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Frostbite

Frostbite

Titel: Frostbite Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Wellington
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sie
einen Wagen gelenkt hatte. Sie blickte nach unten und entdeckte zwei Pedale.
Sie glaubte sich zu erinnern, dass es drei waren. Mussten es nicht drei sein? Mit ihrem ganzen Gewicht stemmte sie
sich auf eins der Pedale, und der Wagen wackelte ein wenig hin und her.
    Im Scheinwerferlicht riss der Wolf etwas Sehniges aus der Brust
ihres Vaters. Sie war sich nicht sicher, aber es hatte den Anschein, als fehle
ihm einer seiner Arme. Würde der Wolf erst zu Ende fressen, bevor er sich ihr
zuwandte? Vielleicht glaubte er, alle Zeit der Welt zu haben. Vielleicht wollte
er seine Mahlzeit genießen.
    Um ein Haar hätte sich Chey übergeben. Aber das wäre im Augenblick
nicht hilfreich gewesen. Das war nicht Teil ihres Plans.
    Vorsichtig tippte sie das andere Pedal an, jenes, das sie noch nicht
ausprobiert hatte, und der Wagen ruckte, bewegte sich aber nicht von der
Stelle. Sie drückte den Fuß weiter nach unten,
und der Motor gab einen wütenden Laut von sich. Das Geräusch genügte, die
Aufmerksamkeit des Wolfs zu erregen. Er zog die Schnauze aus der Seite
ihres Vaters und kam auf den Wagen zu.
    Chey hatte ihn zu dem Entschluss bewegt, sich sofort ihr zuzuwenden. Sie hatte es geschafft, dass er
seine Aufmerksamkeit auf ein neues Opfer lenkte. Das war nicht im
Mindesten hilfreich.
    »Geh weg!«, schrie sie. »Verschwinde!« Falls ihr keins der Pedale gehorchte, wusste sie nicht
weiter. Sie war fest davon überzeugt, das Gaspedal gefunden zu haben,
aber … warum fuhr der Wagen dann nicht? Wieder trat sie fest zu, und der Motor
brüllte auf. Die Scheinwerfer flackerten, aber …
    Was hatte ihr Vater gesagt? In dem Augenblick, bevor ihn der Wolf
erwischt hatte? Er hatte gesagt, er werde den Wagen auf Drive stellen. Was
bedeutete das?
    Der Wolf tat den nächsten Schritt. Er kam auf die Fahrertür zu.
Grinste er sie an?
    Chey packte den Hebel am Steuer – sie hatte gesehen, wie ihr
Vater ihn benutzt hatte – und riss ihn mit aller Kraft nach unten. Die
Scheibenwischer fuhren in die Höhe, aber der auf ihrer Seite verfing sich in
dem zerbrochenen Glas und zuckte nur noch herum. Der andere fuhr wild hin und
her. Sie schob den Hebel wieder nach oben.
    Der Wolf erhob sich und legte beide Pfoten an den Fensterrand. Er
leckte neben ihrem Gesicht über das Fenster. Mein Gott, dachte Chey, er spielt
mit mir. Er will mir Angst einjagen.
    »Ich habe schon Angst, du … du Arschloch!«, brüllte sie ihn an. Sie
packte einen anderen Hebel und zog ihn nach unten. Der Wagen tat einen Satz und
rollte rückwärts. Scheiße! Ein schneller Blick nach hinten zeigte den
Straßenrand, die Böschung. Auf dem Armaturenbrett leuchtete der große Buchstabe
R.
Das musste Rückwärts bedeuten.
    Der Wolf trottete von ihr fort. Er legte vielleicht fünf Meter
zurück. Energisch trat sie auf die Bremse, und der Wagen hielt an. Alles hielt
an.
    Der Wolf beobachtete sie vom Straßenrand aus mit tödlicher Neugier.
Er schien seinen nächsten Zug zu überdenken. Sehr bald würde er sich
entscheiden, mit den Spielchen aufzuhören und sich an die Arbeit zu machen, davon
war sie überzeugt.
    Sie studierte den Hebel und das Armaturenbrett und fand heraus, wie
man ihn zwei Haltepunkte nach oben schob, bis er D für Drive zeigte. Da waren auch noch eine 1 und eine 2 , aber sie hatte
nicht die geringste Ahnung, was diese Zahlen bedeuteten.
    Auf dem Bremspedal stehend – ihre Beine waren noch nicht lang
genug, um sie mühelos zu erreichen –, schob Chey den Hebel nach oben auf D . Der Wagen ruckelte wieder vorwärts. Sie blickte auf und
sah den Wolf. Er lehnte sich nach hinten auf die Hinterbeine, bereit, wieder
auf das Auto zu springen. Sie nach draußen zu zerren, so wie er ihren Vater
nach draußen gezerrt hatte.
    Gerade als der Wolf auf sie zustürmte, verlagerte sie das ganze
Gewicht von der Bremse auf das Gaspedal. Der Wagen schoss vor, und sie kurbelte
am Steuer, um wieder auf die Straße zu kommen. Der Wolf hieb nach der
Wagenseite, und sie hörte Metall reißen. Der hintere Kotflügel löste sich mit
einem Kreischen und klapperte über den Asphalt. Sie wagte das Gaspedal nicht
loszulassen – sie trat nur noch fester darauf, und der Wagen schoss unter
ihr los, zog sie so schnell nach vorn, dass sie sich mit der ganzen Kraft ihrer
Arme am Lenkrad festklammern musste. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihr,
dass das Tier im roten Licht der Rückleuchten hinter ihr zurückblieb.
    Das war das Letzte, was sie von ihm sah.
    Das heißt … wenn sie

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