Frost
«Für wen hält die sich eigentlich? Bin ich hier plötzlich ihr Scheißdiener? Tu dies, versuch das, reparier dies, mach es wieder heile.» Er streckte sich und schrie in Richtung Rezeption: «Wenn ich sage, dass es nicht funktioniert, dann funktioniert es nicht, du Fotze!»
Ich schwieg.
Als er fertig war, holte er tief Luft und ließ sie ganz langsam wieder heraus. Dann schaute er mich an und sagte: «Sorry, Nate. Ich reg mich hier viel zu sehr auf.»
Ich machte das Daumen-hoch-Zeichen und sagte: «Ich komm dann in ein paar Minuten nach.»
«Völlig egal, Mann, der Pick-up steht dahinten, wenn du fertig bist. Ist mir doch alles egal.»
Als ich zu unserem Zimmer kam, stand Zack noch immer mitten auf dem Parkplatz und starrte zur Rezeption. Ich erinnerte mich, dass Butch gesagt hatte, ich solle mir seinetwegen keine Sorgen machen, dass er nur etwas andere Ansichten habe, aber das tröstete mich nicht.
Eine Weile blieb ich so vor der Tür stehen und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Ich wusste, dass ich Sara von Syl erzählen musste, aber ich hatte noch keine Ahnung, wie ich das anstellen sollte.
Eigentlich gab es nur einen einzigen Weg.
***
«Nein.» Sara schüttelte den Kopf. «Er ist tot. Du hast gesagt, dass er tot ist.»
«Ich habe gesagt, dass ich keinen Puls finden konnte, das ist alles. Du hast gesagt, dass er tot ist.»
«Er hat nicht geatmet, ich schwör’s.» Sara legte die Händevor den Mund. «Nate, wir haben ihn da draußen liegen lassen. Lebend.»
Jetzt, als sie es laut aussprach, spürte ich, wie alle Kraft aus meinen Beinen wich. Ich hielt mich am Tisch fest und ließ mich auf einen Stuhl sinken.
Ich stützte den Kopf in die Hände. Es dauerte eine Weile, bis ich wieder aufsah.
«Was sollen wir jetzt tun?»
Mir fiel nur eine einzige Antwort ein.
Ich stand auf, nahm meine Tasche vom Boden und stellte sie aufs Bett. «Such unsere Sachen zusammen. Ich pack sie ins Auto.»
Sara rührte sich nicht.
«Wir fahren zurück zur I-80. So schlimm wird es schon nicht sein auf den Straßen, und der Dodge macht sich gut im Schnee. Ich finde, es ist einen Versuch wert.»
«Und was ist mit dem Notizbuch? Die wissen doch, wer wir sind.»
Ich griff in meine Hosentasche, zog die Seite mit unseren Namen heraus und ließ sie aufs Bett fallen. «Ich hab den Zettel.»
Sara nahm das Papier und sah es von allen Seiten an.
«Hey», sagte ich. «Wir müssen los.»
«Nate, warte doch.»
Ich nahm Syls grünen Rucksack, der neben dem Bett lag. Seine Kleider waren noch immer darin, ebenso die Verbandsgaze und die zwanzigtausend Dollar.
Ich dachte kurz darüber nach, das Geld herauszunehmen und es in die Reisetasche zu den anderen Sachen zu legen, aber ich wollte keine Zeit verlieren.
«Pack alles wieder ein.»
«Nate, wir können hier nicht einfach weg.»
«Wir haben keine andere Wahl.»
Ich nahm eine Reisetasche und ging zur Tür. «Ich komm gleich wieder und hole den Rest, also beeil dich.»
Sara nahm mir die Reisetasche aus der Hand. «Jetzt wart mal einen Moment.»
«Sara?»
«Wir können nicht einfach so abhauen», sagte sie. «Denk doch mal, wie das aussehen würde.» Sie nahm meine Hand und führte mich von der Tür weg. «Setz dich zu mir, lass uns genau darüber nachdenken.»
Mich hinzusetzen war das Letzte, was ich jetzt tun wollte. Stattdessen ging ich auf und ab und versuchte, die kreischenden Gedanken in meinem Kopf aufzuhalten.
«Erzähl mir nochmal alles», sagte sie. «Von Anfang an.»
Das tat ich.
Als ich damit fertig war, fragte Sara: «Geht’s ihm wirklich so schlecht?»
«Noch viel schlechter.»
«Und sie glauben nicht, dass er es schafft?»
Ich schüttelte den Kopf. Ich brachte kein Wort mehr heraus.
Sara bemerkte es und nahm meine Hand. Sie zog mich zum Bett hinüber, und ich setzte mich neben sie.
«Wir wussten das nicht», sagte sie. «Das ist nicht unsere Schuld.»
Ich schaute sie an, und der Wunsch, ihr alles zu gestehen, überwältigte mich fast. Hätte ich die Worte gehabt zu erklären, warum ich getan hatte, was ich getan hatte, dann wären sie nur so aus mir herausgesprudelt. Ich hätte sie nicht mehr aufhalten können.
Aber da waren keine Worte.
«Wenn wir jetzt in Panik geraten und versuchen zu fliehen,werden sie es herausfinden», sagte sie. «Wir müssen ganz ruhig bleiben und das hier aussitzen. Findest du nicht auch?»
Ich nickte.
Tränen stiegen in meine Augen, und ich zwinkerte, um sie zurückzudrängen.
Sara neigte sich zu mir und legte
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