Frostnacht
durchlitt. Dass er vielleicht auch die letzten Wochen damit verbracht hatte, wieder und wieder zu durchleben, wie Loki in seinen Kopf eingedrungen war und ihn gezwungen hatte, mich anzugreifen … genau wie ich es Dutzende Male in meinen Träumen gesehen hatte.
»Hast du meinen Brief nicht bekommen?«, fragte ich sanft. »Nichts davon war dein Fehler. Vivian und Agrona tragen die Schuld. Es gab nichts, das du hättest tun können. Und ich habe den Brief geblitzt, den du mir geschickt hast. Ich habe gesehen, wie heftig du dich gegen Loki gewehrt hast – wie sehr du dagegen gekämpft hast, mich verletzen zu müssen.«
Logan lachte bitter auf. »Aber ich habe dich verletzt. Sicher, ich habe mich gewehrt – ich habe mich mit all meiner Kraft gegen Loki gewehrt. Doch am Ende hat das nicht ausgereicht, um mich davon abzuhalten, dich zu erstechen. Ich hätte dich fast umgebracht. Und wer kann schon sicher sagen, dass ich es nicht wieder tun werde? Das nächste Mal kannst du deine Berührungsmagie vielleicht nicht einsetzen, um zu mir durchzudringen. Vielleicht können Metis und Daphne dich beim nächsten Mal nicht heilen. Vielleicht bist du beim nächsten Mal einfach tot .«
Beim letzten Wort brach seine Stimme. Ich wünschte mir mehr als alles andere, ihn einfach in den Arm zu nehmen und ihm zu sagen, dass es in Ordnung war … dass alles gut werden würde. Doch er würde mir nur wieder ausweichen, bevor ich ihm auch nur nahe kommen konnte. Selbst jetzt, während wir nebeneinanderher gingen, stellte Logan sicher, dass er sich immer eine Armeslänge – eine Schwertlänge – von mir entfernt hielt.
»Du wirst mich nicht noch mal angreifen«, widersprach ich. »Du bist jetzt frei von Loki. Das habe ich auch gesehen. Und ich erkenne es in diesem Moment in deinen Augen.«
Er schenkte mir ein grimmiges Lächeln. »Nur weil du deine Psychometrie auf mich angewendet hast. Aber du wirst nicht immer da sein. Was, wenn er zurückkommt? Was, wenn ich wieder in den Schnittermodus schalte? Was, wenn ich jemand anderen verletze? Ich kann dieses Risiko nicht eingehen – am wenigsten bei dir.«
Seine Worte brachen mir erneut das Herz, besonders da ich sehen konnte, wie sehr er litt. Er konnte mich kaum ansehen, und wenn er es doch einmal tat, war sein Gesicht eine schuldbewusste Grimasse.
»Und wie geht es jetzt weiter?«, fragte ich, wobei ich die Worte an dem Kloß in meiner Kehle vorbeipressen musste. »Wenn wir vom Berg abgestiegen sind? Wirst du mit uns zurück nach Mythos kommen?«
Logan schüttelte den Kopf. »Ich komme noch mit zur Akademie, um sicherzustellen, dass es Nickamedes gut geht – aber ich werde nicht bleiben. Danach fliege ich mit meinem Dad zurück.«
»Für wie lange?«, flüsterte ich.
Wieder zuckte er mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Ich weiß es einfach nicht. Es tut mir leid, Gwen. Wirklich.«
Logan schenkte mir ein trauriges Lächeln, dann beschleunigte er seine Schritte, sodass ich allein am Ende der Gruppe zurückblieb. Doch das machte mir nicht allzu viel aus. Zumindest konnte auf diese Art niemand meine schmerzerfüllte Miene sehen oder das Schluchzen hören, das meiner Kehle entkam. Logan mochte ja hier sein, doch gleichzeitig war er für mich immer noch genauso weit entfernt und unerreichbar wie bisher. Ich wusste nicht, wie ich das in Ordnung bringen sollte – wusste nicht, wie ich zwischen uns alles in Ordnung bringen sollte.
Inzwischen fragte ich mich sogar, ob das überhaupt möglich war – oder ob die Beziehung zwischen Logan und mir so zerstört und zerbrochen war wie die Ruinen um uns herum.
Ein paar Minuten später erreichten wir die Hängebrücke. Mein Herz schmerzte immer noch, doch ich kontrollierte meine Gefühle. Wie Ajax gesagt hatte: Wir waren immer noch in Gefahr, und es würde mir kaum helfen, zu heulen und zu jammern.
Ajax hob die Hand, und wir hielten an. Der Trainer sah erst nach rechts, dann nach links, genau wie wir anderen, doch wir konnten kein Zeichen von Vivian, Agrona oder anderen Schnittern entdecken. Ajax machte ein paar Schritte auf die Brücke und testete ihre Belastungsfähigkeit, doch sie schien genauso stabil wie bei unserer ersten Überquerung. Anscheinend hatten die Schnitter damit gerechnet, uns auf dem Hof zu töten, und sich daher nicht die Mühe gemacht, die Brücke zu beschädigen.
»In Ordnung«, meinte Ajax. »Lasst es uns hinter uns bringen. Und haltet die Augen offen. Es könnten immer noch mehr Schnitter auf der anderen Seite im
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