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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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sogar einem Ohr. Das Gesicht befand sich auf dem Heft eines silbernen Schwertes, das in einer schwarzen Lederscheide an der Wand hing. Vic, mein sprechendes Schwert. Die Waffe, die Nike mir gegeben hatte.
    Vic gab es schon sehr lange, und er nahm kein Blatt vor den Mund, besonders wenn es darum ging, den Leuten zu erklären, wie phantastisch er doch war. Manchmal ging mir das plappernde Schwert ziemlich auf die Nerven, aber im Moment hätte ich es am liebsten genauso umarmt wie Nyx.
    Ich hielt die kleine Wölfin hoch, und sie leckte Vic über die metallene Wange, genau wie sie es bei mir getan hatte.
    »Iiiih! Widerlich. Da braucht jemand ein TicTac, Fellknäuel«, knurrte Vic, aber er konnte sein Lächeln genauso wenig unterdrücken wie ich meines.
    Nyx knurrte glücklich und leckte ihn noch einmal. Vic grummelte noch etwas, aber dann entdeckte er meine Grandma hinter mir und riss das Auge auf.
    »Geraldine?«
    »Vic.«
    Das Schwert sah wieder mich an. »Was ist los? Warum wirkt ihr beide so bedrückt?«
    Ich setzte Nyx auf den Boden, damit sie herumlaufen konnte, und ließ mich auf mein Bett fallen. »Lange Geschichte.«
    »Nun, ich denke aber, es ist eine Geschichte, die wir beide hören wollen«, sagte Grandma Frost, während sie sich auf meinen Schreibtischstuhl setzte. »Erzähl mir alles, was passiert ist, und alles, was das Protektorat zu dir gesagt hat.«
    »Das Protektorat?«, fragte Vic. »Was machen diese verdammten Narren hier?«
    »Anscheinend entscheiden sie darüber, ob ich lebe oder sterbe«, murmelte ich.
    Ich erzählte ihnen, was im Café, im Amphitheater und im Akademiegefängnis passiert war. Nachdem ich fertig war, schwiegen sie beide. Vic kniff nachdenklich sein Auge zusammen. Es hatte eine seltsame Farbe – nicht wirklich Purpur, aber auch nicht Grau – eher wie die Farbe der Dämmerung, diese wunderschöne Färbung, die der Himmel direkt vor dem Sonnenuntergang annahm. Obwohl am Blick des Schwertes im Moment nichts sanft war. Wut ließ sein Auge so hell leuchten wie einen Stern.
    »Diese verdammten Narren«, knurrte Vic wieder. »Manchmal glaube ich, die Mitglieder des Protektorats können ein Loch im Boden nicht von ihrem …«
    »Vic«, sagte Grandma warnend. »Das reicht.«
    Das Schwert schenkte ihr einen bösen Blick, aber dann grummelte es einfach weiter über das Protektorat, wenn auch um einiges leiser.
    »Was soll ich tun?«, fragte ich meine Grandma. »Glaubst du wirklich, sie befinden mich für schuldig? Werden sie mich wirklich ins Gefängnis stecken und … hinrichten?« Das letzte Wort musste ich förmlich über meine Lippen zwingen.
    Grandma schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht, Süße. Ich frage mich nur, wer diese Beschuldigungen gegen dich überhaupt erhoben hat. Wenn wir das wüssten, wüssten wir wahrscheinlich auch, was wirklich vor sich geht.«
    Ich stand auf und tigerte im Raum auf und ab. »Es muss irgendeine Verschwörung der Schnitter sein. Aber warum? Um alle auf Mythos dazu zu bringen, mich zu hassen? Um mich von der Schule werfen zu lassen? Nichts davon wird mich davon abhalten, gegen die Schnitter zu kämpfen und Nikes Champion zu sein … oder?«
    »Natürlich nicht«, blaffte Vic. »Die Göttin hat deine Familie auserwählt. Euch hat sie mit Magie beschenkt. Sie hat dich zu ihrem Champion gemacht, Gwen. Dich – niemand anderen. Dagegen kann das Protektorat nichts tun. Nicht das Geringste.«
    Als ich daran dachte, mit welcher Kälte Linus Quinn mich gemustert hatte, war ich mir da nicht so sicher. Aber ich wollte dem Schwert meine Ängste nicht gestehen. Wenn ich das tat, würde Vic nur verkünden, dass er Logans Dad davon überzeugen konnte, die Anklage fallenzulassen – indem ich seine Spitze gegen Linus’ Herz drückte. Vic war ziemlich blutrünstig. Am liebsten redete er über all die Schnitter, die wir noch umbringen würden.
    Gewöhnlich versuchte ich, Vics Schnittertiraden so gut wie möglich zu ignorieren. Aber heute Abend dachte ich an den einen Schnitter, den ich tatsächlich töten wollte – Vivian Holler. Wieder kehrten meine Gedanken zu der Nacht im Wald zurück, als Vivian auf ihren Schwarzen Rock geklettert war – einen riesigen, mythologischen Vogel – und davongeflogen war, während Loki hinter ihr saß. Ich fragte mich, wo Vivian sich im Moment wohl aufhielt. Laut Metis hatte das Pantheon keinen Hinweis darauf, wohin Vivian verschwunden war und wo sie sich versteckte. Noch etwas, das mich tief frustrierte. Was half es mir, ein

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