche aus dem einen Bündel», sagte ich. «Ich wette, die finden wir in dem Geldclip, den er in der Hosentasche hatte.»
    «Ist das alles seins?», fragte Sara mit weicher Stimme. «Das ganze Geld?»
    «Das war es», erwiderte ich. «Ich würde sagen, jetzt ist es unseres.»
    «Nein.» Sie zögerte, dann legte sie das Geld wieder aufs Bett und begann, die Scheine zu stapeln. «Wir können es nicht behalten, Nate. Das ist Diebstahl.»
    «Er wird es wohl kaum vermissen, oder?»
    «Aber es gehört uns nicht.»
    «Es gehört uns ebenso sehr wie irgendjemand anderem, vielleicht noch mehr. Denk doch nur mal an den Ärger, den wir mit ihm hatten.»
    «Glaubst du, die Polizei sieht das genauso?»
    «Die Polizei wird nie davon erfahren. Das ist unser Geheimnis.»
    «Wir müssen ihnen die Wahrheit sagen.»
    «Das tun wir auch», sagte ich. «Wir sagen ihnen, dass er uns um eine Mitfahrgelegenheit gebeten hat und im Auto gestorben ist. Wir sagen ihnen, dass wir hier angehalten haben, um einen Arzt zu holen, dass die Telefone aber leider nicht funktionierten und der Highway gesperrt war. Sorry, so läuft das manchmal. Ende der Geschichte.» Ich hielt einen Finger in die Höhe. «Und: Es ist die reine Wahrheit.»
    «Und das Geld?»
    «Das bleibt unter uns.»
    Sara schaute die Scheine lange an. «Ich weiß nicht, Nate. Es ist zu viel Geld, um es einfach so zu behalten.»
    «Es ist aber auch zu viel Geld, um es einfach so wegzugeben.»
    «Okay, aber   …»
    Ich sah an ihrem Blick, dass sie überzeugt werden wollte, also zog ich sie an mich und küsste sie heftig.
    «Nate, lass das.»
    «Siehst du denn nicht, was wir hier haben?»
    Sie antwortete nicht.
    «Du redest doch immer von Karma und Glück. Na, und das hier ist nun mal verdammt großes Glück.» Ich griff nach dem Geld und hielt es ihr vor die Nase. «Überleg doch mal, was wir mit zwanzigtausend Dollar machen können. Denk doch mal, was wir alles für das Baby kaufen könnten.»
    Das wirkte.
    Sie hatte Tränen in den Augen.
    «Für das Baby?»
    «Ja», sagte ich. «Für das Baby.»

9
    Wir unterhielten uns noch eine Weile, und schließlich erwärmte sich Sara für die Idee, das Geld einfach zu behalten. Sie war zwar nicht so begeistert wie ich, aber ich wusste, das würde noch kommen. Sie brauchte nur ein wenig Zeit.
    «Ich dusch mich mal», sagte sie.
    «Wie geht’s dir denn?»
    «Ganz okay. Müde. Ich mache mir Sorgen.»
    «Du musst dir keine Sorgen machen.»
    Sie nickte und nahm eine Kerze vom Nachttisch mit ins Badezimmer. Ich konnte sehen, wie sie sie auf die Ablage stellte und sich im Spiegel betrachtete.
    Dann schaute sie durch die Tür und sagte: «Glaubst du, wir könnten damit ein Haus kaufen?»
    «Mit zwanzigtausend Dollar?» Ich musste grinsen. «Nein.»
    «Aber wir könnten vielleicht einen Kredit für ein Haus aufnehmen, oder?»
    «Wahrscheinlich.»
    Sara schaute nachdenklich an mir vorbei. «Ich habe noch nie in einem richtigen Haus gewohnt.»
    «Ich auch nicht.»
    Wir schwiegen beide eine Weile, dann zog sie sich ins Badezimmer zurück und rief: «Bin gleich wieder da!»
    Die Tür schloss sich hinter ihr. Ich zog meine Jacke heranund fischte eine Zigarette aus der Innentasche. Ich zündete sie an der Kerze an.
    «Nicht hier drinnen, Nate!»
    Ich seufzte und rief: «Dann geh ich mal!»
    Ich hatte Sara versprechen müssen, mit dem Rauchen aufzuhören, wenn das Baby kommt. Aber das hatte ja noch Zeit. Bis dahin sollte ich draußen rauchen. Zuerst hatte ich mich beschwert, aber dann hatte sie angefangen, mir Zeitungsartikel darüber vorzulesen, wie schlecht Zigarettenrauch für Babys ist, sogar im Mutterleib. Das klang alles wirklich nicht gut, und weil es ihr nun mal so wichtig war, hatte ich nachgegeben.
    Ich schlüpfte in meine Jacke und trat in die Kälte hinaus. Das Gebäude hielt

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