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Frostglut

Frostglut

Titel: Frostglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Estep
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ein Ablenkungsmanöver war? Ein Weg, wie die Schnitter verbergen konnten, warum sie heute Abend wirklich hier aufgetaucht waren?
    Ich würde es rausfinden.
    Ich packte Vic fester, schob mich an einem weiteren sterbenden Schnitter vorbei, dem Daphne gerade einen Pfeil in den Hals geschossen hatte, und sprang zwischen die Regale.
    »Gypsymädchen!«, rief Logan. »Warte!«
    Aber ich wollte nicht warten. Ich wollte Antworten finden, und dafür musste ich den Schnitter fangen.

Ich rannte durch die Bibliotheksgänge, während ich den Kopf nach rechts und links drehte, um herauszufinden, wohin der Schnitter verschwunden war oder worauf er es vielleicht abgesehen hatte. An einer Kreuzung hielt ich an. Schwer atmend versuchte ich das wilde Schlagen meines Herzens zu beruhigen, um zu hören, wohin der Anführer lief.
    Ausnahmsweise hielt auch Vic den Mund, und ich zwang mich, ruhig zu atmen. Ich legte den Kopf schräg und wünschte mir die verstärkten Sinne, die manche Mythos-Schüler besaßen. Aber dieser Vorteil war mir nicht gegeben. Ich hatte nur meinen Instinkt, also eilte ich zum Eingang der Bibliothek. Die Schnitter waren von hinten gekommen, also befand sich das, wonach sie suchten, nicht im hinteren Teil des Gebäudes. Sonst wären sie bereits damit verschwunden. Das ergab Sinn, oder?
    Ich eilte so schnell wie möglich durch die Regalreihen, wobei ich am Ende jedes Bücherregals, jedes Ganges und an jeder Kreuzung anhielt, um mich umzusehen und zu lauschen. Aber der Schnitter war mir zu weit voraus, und ich konnte nirgendwo Bewegungen entdecken. Endlich, als ich fast schon aufgeben und zu den anderen zurückkehren wollte, hörte ich das wohlbekannte Klirren von Glas. Ich lauschte. Wieder erklang das Geräusch, also lief ich in diese Richtung.
    Ich eilte weiter, spähte aber trotzdem um jedes Regal. Nur weil ich glaubte, dass der Schnitter etwas Bestimmtes suchte, hieß das noch lange nicht, dass es keine Falle sein konnte. Der Anführer konnte sich genauso gut in einer dunklen Ecke verstecken, um mir mit dem Schwert den Kopf abzuschlagen. Schnitter hatten viele solche miesen Tricks auf Lager. Zumindest bei Vivian hatte man immer mit allem rechnen müssen. Ich ging nicht davon aus, dass ich Vivian jagte, aber sie hatte mich schon einmal in die Irre geführt, und ich würde das nicht noch mal zulassen.
    Endlich entdeckte ich den Schnitter durch eine Lücke zwischen den Büchern. Ich schlich mich an das Regal heran, das dem Mann am nächsten war, und spähte vorsichtig um die Ecke.
    Der Schnitter stand vor einer Vitrine, die vor einem Regal mit ein paar alten, zerfledderten Büchern aufgebaut war. Er hatte bereits den Glasdeckel eingeschlagen und löste gerade mit dem Heft seines Schwertes die letzten scharfkantigen Glasstücke. Etwas Weißes flatterte aus der Vitrine und landete zwischen den Scherben auf dem Boden. Aber der Schnitter schien es nicht zu bemerken, und ich konnte von meinem Standpunkt aus nicht erkennen, was es war. Vielleicht eine Beschreibungskarte.
    Der Anführer griff in die Vitrine und zog eine wunderschöne, rechteckige Schatulle heraus, die auf einem breiten Samtständer lag. Die Schatulle bestand aus einem glatten, milchig weißen Stein. Eine Reihe von Juwelen war in die glänzende Oberfläche eingelassen, darunter ein Topas, ein Smaragd und ein blutroter Rubin. Jeder Edelstein war von jeweils passenden Splittern desselben Juwels umgeben.
    Der Schnitter warf den Ständer zur Seite, packte die Schatulle und hielt sie mit einer Hand nach oben, um die Art zu bewundern, wie sich das Licht in den Juwelen fing. Dann steckte er das Kästchen in eine Tasche seiner Robe. Sofort griff er wieder in die Vitrine und zog einen Topas-Ring, ein Smaragd-Armband und eine Kette heraus, in die ein großer, herzförmiger Rubin umgeben von kleineren Rubinen eingelassen war. Auch diese Gegenstände verschwanden in einer Tasche.
    Ich trat vor, entschlossen, den Schnitter aufzuhalten – und meine Turnschuhe quietschten auf dem Marmorboden. Ich erstarrte in der Hoffnung, dass er das Geräusch nicht gehört hatte, aber natürlich hoffte ich vergeblich.
    Der Schnitter wirbelte herum. Er wirkte nicht allzu überrascht, mich zu entdecken. Stattdessen drängte sich mir der Eindruck auf, er würde unter dieser schrecklichen Loki-Maske lächeln. Ein Funken roten Feuers glomm in den Augen des Anführers auf – dieses Schnitterrot, das ich inzwischen mehr hasste als alles andere auf der Welt.
    »Bleib, wo du bist!«, befahl

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