Frostherz: Mythos Academy 3 (German Edition)
wissen, was damals passiert ist, Gypsymädchen?«, knurrte Logan. »Dann erzähle ich es dir.«
Der Spartaner ballte die Hände zu Fäusten, und sein gesamter Körper zitterte vor Wut, während er mich anstarrte. Sein Gesichtsausdruck war härter und wilder, als ich ihn je gesehen hatte.
»Eines Nachmittags kamen Schnitter in unser Haus, und sie haben jeden umgebracht, den sie finden konnten, genau wie im Kolosseum. Nur dass in diesem Fall jeder meine Mom Larenta und meine ältere Schwester Larissa waren. Die Schnitter kamen rein und haben sie abgeschlachtet wie Vieh, obwohl keiner von beiden eine Waffe hatte.«
Ich hatte mir schon so etwas gedacht, trotzdem verkrampfte sich mein Herz schmerzhaft angesichts der reinen, blanken Trauer in seinen Augen. »Oh, Logan. Es tut mir ja so leid. Ich weiß, wie es ist, seine Mutter zu verlieren. Wie es ist, wenn sie einem genommen wird. Ich bin mir sicher, dass du alles getan hast, um deiner Mom und deiner Schwester zu helfen. Ich bin mir sicher, dass du alles versucht hast, um sie zu retten …«
Wieder lachte er harsch und unterbrach mich damit. »Du weißt nichts. Nicht das Geringste. Nicht über mich, nicht darüber, was es bedeutet, ein Spartaner zu sein, überhaupt nichts«, knurrte er. »Deine Mom und deine Grandma haben dich von all dem ferngehalten, haben dich vor Loki und den Schnittern und allem anderen beschützt. Du hast keine Ahnung, wie es ist, in unserer Welt aufzuwachsen, jeden verdammten Tag mit der Bedrohung umzugehen. Für dich ist das alles nur ein großes Spiel. Selbst wenn Metis und Nickamedes dir sagen, du sollst klug sein und auf deine Sicherheit achten, ziehst du sofort wieder los und steckst deine Nase in die Angelegenheiten anderer Leute. Wann verstehst du endlich, dass diese Besessenheit, die Geheimnisse anderer aufzudecken, dich irgendwann umbringen wird?«
Ich öffnete den Mund, um zu antworten, dass das nicht wahr war, dass nichts von dem, was er sagte, stimmte, aber die Worte wollten einfach nicht kommen. Denn tief, tief in meinem Inneren war ich genau so. Als ich nach Mythos gekommen war, hatte ich mich über die Vorstellung von Loki und Schnittern lustig gemacht, trotz der ganzen Magie, die ich um mich herum gesehen hatte. Selbst jetzt, da ich genau wusste, dass das Schnittermädchen mich im Visier hatte, wollte ich sie immer noch in ihrem eigenen Spiel schlagen. Ich wollte den Helheim-Dolch finden und ihn vor ihr und allen anderen Schnittern in Sicherheit bringen. Ich wollte mich des Vertrauens würdig erweisen, das Nike in mich setzte. Ich wollte klug, stark und tapfer sein wie all die anderen Frost-Frauen, die der Göttin des Sieges gedient hatten.
Doch am dringendsten wollte ich das Schnittermädchen dafür bezahlen lassen, dass es meine Mom umgebracht hatte.
»Ich weiß nicht, warum ich gedacht habe, du wärst anders. Ich weiß nicht, warum ich gedacht habe, du würdest es vielleicht verstehen. Ich weiß nicht, warum ich geglaubt habe, das hier könnte funktionieren«, sagte Logan. »Es tut mir leid, Gwen. Ich … ich kann das einfach nicht. Nicht einmal für dich. Besonders nicht für dich.«
Der Spartaner drehte sich um und ging mit großen Schritten auf die Doppeltüren zu, die aus der Bibliothek führten.
»Logan? Logan!«
Doch er hielt nicht an. Wenn überhaupt, wurden seine Schritte sogar noch schneller – und er sah sich nicht um. Nicht ein einziges Mal.
Ich blieb vollkommen fassungslos mitten in der Bibliothek zurück. Und entsetzt. Entsetzt über die schrecklichen Dinge, die seiner Familie zugestoßen waren, und die schrecklichen Dinge, die er zu mir gesagt hatte. Aussagen, die der Wahrheit ein wenig näher kamen, als mir lieb war. Tränen brannten in meinen Augen, und ein Schluchzen stieg mir in die Kehle, aber ich schluckte es herunter. Wie hatten Logan und ich es geschafft, von einem Gespräch über uns an einen Punkt zu kommen, an dem wir uns trennten, bevor wir je zusammenkamen?
»Ähem.« Jemand räusperte sich.
Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und drehte mich um, nur um hinter mir Nickamedes zu entdecken, der meine Tasche wie ein Schild vor sich hielt. An seinem Gesichtsausdruck konnte ich ablesen, dass der Bibliothekar das ganze Gespräch gehört hatte.
»Ich wette, das hat Ihnen gefallen«, blaffte ich, während ich darum kämpfte, keine Tränen frei über meine Wangen rollen zu lassen. »Wie Ihr Neffe mir genau erklärt hat, was für eine schreckliche Person ich bin. Haben Sie ihm bei der
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