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Frostengel

Frostengel

Titel: Frostengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamina Berger
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was ja nicht mal gelogen war. Nur war es diesmal nicht ganz so schlimm wie letztens. Zum Glück war gleich darauf alles wieder in Ordnung. Bis zu dem Moment, als Leon auftauchte und ich meinte, er soll sich zu uns setzen. Da bekam Theresa fast einen Anfall. Sie blieb dann auch nicht lange. Kurz nachdem Leon sich zu mir gesetzt hatte, stand sie auf und verabschiedete sich. Sie sagte, sie muss zu Hause sein, wenn ihre Schwester heimkommt. Normalerweise hätte ich ihr geglaubt, womöglich hätte ich sie sogar begleitet und wir hätten bei ihr Tee trinken und Musik hören können, doch diesmal war es nur eine blöde Ausrede. Wahrscheinlich denkt sie immer noch, Leon würde mich verfolgen. Da kann ich gegen anreden, so viel ich will, sie glaubt mir wohl nie, dass Leon vollkommen in Ordnung ist. So viel zu meinen Verkuppelungsversuchen. Dabei ist Leon ein ganz Lieber. Ich konnte ihm sogar von meinen Ängsten erzählen. Nicht wegen meines Vaters, darüber kann ich mit niemandem sprechen, aber darüber, dass ich manchmal das Gefühl habe, verfolgt zu werden. Darüber, dass ich aus heiterem Himmel keine Luft mehr bekomme. Darüber, dass ich im Dunkeln immer Angst habe, etwas könne auf mich lauern.
    Er hält mich deswegen nicht für durchgeknallt. Er sagt, das ist kein Wunder und dass es ihm nach dem Motorradunfall lange Zeit ähnlich gegangen ist. Außerdem vertraute er mir an, dass er seither auf kein Motorrad mehr gestiegen ist und sich wohl auch für den Rest seines Lebens auf keines mehr setzen würde. Schon der Anblick würde reichen, um eine mittlere Krise in ihm auszulösen, was insofern schade ist, weil das Bike seines Bruders tipptopp in Ordnung ist und in der Garage steht.
    Nun, ich wünschte mir für Leon zwar, dass er keine Ängste haben müsste. Wenn sie nur halb so schlimm sind wie meine, würde ich sie nicht mal meinen Feinden wünschen, aber es tut gut zu wissen, dass ich nicht allein dastehe. Dann komme ich mir nicht so … unnormal vor.
    Als ich meine Cola bezahlt hatte, bot er mir an, mich nach Hause zu begleiten. Zuerst wollte ich nicht, weil ich an sein kaputtes Bein, an die Kälte und an den weiten Weg dachte, den er schließlich auch wieder zurückmusste, aber er meinte, er solle eh viel Bewegung machen. Außerdem könne ich ihm unterwegs ja noch von mir erzählen und davon, warum Theresa so sonderbar reagiert, wenn sie ihn trifft. Es ist ihm also aufgefallen. Na ja, Diplomatie war noch nie Tessas Stärke, sie ist eher geradeheraus. Natürlich konnte ich Leons Angebot nun erst recht nicht ausschlagen – denn so könnte ich ganz nebenbei herausfinden, ob Leon tatsächlich mehr als nur ein flüchtiges Interesse an Theresa hat.

Kapitel 16
    Pfff. Ich und keine gute Schauspielerin. Empört schlug ich Julias Tagebuch zu. Wenn sie wüsste, welche meisterlichen Schauspielleistungen ich in den letzen Tagen erbracht hatte. Jetzt endlich wusste ich, warum Julia an diesem Abend zu spät gekommen war! Ob das, was sie gemacht hatte, unter Einbruch fiel, konnte ich zwar nicht sagen. So richtig okay war es aber so oder so nicht. Außerdem wollte sie mich tatsächlich mit Leon verkuppeln. Ausgerechnet!
    Durch dieses Tagebuch erfuhr ich Dinge über Julia, die ich gar nicht hatte wissen wollen. Dinge, die es mir schwer machten, Verständnis für sie aufzubringen. Dinge, die mir meine beste Freundin fremd erscheinen ließen, weil sie Geheimnisse vor mir gehabt hatte.
    Nachdem ich hörte, dass jemand die Wohnung verließ, beschloss ich, nun doch aufzustehen. Ich konnte mich schließlich nicht den ganzen Tag im Bett verkriechen.
    Später saß ich frisch geduscht, mit nassen Haaren, die ich in einen Turban gewickelt hatte, angezogen am Küchentisch und trank Kaffee. Meine Mutter kam dazu. Sie wirkte zufrieden und glücklich.
    »Schade, dass du nicht mit ins Kino gekommen bist. Der Film war unheimlich schön. Eine richtig romantische Schnulze.«
    Ich blies in meine Tasse und heißer Dampf und Kaffeeduft strichen über mein Gesicht. »Ach und so etwas schaut sich Klaus an?«
    Sie zuckte die Achseln. »Tja, diesmal hab ich mir den Film ausgesucht. Das nächste Mal darf er. Ich glaube, da wird es eher actionlastig werden.«
    Eitle Wonne, Sonnenschein. Ich stellte meine Tasse ab und stand auf. Keine Minute hielt ich mehr diese Zurschaustellung von Glück und Liebe aus.
    Ich murmelte was von Referat und flüchtete in mein Zimmer. Eine Weile saß ich bloß am Schreibtisch, den Kopf in die Hände gestützt, mit Julias

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